Atommüll-Desaster: Das kostet uns Milliarden!

Wer zahlt über die nächsten Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, für die Folgen der Atomkraft, also für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Lagerung des radioaktiven Mülls?
(19.10.2016) Nach wochenlanger Verzögerung hat das Bundeskabinett heute das Gesetzespaket zum künftigen Umgang mit den Atom-Folgekosten beschlossen. Darin ist einerseits geregelt, dass die Energieunternehmen weiterhin vollumfänglich für die Rückbaukosten der AKW haften. Die Rückstellungen für diesen Bereich in Höhe von rund 20 Milliarden Euro behalten sie, um diese Kosten künftig damit zu decken. Wir begrüßen grundsätzlich, dass die AKW-Betreiber in diesem Bereich für wahrscheinliche Kostensteigerungen in der finanziellen Verantwortung bleiben. Doch wurde unsere Forderung, auch diese Mittel jetzt schon in einem öffentlich-rechtlichen Fonds zu sichern, nicht erfüllt. Damit bleibt weiterhin unklar, ob die Gelder im entscheidenden Moment abgerufen werden können.
Schon heute spalten sich die großen Energiekonzerne auf und gründen neue Unternehmen. Die Regierung hat im Nachhaftungsgesetz, das Teil des Gesetzespakets ist, in genau diesem Punkt ein Zugeständnis an die AKW-Betreiber gemacht: Im Bereich Rückbau und Stilllegung soll es keine Nachhaftung für Unternehmensabspaltungen im Fall einer Konzernpleite geben. Die Unternehmenstöchter wie Uniper und Innogy sollen also nicht einspringen, falls ihre Mutterkonzerne Eon und RWE eines Tages für die Kosten nicht mehr aufkommen können. Damit lauern hier weitere Milliardenrisiken für die Allgemeinheit.
Die Rückstellungen für die Lagerung des Atommülls in Höhe von etwa 17 Milliarden Euro hingegen werden in einen öffentlich-rechtlichen Fonds eingezahlt. Damit stehen zumindest diese Werte, wie von uns gefordert, endlich in bar und nicht nur bilanziell zur Verfügung. Zahlen die Unternehmen aber zusätzlich einen „Risikoaufschlag“ von sechs Milliarden Euro, werden sie aus der Haftung für künftige Kostensteigerungen entlassen. Wir verurteilen scharf, dass die Energiekonzerne nicht länger mit einer Nachschusspflicht für den von ihnen produzierten Müll aufkommen sollen.
Mit dieser Regelung bürdet die Regierung den SteuerzahlerInnen den Großteil der Kosten für die Lagerung des Atommülls auf. Es ist das Ende des Verursacherprinzips: Mit einer lächerlich geringen Ablasszahlung können sich die Energiekonzerne aus der Haftung für zukünftige Kostensteigerungen freikaufen. Besonders makaber: Lässt die Regierung, wie aktuell geplant, die Brennelementesteuer Ende 2016 auslaufen, erhalten die AKW-Betreiber die sechs Milliarden Euro, die ihnen als Gegenleistung für die Befreiung von den Kostenrisiken abgenommen werden, als Steuergeschenk wieder zurück. Wir fordern daher die Beibehaltung der Brennelementesteuer bis 2022.
Die Regierung hat vor allem die derzeit schlechte wirtschaftliche Lage der AKW-Betreiber im Blick und will diese mit dem Gesetz entlasten. Unserer Ansicht nach ist diese Sichtweise sehr kurzsichtig. Sobald es den AKW-Betreibern finanziell wieder besser geht, sollte es für sie wieder eine Nachschusspflicht geben, falls das in den Fonds bezahlte Geld nicht für die Kostendeckung ausreicht. Die Energiekonzerne haben in den letzten 15 Jahren fast 50 Milliarden Euro an ihre Aktionäre ausbezahlt. Dieses Geld steht heute für die Atommülllagerung nicht mehr zur Verfügung. Es darf nicht sein, dass die Konzerne auch in Zukunft Milliardenbeträge an ihre Aktionäre ausschütten, die Atom-Folgekosten aber auf die Allgemeinheit abwälzen.
Wir kritisieren auch das Vorgehen der Regierung bei der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs: Die Bedenken der Energiekonzerne wurden in wochenlangen Verhandlungen gehört und eingearbeitet. Länder, Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen hingegen bekamen genau 1,5 Arbeitstage Zeit, um Stellungnahmen einzureichen. Eine mündliche Anhörung für diese Akteure war nicht vorgesehen. Nun geht das Gesetzespaket in den parlamentarischen Prozess. Es ist jetzt an den Bundestagsabgeordneten, Änderungen im Interesse der Allgemeinheit zu erwirken.
Lesen Sie hier unsere Pressemitteilung:
Lesen Sie hier unsere Stellungnahme:
Stellungnahme zu den Regelungen für die Finanzierung der Atom-Folgekosten