Vögel in Deutschland nicht ausreichend geschützt: Bild Braunkehlchen

Gemäß der EU-Vogelschutzrichtlinie, die Vogelbestände erhalten und wiederherstellen soll, genießen wildlebende, heimische Vögel in Europa besonderen Schutz. Schon seit 1979 müssen die europäischen Mitgliedsländer unter anderem Schutzgebiete für Vögel ausweisen und dem Lebensraumverlust der Tiere entgegenwirken. Weil die europäische Vogelschutzrichtlinie hierzulande nicht hinreichend umgesetzt wird, leitet die EU-Kommission nun ein so genanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein.

Konkret formuliert die EU-Kommission ihre Kritik so:

„Nach Ansicht der Kommission reichen die von Deutschland innerhalb und außerhalb des Netzes der Schutzgebiete ergriffenen Maßnahmen bislang nicht aus, um die Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen. Dies hat zu einem deutlichen Rückgang der Populationen geschützter Vogelarten geführt.“

Die EU-Kommission bemängelt insbesondere, dass zu viele Vogelschutzgebiete in Deutschland nur auf dem Papier existieren. So würden in zahlreichen Gebieten, die Deutschland bei der EU als Vogelschutzgebiet angemeldet hat, in Wirklichkeit keine oder unzureichende Maßnahmen ergriffen, um die dort lebenden Vogelarten tatsächlich zu schützen. Dies habe zu einem deutlichen Rückgang der Bestände geschützter Vogelarten geführt, so die EU-Kommission.

Diese Informationen sind alarmierend, kommen aber alles andere als überraschend. Denn schon lange ist bekannt, dass es um viele Vogelarten schlecht steht. So geht aus der aktuellen Roten Liste der Brutvögel Deutschlands von 2021 hervor, dass fast die Hälfte der bei uns regelmäßig brütenden Arten gefährdet ist, 33 Vogelarten sind vom Aussterben bedroht und bei fast allen Arten gehen die Bestände weiter zurück.

Vogelschutzgebiete müssen pestizidfrei sein!

Die Bundesrepublik hat nun zwei Monate Zeit, auf das Aufforderungsschreiben der EU-Kommission zu antworten. Will sie eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und empfindliche Strafzahlungen abwenden und die Vögel zumindest in den dafür vorgesehenen Gebieten wirksam schützen, sind rasch massive Nachbesserungen im puncto Vogelschutz gefragt.

Aus Sicht des Umweltinstituts sollte zu diesen Nachbesserungen auch ein umfassendes Pestizidverbot in Vogelschutzgebieten zählen. Denn es ist hinlänglich bekannt, dass die intensive Landwirtschaft und der damit verbundene Einsatz von Pestiziden auch eine Gefahr für Vögel darstellt. Zum einen schaden Pestizide indirekt, indem sie Insekten und Pflanzen vernichten und die Tiere nicht mehr ausreichend Futter für sich und ihren Nachwuchs finden. Manche Ackergifte sind für Vögel aber auch direkt giftig. Und dennoch darf in Vogelschutzgebieten bisher konventionelle Landwirtschaft betrieben werden – inklusive Pestizideinsatz.

Bereits im Jahr 2006 hat die staatliche Naturschutzverwaltung Baden-Württemberg festgestellt, dass der Einsatz von Pestiziden Vögeln direkt oder indirekt schaden kann. Sie  empfiehlt zum besseren Schutz diverser Vogelarten auf den Einsatz von Pestiziden in Vogelschutzgebieten zu verzichten.

Umfassendes Pestizidverbot für Schutzgebiete dringend notwendig

Auch in anderen Schutzgebietskategorien wie Naturschutzgebieten oder gesetzlich geschützten Biotopen ist der Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide bisher nicht grundsätzlich verboten. Und das, obwohl das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz bereits 2020 im Bericht zur Lage der Natur in Deutschland einen „enormen“ Handlungsbedarf festgestellt haben, um die Wirksamkeit von Schutzgebieten zu steigern. Der Verzicht auf Pestizide in Natura2000-Gebieten, also in Vogelschutzgebieten und in FFH-Gebieten (Fauna-Flora-Habitat-Gebieten), wurde dabei explizit als notwendige Maßnahme genannt.

Schutzgebiete müssen schützen!

Es liegt auf der Hand: Den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide in Vogelschutzgebieten und anderen Schutzgebietskategorien zu verbieten, wäre ein wichtiger Schritt, um Vögel und andere Tiere besser zu schützen. Dies käme nicht nur den gefährdeten Vogelarten zugute, sondern der Natur insgesamt.

Deshalb haben wir vor kurzem eine neue Online-Petition gestartet, die sich genau mit diesem Problem beschäftigt. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich ein umfassendes Pestizidverbot in Schutzgebieten auf den Weg zu bringen.
Bereits rund 15.000 Menschen haben sich mit dieser Forderung an Umweltministerin Lemke und Landwirtschaftsminister Özdemir gewandt.  Werden auch Sie aktiv und unterschreiben Sie hier die Petition:

16.351/20.000 Einträge

Kein Gift in Schutzgebieten!

Mitmach-Aktion

Fordern Sie Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Umweltministerin Steffi Lemke jetzt auf, ein umfassendes Pestizidverbot für Schutzgebiete auf den Weg zu bringen!

Jetzt mitmachen
Jetzt mitmachen

Weitere Meldungen zum Thema

Der Malser Weg: „Wir lassen nicht locker!“

Landwirtschaft

– Das Dorf Mals wollte die erste pestizidfreie Gemeinde Europas werden. Dafür traten die Malser:innen gegen mächtige Gegner an. Nun feiert der „Malser Weg“ sein zehnjähriges Jubiläum. Zeit, nachzufragen: Hat sich der Kampf gelohnt, und wie sieht die Zukunft aus?

Der Malser Weg: „Wir lassen nicht locker!“

Erfolg: Gefährliches Pestizid vor dem Aus!

Landwirtschaft

– Flufenacet, ein weit verbreiteter Unkrautvernichter, könnte bald in der EU verboten werden. Eine Neubewertung durch die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat bestätigt, dass das Pestizid nicht nur das Grundwasser belastet und die Fruchtbarkeit gefährdet, sondern auch den Hormonhaushalt beeinträchtigt.

Erfolg: Gefährliches Pestizid vor dem Aus!

Pendimethalin: Jetzt klagen wir!

Landwirtschaft

– Pendimethalin bedroht nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch unsere Gesundheit – und das direkt vor unserer Haustür und in unseren Wohnungen. Damit das gefährliche Überall-Gift endlich aus unserer Umwelt verschwindet, ziehen wir jetzt vor Gericht.

Pendimethalin: Jetzt klagen wir!
Zurück nach oben