Weichgespültes Energieeffizienzgesetz beschlossen
Vergangene Woche hat der Bundestag das lange diskutierte Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz verabschiedet. Zwar ist es ein Meilenstein, dass Anforderungen fürs Energiesparen nun in Gesetzesform gegossen worden sind. Vom ursprünglichen, teilweise ambitionierten Energieeffizienzgesetz ist aber nur noch eine Hülle geblieben: Wichtige Ziele wurden geschwächt oder entfernt, wirksame Maßnahmen sind im Gesetz kaum mehr vorhanden.
Dr. Leonard Burtscher · 2 Minuten Lesezeit
Ein „ambitioniertes Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz“ hatte Bundeskanzler Olaf Scholz noch im Oktober 2022 versprochen. Elf Monate später ist das Gesetz nun endlich verabschiedet, doch von „ambitioniert“ kann keine Rede sein. Es steht sogar zu befürchten, dass das Gesetz bald nachgebessert werden muss, weil es nicht einmal die Novelle der europäischen Energieeffizienzrichtlinie vollständig umsetzt.
So entsprechen die Einsparziele bis 2030 lediglich den europäischen Anforderungen. Für 2045, dem Jahr, in dem Deutschland klimaneutral sein will, wurde das Einsparziel für den Primärenergieverbrauch komplett gestrichen. Auch ein Zwischenziel für 2040 gibt es nun nicht mehr. Dabei sind gerade Zwischenziele wichtig, um den Fortschritt in der Effizienzpolitik unabhängig zu prüfen und um für Investitionssicherheit in der Industrie zu sorgen.
Im Jahr 2027 soll außerdem überprüft werden, ob die fest gesetzten Ziele erreicht werden können. Außerdem wurde ein Passus neu aufgenommen, der es der Bundesregierung bei “außergewöhnlichen oder unerwarteten” Entwicklungen erlaubt, die Ziele „anzupassen“. Beide Sätze sind wohl kaum dazu geeignet, das Gesetz nachzuschärfen, sondern es weiter aufzuweichen.
Positiv ist immerhin, dass der Grenzwert für den Einsatz von Energie-Management-Systemen für Unternehmen gesenkt wurde. Solche Systeme erlauben es Unternehmen, Energieverschwendung ausfindig zu machen und durch Investitionen und intelligente Steuerung Energie sparsamer einzusetzen. Diese sollen nun bereits ab einem Gesamtenergiebedarf von 7,5 GWh und nicht erst ab 15 GWh verpflichtend sein. Das ist gut, aber Unternehmen mit Energieverbräuchen in dieser Größenordnung besitzen solche System aufgrund anderer gesetzlicher Verpflichtungen oder aufgrund von Förderbedingungen ohnehin in der Regel bereits.
Energiesparpotenzial in der Industrie weiterhin enorm
Ein eklatanter Mangel im neuen Gesetz ist das Fehlen jeglicher Einsparverpflichtungen für Unternehmen. Dass die Industrie nicht angehalten wird, wenigstens die hoch wirtschaftlichen Einsparmaßnahmen zügig umzusetzen, ist eine wirklich bittere Pille und angesichts der fortschreitenden Klimakrise nicht zu rechtfertigen.
Zwar wurde gerade von Seiten der FDP und der Opposition immer wieder argumentiert, dass Unternehmen doch nicht freiwillig Energie verschwenden würden – das entspricht aber nicht der durch Studien belegten Realität. 44 Prozent ihres Energiebedarfs könnte die Industrie durch Wärmedämmung, effizientere Motoren, Druckluftsysteme und andere Effizienzinvestitionen einsparen.
Für die öffentliche Hand sieht die europäische Verordnung darüberhinaus eine Vorbildwirkung vor. So sollen jährlich drei Prozent der öffentlichen Gebäude – Schulen, Krankenhäuser, Ämter – saniert werden, um mit gutem Beispiel voran zu gehen, Effizienztechnologien erschwinglich zu machen und den Energiebedarf im Gebäudesektor signifikant zu senken. Diese Anforderungen findet sich aber nicht im deutschen Energieeffizienzgesetz (und bisher auch in keinem anderen nationalen Gesetz). Wir werden prüfen, ob Deutschland damit in ein Vertragsverletzungsverfahren läuft und die Bundesregierung drängen, die Effizienzanforderungen sobald wie möglich nachzubessern.
Licht und Schatten bei der IT-Industrie
Ein Lichtblick im Gesetz sind die Maßnahmen für die IT-Industrie. Erstmals wird die Rechenzentrumsbranche zu Effizienzmaßnahmen verpflichtet. Doch auch hier, gibt es ein Aber: Denn lediglich die allergrößten Rechenzentren werden im Energieeffizienzgesetz reguliert, Netzknoten sind vollständig von der Regulierung ausgenommen. Damit sind weniger als ein Prozent aller deutschen Rechenzentren zu Einsparmaßnahmen verpflichtet – die allerdings für den Großteil des Stromverbrauchs stehen.
Bedauerlich ist auch, dass das geplante öffentliche Energieeffizienzregister für Rechenzentren gestrichen worden ist. Dass die Energieverbrauchseffektivität, ein Indikator für die Energieeffizienz von Rechenzentren, von 1,3 auf 1,2 marginal verbessert worden ist, ist aber positiv zu bewerten: Das wird insbesondere der – von uns mehrfach geforderten, da hocheffizienten – Wasserkühlung von Rechenzentren Vortrieb geben, die nicht nur hocheffizient ist, sondern auch eine deutlich einfachere Nutzung der Abwärme ermöglicht.
Erhalten geblieben ist außerdem die Pflicht von Unternehmen, über die von ihnen erzeugte Abwärme Auskunft zu geben. Damit sollte es künftig einfacher werden, Abwärmeerzeuger und Wärmenetze zusammenzubringen und die unvermeidbare Abwärme sinnvoll, etwa für Gebäudeheizungen zu nutzen.
Insgesamt bleibt das Gesetz aber weit hinter den erforderlichen Maßnahmen zurück und enttäuscht. Es ist unwahrscheinlich, dass mit diesem Gesetz die notwendige Verdoppelung der Energieproduktivität bis zum Ende der Dekade gelingen wird. Höchstwahrscheinlich ist die nun gefundene Regulierung auch unzureichend, um den nationalen Beitrag zum europäischen Klimaziel zu erfüllen. Diesen Aspekt sowie die Umsetzung des neuen Energieeffizienzgesetzes werden wir uns weiterhin genau ansehen.
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