In Deutschland werden Pestizide als „Pflanzenschutzmittel“ bezeichnet. Doch der Begriff ist irreführend, da Pestizide unerwünschte Lebewesen töten sollen. Wir bezeichnen sie deshalb als „Ackergifte" oder „Pestizide".
Pestizide und ihre Folgen für Umwelt und Menschen
Um Monokulturen, kurze Fruchtfolgen und den Anbau überzüchteter Hybridsorten überhaupt möglich zu machen, werden Pestizide benötigt. Ihr Einsatz hat jedoch weitreichende Folgen: unkontrollierte Verbreitung der Gifte über die Luft, Anreicherung im Boden und Gewässern, Schädigung von Kleinstlebewesen wie zum Beispiel Bakterien, Pilzen, Würmern und Insekten, die eine tragende Rolle in unseren Ökosystemen spielen und wichtige Nahrungsquelle für viele Tiere darstellen, und nicht zuletzt gesundheitliche Risiken für den Menschen.
Was sind Pestizide?
Unter Pestiziden versteht man Substanzen, die unerwünschte Organismen in der Landwirtschaft beseitigen. Je nachdem ob sie gegen Unkraut, Insekten oder Pilze eingesetzt werden, spricht man auch von Herbiziden, Insektiziden oder Fungiziden. In der konventionellen Landwirtschaft werden chemisch-synthetische Pflanzengifte, wie zum Beispiel Glyphosat, nicht nur zur Unkrautbekämpfung eingesetzt, sondern auch, um den Reifeprozess bei Getreide zu beschleunigen. In Deutschland ist dies inzwischen aber nur noch in Ausnahmefällen erlaubt.
Mit der chemischen Keule gegen die Umwelt
Pestizide haben auf die biologische Vielfalt nicht nur auf direkte Art und Weise einen negativen Einfluss, indem sie unmittelbar Lebewesen abtöten, sondern auch indirekt, indem sie das Nahrungsangebot wildlebender Tiere, wie zum Beispiel Insekten und Würmer, reduzieren. Außerdem werden durch ihren Einsatz hoch intensive Anbauweisen, wie zum Beispiel großflächige Monokulturen, gefördert, die ebenfalls die biologischen Vielfalt bedrohen. Pestizide reichern sich im Boden an und schädigen die vielfältigen Bodenlebewesen, die für einen gesunden und fruchtbaren Boden sorgen. Sie belasten unsere Gewässer und unsere Nahrungsmittel und verbreiten sich unkontrolliert kilometerweit durch die Luft. Dadurch wird sowohl die Umwelt als auch unsere Gesundheit gefährdet.
Pestizide – eine Unmenge Gift
281 verschiedene Pestizidwirkstoffe sind in Deutschland zugelassen und jährlich werden von diesen zwischen 27.000 und 35.000 Tonnen verkauft. Während Kontaktgifte nur oberflächlich wirken, werden systemische Gifte von den Pflanzen aufgenommen und in alle Pflanzenteile transportiert. Man findet sie also in Wurzeln, Blättern, Blüten, Pollen, Samen und Früchten. Kontaktgifte können wir zwar nicht vollständig, aber zum größten Teil durch gründliches Waschen oder Schälen von unserem Obst und Gemüse entfernen. Bei systemischen Giften ist das nicht möglich. Sie sind in unseren Lebensmitteln und wir nehmen sie mit unserer Nahrung auf.
Mangelhafte Lebensmittelkontrollen
Die Kontrolle unserer Lebensmittel auf Pestizidrückstände ist aufwändig und nicht ausreichend. Bis die Daten verfügbar sind, wurde die Ware bereits verkauft. Außerdem wird längst nicht auf alle Pestizidwirkstoffe untersucht.
Pestizidrückstände in unseren Lebensmitteln können sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken. Um dem vorzubeugen, wurden Grenzwerte für Pestizidrückstände in Lebensmitteln eingeführt. Diese erscheinen jedoch oft willkürlich und orientieren sich stark an der landwirtschaftlichen Praxis. Je nach Kultur können die Rückstandshöchstwerte für einen einzelnen Pestizidwirkstoff stark variieren. Außerdem ist kaum erforscht, wie sich die einzelnen Wirkstoffe zueinander und gemeinsam in ihrer Wirkung auf den menschlichen Körper und die Umwelt verhalten. Dieser sogenannte Cocktaileffekt wird bisher bei der Zulassung von Pestiziden nicht berücksichtigt, die Pestizidgrenzwerte für unsere Lebensmittel beziehen sich also immer nur auf einen Wirkstoff.
Zeigen Sie Pestiziden in Ihrem Essen die rote Karte!
In der ökologischen Landwirtschaft ist der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden verboten. Dementsprechend gering ist auch die Belastung von Bio-Ware mit diesen Wirkstoffen. Zu diesem Ergebnis kommt auch das jährliche Ökomonitoring des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes in Baden-Württemberg. Im Jahr 2021 wurden bei 76 Prozent der Proben aus ökologischem Anbau keinerlei Pestizidwirkstoffe nachgewiesen. Bei konventionellem Gemüse waren hingegen nur neun Prozent ohne Rückstände, bei konventionellem Obst sogar nur fünf Prozent. Keine der untersuchten Proben von ökologischem Obst und Gemüse enthielt Rückstande über dem gesetzlich gültigen Höchstgehalt. Damit lag die Beanstandungsquote von frischer Öko-Ware in 2021 bei null Prozent.
Wenn Sie die Aufnahme von Pestiziden über die Nahrung vermeiden möchten, greifen Sie wo immer möglich zu Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft. Damit tun Sie nicht nur ihrer Gesundheit etwas Gutes, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Artenschutz.
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