Machtkonzentration über Saatgut und Tierzucht
Die mit biotechnologischen Methoden erzeugten Eigenschaften sowie die Lebewesen, die diese Eigenschaften tragen, können von den Firmen, die sie entwickelt haben, patentiert werden. Wenige Konzerne eignen sich damit die Grundlagen unserer Ernährung – das Saatgut und das Erbgut von Tieren und Pflanzen – an. Falls die biotechnologisch erzeugten Eigenschaften sich auch auf die Weiternutzung der Produkte beziehen, können Patente sogar die aus den patentierten Lebewesen entstandenen Lebensmittel abdecken.
Mit den neuen Technologien droht eine Beschleunigung der Machtkonzentration und eine steigende Zahl von Patenten auf Lebewesen. Die Patentierung von Pflanzen und Tieren kann sich dabei auch auf Merkmale beziehen, die auch durch klassische Zucht zustande kommen können. Ein Gentechnik-Unternehmen aus den USA wollte sich beispielsweise ein Patent auf genmanipulierte hornlose Rinder sichern. Das hätte weitreichende Folgen für Züchter:innen und Landwirt:innen gehabt. Denn auch hornlose Rinder, die aus bäuerlicher Selektion hervorgegangen sind, wären unter das Patent gefallen. Durch ein solches Patent wird entweder die Zucht durch Lizenzgebühren erschwert oder komplett unterbunden, weil der Patentinhaber:innen die Weiterzucht untersagt. Zudem kann dadurch der Zuchtfortschritt von vielen Jahren zunichtegemacht werden. Glücklicherweise liegt dieses Patentverfahren auf Eis.
Obwohl die Genschere CRISPR/Cas technisch gesehen billiger ist als ältere Methoden der Gentechnik, ist sie durch Patentierung zu einer der wertvollsten Biotechnologien aller Zeiten geworden. Deshalb steht sie nur den Firmen zur Verfügung, die Lizenzgebühren dafür bezahlen können. Die Patente werden von Tochterunternehmen der US-Universitäten, an welchen sie entwickelt wurde, gehalten. Diese Unternehmen schließen nun Verträge mit Agrar- und Chemiekonzernen, insbesondere Bayer und Dow, um sie zu kommerzialisieren.
Und wo bleibt die Ethik?
Mit den neuen Methoden traut sich die Agrarindustrie zu, gezielt auch Tiere gentechnisch zu verändern. Geforscht wird zum Beispiel an Schweinen, welche im Ergebnis die doppelte Muskelmasse haben oder denen der Ringelschwanz fehlt. Die Anpassung der Tiere an die Strukturen der industriellen Tierhaltung auf der Ebene des Erbguts ermöglicht eine Ausweitung und Intensivierung der Massentierhaltung.
Was in der Debatte über die neuen Gentechniken oft gänzlich ausgelassen wird, sind die Folgen aus ethischer Sicht. Denn was unsere Gesellschaft bedenken muss, ist das Tierleid, welches mit den neu entstandenen Eigenschaften zusammenhängt. Bei der Tier- und Pflanzenzucht geht es um Lebewesen, für die wir Verantwortung tragen, wenn wir sie halten und züchten. Es ist deshalb dringend von Nöten, die Veränderung der DNA und die Folgen für die entstandenen Organismen und auch deren Nachkommen aus ethischer Sicht zu betrachten.