Boulevardmedien wie die Bild-Zeitung reagierten prompt mit dramatischen Titeln wie „Heiz-Schock für Millionen Deutsche droht“. Auch die Stilllegungspläne der Stadtwerke Augsburg rückten schnell in den Fokus der bundesweiten Schlagzeilen, obwohl diese schon lange planen, ihr Gasnetz schrittweise durch ein umweltfreundlicheres Fernwärmenetz zu ersetzen. In den vergangenen Jahren haben sie ihre Kund:innen über das neue Fernwärmeangebot informiert, die Versorgungssicherheit mit Gas bliebe dadurch aber vorerst unberührt. Was in Augsburg gerade passiert, ist eigentlich ein gutes Beispiel dafür, wie der Abschied vom deutschen Gasnetz verbraucherfreundlich gestaltet werden kann.

Aktuell liegen in Deutschland insgesamt 522.000 Kilometer Gasleitungen unter der Erde, ein Großteil davon – die sogenannten Gasverteilnetze – transportiert das Gas aus Fernleitungen zu den Endverbraucher:innen in die Gebäude. Über 90 Prozent dieser Rohre werden laut Agora Energiewende im Zuge der Wärmewende überflüssig. Schon heute entscheiden sich mehr und mehr Menschen für den Einbau einer Wärmepumpe und kündigen ihren Gasanschluss. Diese Entwicklung wird in den nächsten Jahren an Fahrt aufnehmen, wenn nach Abschluss der kommunalen Wärmeplanung mehr Häuser an Fernwärmenetze angeschlossen werden.

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Mehr als 90% des deutschen Gasnetzes wird bis 2045 überflüssig

Klare Regelungen statt teuren Scheinlösungen

Die Kosten für den Betrieb und die Instandhaltung der Gasnetze müssen darum künftig von einer immer weiter schrumpfenden Zahl an Gaskund:innen bezahlt werden. Ohne entsprechende Regelungen droht laut Agora Energiewende eine Versechzehnfachung der Netzentgelte. Der Herausforderung, mit diesen Entwicklungen einen gerechten und geregelten Umgang zu finden, muss sich die Bundesregierung auf Geheiß der EU nun stellen. Im Jahr 2023 hat sie mit der Novellierung des Gebäude-Energie-Gesetzes und dem neuen Wärmeplanungsgesetz bereits den Grundstein für die Zukunft der deutschen Wärmeversorgung gelegt. Ersteres trifft Regelungen für den Einbau von klimafreundlicheren Heizungen. Mit dem Wärmeplanungsgesetz werden Kommunen dazu verpflichtet, ihre Bürger:innen darüber zu informieren, in welchem Stadtgebiet zukünftig ein Fernwärmeangebot geschaffen werden soll.

Wie es mit den Gasverteilnetzen weitergehen soll, die sich oft in Händen der Kommune selbst oder des lokalen Stadtwerks befinden, darüber müssen die Kommunen aber bisher keine Aussage treffen. Das soll sich laut dem Ideenpapier jetzt ändern: Energieversorger sollen künftig neue Anschlüsse verweigern oder bestehende Anschlüsse mit ausreichend Vorlaufzeit kündigen dürfen, wenn das Netz nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben ist. Entweder die Energieversorger stellen dann für einen reibungslosen Übergang den Anschluss an ein Fernwärmenetz bereit, oder die Verbraucher:innen müssen sich selbst um den Einbau einer klimafreundlichen Heizung kümmern.

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