Georgia ist ein besonders heikler Fall: Hier sprach ein Gericht am 21. März dem Kläger John Barnes Schadenersatz in Höhe von 2,1 Milliarden US-Dollar zu [1]. Das Gericht bestätigte damit dessen Aussage, dass die Nutzung von Roundup sein Non-Hodgkin-Lymphom (eine Form von Lymphdrüsenkrebs) verursacht habe und der Hersteller ihn vor diesem Risiko hätte warnen müssen.
Eine Woche zuvor hatte das Parlament des Bundesstaates Georgia jedoch einen Gesetzesentwurf durchgewunken, der Pestizidhersteller künftig vor genau dieser Art rechtlicher Haftung schützen würde [6], aber noch nicht in Kraft getreten war. Am 12. Mai unterzeichnete der Gourverneur von Georgia nun das entsprechende Gesetz – und die Pestizidlobby jubelt unverhohlen [7].
Bundesebene: Eine Petition und ein Gesetz gegen unliebsame Krebsklagen
Darüber hinaus unterstützt Bayer auch zwei bundespolitische Initiativen, die ähnliche Auswirkungen auf künftige Glyphosat-Klagen hätten:
- Eine Petition von Generalstaatsanwälten aus elf republikanisch regierten Bundesstaaten, die die EPA auffordern, ein Regelungsverfahren einzuleiten, das ihre alleinige Zuständigkeit (und damit auch Verantwortung) für Pestizidkennzeichnungen festschreibt.
- Ein Gesetzesentwurf namens „Agricultural Labeling Uniformity Act“, der möglicherweise an ein künftiges Landwirtschaftsgesetz angehängt wird. Der Gesetzesentwurf beschneidet das Recht der Bundesstaaten, eigenständig vor Pestizidrisiken zu warnen. Das Gesetz würde es verbieten, auf Bundesstaatenebene zusätzliche Warnhinweise zu verlangen, wenn ein Pestizid bereits von der US-Umweltbehörde EPA zugelassen wurde – selbst wenn internationale Krebsforschungsstellen wie die IARC eine krebserregende Wirkung feststellen.Indirekt hätte das auch Auswirkungen auf die Klagerechte betroffener Landwirt:innen und Bürger:innen: Wenn Produkte als EPA-konform gelten und keine zusätzlichen Warnungen gefordert werden dürfen, könnten Gerichte mögliche „Failure-to-warn“-Klagen leichter abbügeln. Hinter dem Gesetz steht eine massive Lobbykampagne der Agrarchemieindustrie, allen voran CropLife, der Branchenverband von Bayer, Syngenta und anderen Pestizidherstellern [8].
Bayer-CEO droht mit Produktionsstopp – Erpressung als letztes Mittel?
Sollten Politik und Justiz nicht nachgeben, setzt Bayer auf Druck: CEO Bill Anderson kündigte an, Bayer könne die Glyphosatproduktion in den USA ganz einstellen [9]. Das hätte massive Folgen: Bayer ist der wichtigste Glyphosathersteller in den USA, und dort sind viele Farmer mit gentechnisch veränderten, glyphosatresistenten Kulturen von dem Unkrautvernichter abhängig.. Wie das Wall Street Journal berichtete, sind laut dem US-Landwirtschaftsministerium über 90 Prozent der in den USA angebauten Soja-, Mais- und Baumwollpflanzen gentechnisch so verändert, dass sie glyphosathaltige Unkrautvernichtungsmittel vertragen [10] Das letzte, was die USA in ihrem momentanen globalen Handelskrieg brauchen können, dürfte eine weitere Importabhängigkeit von China sein.
Was wir tun – und was Sie tun können
In den USA arbeiten zahlreiche Organisationen daran, Bayers Lobbyaktivitäten zu beobachten und ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen. In Deutschland ist das Umweltinstitut einer der ältesten Gegner von Glyphosat: Seit mehr als 13 Jahren organisieren wir Widerstand, sichten Studien, warnen vor den Gefahren und strengen Gerichtsprozesse gegen den Unkrautvernichter an. Wir waren in Europa 2016/2017 schon einmal ganz nahe an einem europaweiten Verbot dran – verhindert wurde ein solches nur durch den Alleingang des damaligen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU). 2018 warnten wir vor und auf der Bayer-Hauptversammlung eindrücklich vor der Übernahme von Monsanto.

Derzeit klagen wir auf EU-Ebene gemeinsam mit einigen Partnerorganisationen gegen die Zulassung von Glyphosat. Ein Verbot wäre in jedem Land der Welt ein Segen für Biodiversität, Gesundheit und Böden. Aber es wird nicht von alleine kommen – und schon gar nicht von Bayer selbst. Er wird politisch oder juristisch erkämpft werden müssen. Wir freuen uns, wenn Sie uns dabei unterstützen!