Energiesparen: Die günstigste und sauberste aller Energiequellen
Die grünste Kilowattstunde ist die, die gar nicht erst verbraucht wird. Der Spruch ist so alt wie die Idee der Energiewende, doch leider wird diese einfache Wahrheit von der Politik immer noch nicht ernst genommen.
Achtzig Prozent unseres Energiebedarfs decken wir noch immer mit fossilen Energien, fast vollständig importiert aus dem Ausland und daher verbunden mit oft problematischen Abhängigkeiten von Staaten wie Russland, Katar oder den USA. Studien zeigen übereinstimmend, dass wir etwa die Hälfte unseres Energieverbrauchs verschwenden: Billiger und umweltfreundlicher wäre es, wenn wir diese Energie nicht verwenden würden.
Was ist Energieverschwendung?
Unter Energieverschwendung verstehen wir den technisch unnötigen und wirtschaftlich unsinnigen Einsatz von Energie. Beispiel Beleuchtung: Der Ersatz alter Leuchtstoffröhren durch LED-„Röhren” ist technisch in der Regel einfach möglich. Für die gleiche Lichtmenge benötigten LEDs etwa zwei Drittel weniger Energie. Wirtschaftlich lohnt sich das oft innerhalb weniger Monate. Es gibt keinen vernünftigen Grund, wertvolle Energie mit veralteten Leuchtmitteln zu verschwenden.
Die drei „E” der Energiewende: Einsparen – Effizienz – Erneuerbare
Die Energiewende hat als oberstes Ziel die Abkehr von fossilen Energien. Dies ist dringend notwendig, um die menschengemachte Klimakrise nicht weiter zu eskalieren. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die Verbesserung der Energieeffizienz, die laut internationaler Energieagentur größere Emissionsreduktionen ermöglichen würde als jede andere Maßnahme. Im Dreiklang mit anderen Einsparmaßnahmen und dem Ausbau der Erneuerbaren gelingt die Energiewende am schnellsten und am günstigsten. Häufig wird deshalb in Bezug auf die Energiewende auf die drei „E” verwiesen:
Einsparen (auch Suffizienz genannt)
bedeutet „weniger ist mehr”. Was von manchen als Einschränkung gesehen wird, kann dabei oft unverhoffte Vorteile bringen: Das Fahrrad zu nutzen statt mit dem Auto zu fahren braucht nicht nur weniger Energie, es ist auch gesünder und macht Spaß. Heizkosten zu reduzieren, indem sehr bewusst nur dort und nur so viel wie nötig geheizt wird, kann ebenfalls sehr zufriedenstellend sein. In der öffentlichen Debatte hat es die Suffizienz leider oft schwer. Sie ist politisch stark aufgeladen und wird meist nur unter dem Aspekt „Verzicht” gesehen. Dabei ist klar: Wir haben nicht die natürlichen Ressourcen, damit acht Milliarden Menschen so verschwenderisch leben können wie wir.
Effizienz
bedeutet auch weniger verbrauchen, aber nicht indem persönliches Verhalten verändert wird, sondern durch bessere Technik. Beispiele im Privatbereich sind thermisch sanierte Häuser, die mit viel weniger Heizenergie auskommen und dazu oft noch behaglicher sind. Darunter fallen auch effiziente Geräte wie Kühlschränke, Spül- und Waschmaschinen und Beleuchtung (LEDs). Hier bedeutet der geringere Energieeinsatz keinen geringeren Komfort, es sind aber Investitionen erforderlich. Die Energiewende durch mehr Energieeffizienz voranzubringen kennt eigentlich nur Gewinner:innen: Privatverbraucher:innen und Industrie würden auf Dauer Kosten sparen, wir wären weniger von Energieimporten abhängig und es wäre die schnellste Art, Treibhausgasemissionen zu senken.
Erneuerbare
Erneuerbare sind in aller Munde. Gemeint sind vor allem Energieformen zur Erzeugung von Strom ohne Verbrauch fossiler (oder nuklearer) Ressourcen. Die wichtigsten Träger erneuerbarer Energien in Deutschland sind (in dieser Reihenfolge, Stand 2025) Windkraft, Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft. Im Jahr 2024 betrug der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromproduktion erstmals mehr als 60 Prozent. Strom macht allerdings derzeit (2023)nicht einmal 20 Prozent am Endenergieverbrauch Deutschlands aus – der Rest sind vor allem die fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle.
Kleine Rechenübung
In Jahr 2023 betrug der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch in Deutschland 22,4 Prozent (Quelle: UBA, https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energieverbrauch-nach-energietraegern-sektoren#anteil-erneuerbarer-energien-am-gesamten-bruttoendenergieverbrauch). Wenn wir unseren Energieverbrauch halbieren würden, indem wir Energieverschwendung konsequent abstellen, könnten wir den Anteil erneuerbarer Energien verdoppeln. Den gleichen Effekt würden wir erzielen, wenn wir ca. 220 Millionen Sonnenpanele, ca. 16.000 Windräder und mindestens 5000 Wasserkraftwerke installieren würden.
Und wenn wir beides tun – die Erneuerbaren ausbauen und Energieverschwendung abstellen – können wir Emissionen viel schneller senken und unseren gerechten Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten.
Wo wird Energie verschwendet – und warum?
Ob Industrie, Verkehr, Gebäude oder Haushalte – Energieverschwendung ist überall ein Problem. Manche Formen der Verschwendung werden politisch immer wieder adressiert. So wurden Verbraucher:innen in der Energiekrise dazu aufgefordert, ihr Eisfach abzutauen, kürzer zu duschen und ihre Heizung zu modernisieren. Bei der Industrie wird Energieverschwendung aber meist einfach hingenommen. Dabei ist der Industriesektor in den nächsten zwanzig Jahren laut Projektion des Umweltbundesamts für die meisten Emissionen in Deutschland verantwortlich. Die öffentliche Debatte kreist aber fast nur darum, Energie für die Industrie zu verbilligen – und die Politik liefert mit zahlreichen Vergünstigungen. Dabei fordert sie aber nicht ein, dass mit dieser Energie so sorgsam wie möglich umgegangen wird.
Beispiel für Energieverschwendung: Das wirtschaftliche Einsparpotenzial in der Industrie – womit die Industrie also zusätzliche Profite einfahren könnte – entspricht der Energiemenge aus Gas, das durch vier (der sechs bestehenden) LNG-Terminals eingefahren werden kann und zusätzlich der Strommenge von acht Kohlekraftwerken.
Beispiel für Energieverschwendung: Im Gebäudebereich könnten die zwei übrigen LNG-Terminals eingespart und dazu jede Menge Ölverbrennung vermieden werden, wenn mindestens 80 Prozent der Gebäude saniert würden – bei gleichzeitig gesteigerter Wohnqualität und auf Dauer geringeren Kosten.
Beispiel für Energieverschwendung: Doch auch kleine Maßnahmen können eine große Wirkung haben. Würden alle alten Glüh- und Halogenlampen in Deutschland durch LEDs ersetzt, könnten dadurch drei Kohlekraftwerke überflüssig werden.
Energiehunger durch KI-Rechenzentren
Besondere Bedeutung bei der Energieeffizienz kommt der Rechenzentrumsbranche zu. Das liegt zum einen daran, dass deren Energieverbrauch bisher kaum reguliert ist. Ein weiterer Grund ist, dass in diesem Bereich seit Jahren ein großes Wachstum stattfindet, das sich in den kommenden Jahren durch Anwendungen der “Künstlichen Intelligenz” voraussichtlich noch deutlich beschleunigen wird. Derzeit sind Rechenzentren für etwa vier Prozent des deutschen Stromverbrauchs verantwortlich, bis 2045 wird ein Anwachsen auf sechs Prozent des dann insgesamt deutlich höheren Stromverbrauchs erwartet. Die gewaltigen Strommengen, die für Rechenzentren verwendet werden, sind gleichzeitig auch eine Chance: Strom wird in Computern in Wärme umgewandelt, den moderne Rechenzentren direkt in Fernwärmenetze einspeisen können. So könnten KI-Anfragen in der Zukunft Millionen Haushalte mit klimaneutraler Wärme versorgen.
Wo funktioniert Effizienz bereits?
Das Beste an der Steigerung der Energieeffizienz: Sie ist nicht nur eine schöne Vision, sondern längst Realität.
Erneuerbare Energien sind sehr effizient darin, Strom zu produzieren, es gibt keine Umwandlungsverluste von Wärme zu Strom. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sinkt unser Primärenergieverbrauch bei gleichzeitig steigender Stromproduktion.
Sanierungen von Häusern helfen den Wärmebedarf von Häusern zu verringern. Leider werden Effizienzgewinne bei Häusern durch immer größere Wohnflächen teilweise wieder kompensiert (siehe Kasten Rebound-Effekt).
Bei der Verwendung effizienter Haushaltsgeräte ist Energieeffizienz vermutlich am sichtbarsten. Immerhin gibt es dort das EU-Energieeffizienzlabel mit seinen Buchstaben von A (grün) bis G (rot). Die Klassen A+ bis A+++ gibt es nicht mehr. Dank EU-Ökodesign-Verordnung sind Mindeststandards für die Effizienz von Geräten vorgeschrieben. Diese helfen, Stromverschwendung zu vermeiden.
Generell steigt durch die Vermeidung von Verbrennungsvorgängen die Energieeffizienz stark an. Dies gilt sowohl für den Bereich der Stromerzeugung (siehe oben) als auch für die Sektoren Wärme und Verkehr (siehe Grafik).
Elektrifizierung vermeidet Energieverluste
Insgesamt sinkt unser Primärenergieverbrauch seit Jahren (siehe Grafik) – und das trotz steigender Wirtschaftsleistung. Das Potenzial weniger Energie zu verbrauchen ist aber noch viel höher und die Erfolge bei der Energieeffizienz bei Weitem nicht ausreichend, nicht einmal um die (schwachen) gesetzlichen Ziele zu erfüllen. So verlangt das im Jahr 2024 verabschiedete Energieeffizienzgesetz, den Primärenergiebedarf Deutschlands im Vergleich zum Jahr 2008 um knapp 40 Prozent auf 2252 Terawattstunden bis zum Jahr 2030 zu senken. Ohne Berücksichtigung von Einmaleffekten wie der Corona-Krise oder der fossilen Energiekrise in Folge des Überfalls Russlands auf die Ukraine deutet derzeit leider nichts darauf hin, dass wir dieses Ziel erreichen werden (siehe Trend in der Grafik in den Jahren 2008 bis 2019).
Dank Energieeffizienz wurde unser Energieverbrauch in den letzten Jahren reduziert, trotz steigender Wirtschaftsleistung.
Was ist der Rebound-Effekt?
Unter dem sogenannten Rebound-Effekt versteht man, dass Effizienzgewinne nicht vollständig zu einer Senkung des Energieverbrauchs führen, sondern teilweise durch zusätzlichen Verbrauch wieder aufgehoben werden. Ein Beispiel ist die Entwicklung von PKW-Motoren. Diese sind heute viel effizienter als noch vor 20 Jahren – wir fahren aber noch immer keine Drei-Liter-Autos, sondern viele Menschen sind jetzt mit panzerähnlichen SUVs unterwegs. Der Rebound-Effekt limitiert den Nutzen von Effizienzmaßnahmen. Es bleibt daher für jeden Einzelnen und als Gemeinschaft wichtig, den eigenen Verbrauch zu überdenken und die planetaren Grenzen zu respektieren.
Was muss passieren, damit das volle Potenzial gehoben wird?
Um der Energieeffizienz den Turbo zu verleihen, braucht es neben öffentlicher Aufklärung und Information klare gesetzliche Standards und Vorschriften für die Industrie.
Unsere Forderungen im Überblick
Wirtschaftliche – also rentable – Einsparmaßnahmen müssen endlich verpflichtend umgesetzt werden. Wenn Unternehmen die Investitionen selbst nicht schultern können, muss es dafür ausreichende staatliche Unterstützung geben und zugleich die Subvention von Energiepreisen zurückgefahren werden. Bestehende Energie-Subventionen darf es nur noch geben, wenn nachgewiesen wird, dass damit keine Energieverschwendung finanziert wird.
Die Einführung von Energie-Management-Systemen (EMS) muss vorangetrieben werden und auch für kleinere Betriebe Standard werden. Derzeit müssen lediglich Betriebe mit einem Gesamtenergiebedarf über 7,5 Gigawattstunden (das ist etwa 250.000 Mal so viel wie ein durchschnittlicher Haushalt verbraucht) ihren Energieverbrauch genau im Blick behalten.
Ein ambitionierter und verlässlicher Preispfad für CO2-Emissionen macht Investitionen in Effizienzprojekte berechenbar – und lohnenswert. Vorsicht muss geboten sein, bei kurzfristigen „Entlastungsmaßnahmen”, denn diese konterkarieren die nachgewiesene Wirkung des CO2-Preises. Statt in Krisen Energieverschwendung durch günstige Preise weiterhin zu ermöglichen, sollte die Industrie durch umfassende Effizienzmaßnahmen schnellstmöglich resilient gemacht werden gegen Energiekrisen.
Auch im öffentlichen Bereich gibt es viel Nachholbedarf. Wer kennt nicht die Bilder von leckenden Schuldächern, schlecht gedämmten Schwimmbädern oder viel zu stark beheizten öffentlichen Räumen? Dem Staat kommt dabei – auch gesetzlich im Energieeffizienzgesetz (EnEfG) festgeschrieben – eine Vorbildrolle zu. Er muss zeigen, dass er öffentliche Gelder, auch für die Energieversorgung, sparsam einsetzt und nicht „zum Fenster hinaus heizt”. Gleichzeitig können ambitionierte Effizienzprojekte Bürger:innen zeigen, dass Modernisierungsprojekte Spaß machen können und für alle vorteilhaft sind.
Was macht das Umweltinstitut?
Das Umweltinstitut setzt sich seit Jahren nicht nur für einen zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien ein, sondern auch für eine Begrenzung unseres Verbrauchs, insbesondere durch Vermeidung von Verschwendung primär in Industriebetrieben.
Protest vor dem Kanzleramt (Februar 2023): Das Energieeffizienzgesetz soll nicht länger verschleppt werden!
Das 2023 von der Ampel-Koalition erstmals vorgestellte Energieeffizienzgesetz begleiten wir als einzige zivilgesellschaftliche Organisation in Deutschland seit dem ersten Referentenentwurf. Wir forderten dabei Tempo bei der Umsetzung und setzen uns für mehr Ambition bei den Maßnahmen ein – in vertraulichen Gesprächen mit Beamten des Wirtschaftsministerium und mit Abgeordneten des Bundestags, aber auch sehr öffentlich durch eine große Bildaktion vor dem Kanzleramt. Höhepunkt unserer parlamentarischen Beteiligung war eine Einladung als Sachverständige in den Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie, wo wir den Abgeordneten Rede und Antwort standen und dringend mehr Ambition bei Klimaschutz und Energieeffizienz einforderten.
Anhörung im Bundestag (Juni 2023): Mehr Ambition bei Energieeffizienz gefordert
In einem vom Umweltbundesamt geförderten Projekt schaffen wir derzeit ein Netzwerk verschiedener Akteure im Bereich Energieeffizienz und verknüpfen zivilgesellschaftliche Akteure mit Menschen aus Think-Tanks, Forschungsinstituten und mit Industrie-Vertreter:innen, um gemeinsam Lösungen für das Problem der Energieverschwendung zu finden.
Schon ein kleiner Betrag kann Großes bewirken. Spenden Sie und finanzieren Sie unsere Recherchen. Es lohnt sich!
Weitere Informationen
Gemeinsam mit Ihnen können wir Einfluss auf die Politik nehmen. Beteiligen Sie sich jetzt an unseren Aktionen für mehr Klimaschutz:
Energiesparen Zuhause
Energie wird immer teurer, gleichzeitig wird der Klimaschutz immer drängender. Wir geben Tipps, wie zuhause Energie gespart und Strom selbst erneuerbar produziert werden kann.
Heizen Sie in Ihren vier Wänden effizient oder verheizen Sie Ihr Geld? Viele Faktoren tragen dazu bei, dass Ihr Zuhause auch im Winter kostengünstig und klimafreundlich warm bleibt.
Hier informieren wir Sie zu aktuellen Themen und Projekten.
Showdown um den EU-Mercosur-Deal
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Seit über 25 Jahren wird zwischen der Europäischen Union und den südamerikanischen Mercosur-Staaten über ein Freihandelsabkommen verhandelt – jetzt startet die Ratifizierung. Wir geben einen Überblick über das Abkommen und den aktuellen Stand der Verhandlungen.
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Gaskraftwerke statt Klimaschutz: Wirtschaftsministerin Reiche bremst die Energiewende
Energie und Klima
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Neue Gaskraftwerke, weniger Erneuerbare, Klimaschutz „überbetont“: Seit ihrem Amtsantritt lässt Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) kaum eine Gelegenheit aus, den Kurs der Energiewende zu bremsen – und damit der fossilen Industrie in die Karten zu spielen. Jetzt hat sie eine Studie in Auftrag gegeben, die ihre Pläne stützen soll. Dabei ist längst klar, was die Energiewende in Deutschland wirklich voranbringen würde.