Gruppenfoto Aktion gegen den Energiecharta-Vertrag:

Protestaktion in Brüssel während der ECT-Verhandlungen

Der ECT ist ein aus dem letzten Jahrhundert stammender Investitionsschutzvertrag, der allein in Europa fossile Energien in Höhe von über 344 Milliarden Euro schützt. Konzerne haben den Vertrag in den vergangenen Jahren für milliardenschwere Klagen gegen Staaten genutzt, die aus fossilen Energien aussteigen oder höhere Umweltschutzstandards einführen wollten.

Symbolträchtige ECT-Fälle

  • 2011: Vattenfall verklagt  die Bundesrepublik Deutschland auf 4,3 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen wegen entgangener Gewinne aus zwei seiner Atomkraftwerke wegen des Atomausstiegs. Vattenfall erhält nach einem Vergleich über 1,4 Milliarden Euro Entschädigung für den beschleunigten Atomausstieg – deutlich mehr als die Summe, von der das deutsche Umweltministerium ausgegangen war.
  • 2017: Rockhopper verklagt Italien, weil sich die Regierung weigerte eine Genehmigung für Ölbohrungen im Ombrina-Mare-Feld in der Adria zu erteilen. Das britische Öl- und Gasunternehmen war erfolgreich und gewann. Der italienische Staat wurde zur Zahlung von über 250 Millionen Euro verurteilt.
  • 2019: RWE und Uniper verklagen die Niederlande wegen derer Kohlausstieg. Sie verlangen insgesamt etwa 2,4 Milliarden Euro Entschädigung.
  • 2022: Ascnet Ressources droht Slowenien mit Klagen in Höhe von 120 Millionen Euro, wegen der Ankündigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen. Die Drohungen hatten die Erlaubnis von Fracking-Aktivitäten ohne Umweltprüfung zur Folge

EU-Kommission für ECT-Ausstieg

Nachdem 2022 bereits neun EU-Länder ihren Ausstieg aus dem klimaschädlichen Abkommen verkündeten (Frankreich, Deutschland, Polen, Luxemburg, die Niederlande, Dänemark, Slowenien, Frankreich und Spanien), gab nun endlich auch die EU-Kommission ihren ECT-freundlichen Kurs auf und empfiehlt offiziell den gemeinsamen EU-Ausstieg. 

"Der veraltete Vertrag über die Energiecharta steht nicht im Einklang mit unserem EU-Klimarecht und unseren Verpflichtungen im Rahmen des Pariser Abkommens. Es ist an der Zeit, dass Europa aus diesem Vertrag aussteigt und sich voll und ganz auf den Aufbau eines effizienten und wettbewerbsfähigen Energiesystems konzentriert, das Investitionen in erneuerbare Energien fördert und schützt”.

Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans

Nach Jahren des Protests und der Aufklärungsarbeit, die wir gemeinsam mit Organisationen in ganz Europa geleistet haben, ist es für uns ein großer Erfolg, dass sich jetzt auch in den Brüsseler Behörden die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass ein Austritt aus dem klimaschädlichen Energiecharta-Vertrag unausweichlich ist.

Letztlich nennt die EU-Kommission zwei Gründe, für ihre Entscheidung:

  1. Sei sie nicht in der Lage gewesen, den Vertrag zu modernisieren.
  2. Der nicht-modernisierte Vertrag sei mit der Autonomie des EU-Rechts und den Umweltschutzzielen der EU unvereinbar.

Dass die EU nicht in der Lage war, eine Zustimmung zum “modernisierten” Vertrag zu erreichen, lag an den Veto-Stimmen aus Deutschland, Frankreich, Spanien und den Niederlanden. Das war wichtig, denn was als modernisierter Vertrag verkauft wurde, war nicht mehr als Greenwashing. Kein einziges Ziel der EU, wie etwa die Abschaffung des Investitionsschutzes für Fossile, wurde erreicht.

 

Wie es jetzt weitergehen muss

Kurz nachdem die EU-Kommission ihre Entscheidung bekannt gegeben hat, verkündete auch Irland als zehntes EU-Land, den ECT zu verlassen. Ähnliche Stimmen hören wir aus Österreich. Damit wird die Allianz der progressiven Länder, die aus dem Vertrag aussteigen, immer größer. Trotzdem ist eine qualifizierte Mehrheit im Rat der Europäischen Union noch nicht selbstverständlich. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission muss dieser noch offiziell zustimmen. Ebenso wie das EU-Parlament. Dort jedoch ist uns die Abstimmung sicher, denn das EU-Parlament sprach sich bereits vergangenen November für den Ausstieg aus. Wir werden also weiter dran bleiben und Sie auf dem Laufenden halten.

Zombieklausel adé?

Neben ihren Empfehlungen zum Ausstieg stellte die Kommission fest, dass die Verfallsklausel – eine Klausel, die es internationalen Investoren auch nach Austritt weitere 20 Jahre ermöglicht, Staaten zu verklagen – nie für EU-interne Streitigkeiten gegolten hätte und daher auch in Zukunft nicht gelten wird. Um sicher zu gehen, schlägt sie dennoch ein Abkommen vor, dass die EU, Euratom sowie die EU-Mitgliedstaaten schließen sollen, in dem klargestellt wird, dass innergemeinschaftliche Streitigkeiten vom Anwendungsbereich des ECT (und der Verfallsklausel) ausgeschlossen sind. Damit kam die Kommission zum selben Ergebnis wie Rechtsgutachten und folgt dessen Empfehlung.

DANKE!

Neben den täglich auf uns einprasselnden schlechten Nachrichten dürfen wir nicht vergessen, unsere Erfolge zu feiern. Wenn es uns wirklich gelingt, dass die EU nach der Sommerpause aus dem ECT aussteigt, haben wir es geschafft, den Investitionsschutz für fossile Energien im Wert mehrerer hundert Milliarden Euro zu entwerten. Und gleichzeitig ist uns ein großer Schlag gegen undemokratische Schiedsgerichte gelungen. 

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