Status quo: Daten über Pestizideinsätze unter Verschluss
Bereits seit 2011 müssen alle Bäuerinnen und Bauern in der EU über ihre Pestizideinsätze genau Buch führen. In den Aufzeichnungen vermerken sie, welche Pestizide sie wann und wo in welcher Menge und auf welcher Kulturpflanze eingesetzt haben. Zentral erfasst werden diese Daten aber nicht, die zuständigen Behörden kontrollieren nur einzelne Betriebe stichprobenartig. In der Folge verstauben die Daten über Pestizideinsätze – die bislang elektronisch oder in Papierform erfasst werden können – meist ungesehen auf einer Festplatte oder in der Schublade und dürfen nach drei Jahren vernichtet werden.
In der zugrundeliegenden EU-Verordnung ist auch festgeschrieben, dass Dritte, also beispielsweise Anwohner:innen, die Informationen anfordern können. Will man jedoch von diesem Recht Gebrauch machen und die Spritzdaten einsehen, kann man nicht einfach in einer öffentlichen Datenbank nachsehen, sondern muss eine sogenannte „Umweltinformationsanfrage“ bei der zuständigen Behörde stellen. Damit beginnt oftmals eine zermürbende Auseinandersetzung, die nicht selten vor Gericht endet. Diese Erfahrung machten auch wir, als wir Daten über Pestizideinsätze in einem Biosphärenreservat in Brandenburg anfragten. Die Behörde lehnte ab, doch wir ließen nicht locker und klagten auf Herausgabe der Daten. Nach langem Ringen war das Land Brandenburg endlich bereit, die betreffenden Pestizid-Anwendungsdaten bei den Landwirt:innen anzufordern und uns auszuhändigen. Doch mit den Daten konnten wir kaum etwas anfangen: Zu viele Unterlagen waren in unleserlichen Handschriften verfasst worden oder waren keiner geografischen Fläche zuzuordnen.
Immerhin einige Verbesserungen sind durch neue EU-Gesetze nun in Sicht: Ab 2026 müssen Landwirt:innen die Informationen über Pestizideinsätze elektronisch übermitteln und es gibt klare Vorgaben, wie die Lage der behandelten Fläche angegeben werden muss. Damit sind die Daten in Zukunft zumindest theoretisch brauchbar für wissenschaftliche Auswertungen. Doch eine hochaufgelöste Veröffentlichung der Daten konnten wir im EU-Gesetzgebungsprozess leider nicht erreichen. Stattdessen werden die EU-Mitgliedsstaaten auch in Zukunft nur einen Teil aller Pestiztid-Anwendungen an die EU melden müssen. Und die Daten werden auf Bundesebene aggregiert und geben somit keinerlei Aufschluss über die lokale Pestizidbelastung. Das bringt kaum Licht in’s Pestizid-Dunkel! Deswegen fordern wir von Deutschland, dass es die Vorgaben der EU übertreffen und für echte Transparenz sorgen muss.