Ein Kommentar von Dr. Leonard Burtscher, Referent für Klima- und Energiepolitik am Umweltinstitut

Das Umweltinstitut München begrüßt, dass das vor über acht Monaten beschlossene Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz nun dem Bundestag vorgelegt wird. Von einem “ambitionierten” Gesetz, wie von Kanzler Scholz versprochen, ist aber nichts mehr übrig geblieben. Es steht zu befürchten, dass das Gesetz bald nachgebessert werden muss, weil es nicht einmal die Novelle der europäischen Energieeffizienzrichtlinie vollständig umsetzt. Ambition ist höchstens noch in homöopathischer Dosierung enthalten.

So entsprechen die Einsparziele bis 2030 lediglich den europäischen Anforderungen. Für 2045, dem Jahr in dem Deutschland klimaneutral sein will, wurde das Primärenergieziel gestrichen – es entsteht der Eindruck, dass die FDP damit von den eklatanten Effizienzverlusten ihrer Nebelkerzen eFuels und Wasserstoffheizungen ablenken möchte. Das Zwischenziel für 2040 wurde gestrichen. Dabei sind gerade Zwischenziele wichtig, um den Fortschritt in der Effizienzpolitik unabhängig zu prüfen und um für Investitionssicherheit in der Industrie zu sorgen. Neben der generellen “Überprüfung” der Energiespargrößen im Jahr 2027 soll außerdem ein Passus neu aufgenommen werden, der es der Bundesregierung bei “außergewöhnlichen oder unerwarteten” Entwicklungen erlaubt, die Ziele “anzupassen”. Beide Sätze sind wohl kaum dazu geeignet, das Gesetz nachzuschärfen, sondern es weiter aufzuweichen.

Positiv ist immerhin, dass der Grenzwert für den Einsatz von Energie-Management-Systemen für Unternehmen gesenkt werden soll. Diese sollen nun bereits ab einem Gesamtenergiebedarf von 7,5 GWh und nicht erst ab 15 GWh verpflichtend sein. Allerdings fehlen weiterhin jegliche Einsparverpflichtungen für Unternehmen. Dass die Industrie nicht angehalten wird, alle hoch wirtschaftlichen Einsparmaßnahmen zügig umzusetzen, ist eine wirklich bittere Pille und angesichts der fortschreitenden Klimakrise nicht zu rechtfertigen. Die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand wurde so weit abgeschwächt, dass nun unklar ist, ob die europäischen Vorgaben noch eingehalten werden können.

Erstmals wird im Energieeffizienzgesetz die Rechenzentrumsbranche zu Effizienzmaßnahmen verpflichtet – was Branchenverbände beklagen. Dabei haben 19 Rechenzentrumsbetreiber, darunter auch etliche sehr große Anbieter, selbst längst Maßnahmen ergriffen und forderten die Politik kürzlich öffentlichkeitswirksam auf, mehr Mut in der Effizienzpolitik zu zeigen. Das Wehklagen der Branchenlobby war trotzdem großteils erfolgreich. Lediglich die allergrößten Rechenzentren werden im Energieeffizienzgesetz reguliert und Netzknoten sind vollständig von der Regulierung ausgenommen. Damit sind weniger als ein Prozent aller deutschen Rechenzentren zu Einsparmaßnahmen verpflichtet. Bedauerlich ist auch, dass das geplante öffentlich Energieeffizienzregister für Rechenzentren gestrichen worden ist. Dass die Energieverbrauchseffektivität, ein Indikator für die Energieeffizienz von Rechenzentren, von 1,3 auf 1,2 marginal verbessert worden ist, ist positiv zu bewerten: Das wird insbesondere der Wasserkühlung von Rechenzentren Vortrieb geben, die nicht nur hocheffizient ist, sondern auch eine deutlich einfachere Nutzung der Abwärme ermöglicht.

Erhalten geblieben ist die Pflicht von Unternehmen, über die von ihnen erzeugte Abwärme Auskunft zu geben. Damit sollte es künftig einfacher werden, Abwärmeerzeuger und Wärmenetze zusammenzubringen und die unvermeidbare Abwärme sinnvoll, etwa für Gebäudeheizungen zu nutzen.

Insgesamt bleibt das Gesetz weit hinter den erforderlichen Maßnahmen zurück und enttäuscht, hatte doch Kanzler Scholz im vergangenen Oktober Erwartungen nach einem “ambitionierten Gesetz” geweckt. Es ist fraglich, ob mit diesem Gesetz die notwendige Verdoppelung der Energieproduktivität in den kommenden Jahren gelingen wird.

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