Der Weg in eine verkehrte Landwirtschaft

Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ist ein Treiber der industriellen Landwirtschaft und blockiert die dringend notwendige Agrarwende.

Warum der Anbau genmanipulierter Pflanzen problematisch ist

Riesige Monokulturen, massenhafter Einsatz von Herbiziden, Verlust von Artenvielfalt auf dem Acker, Landraub, Abholzung tropischer Regenwälder und vieles mehr. Die Liste der negativen Folgen vom Anbau genmanipulierter Pflanzen ist lang.

Was ist ein gentechnisch veränderter Organismus (GVO)?

  • Insektenabwehr Mit einem Gen des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) ausgerüstet, produzieren Pflanzen permanent ein bakterielles Gift, das bestimmte Schadinsekten abtöten soll.
  • Glyphosatverträglichkeit Pflanzen werden unempfindlich gegen Pflanzenvernichtungsmittel wie Glyphosat gemacht. Beim Spritzen zerstören diese Totalherbizide alles pflanzliche Leben. Nur die genmanipulierten Pflanzen überleben.
  • Trockenheitstoleranz Die neusten gentechnisch veränderten Maissorten der Firma Monsanto sollen eine höhere Trockentoleranz aufweisen.

Werden genmanipulierte Pflanzen auch in Deutschland angebaut?

Wenige Jahre wurde der Bt-Mais von Monsanto (MON810) auch in Deutschland kommerziell angebaut – fast ausschließlich in den neuen Bundesländern. Wegen der großen Widerstände wurde nach und nach ein hoher Prozentsatz der ursprünglich gemeldeten Flächen zurückgezogen, in Bayern bis zu 90 Prozent. Im Jahr 2007 gab es neue Forschungserkenntnisse, nach denen die Maisvariante schädlich für Nichtzielorganismen wie Marienkäfer ist. Dies war Anlass zunächst für ein Vertriebsverbot und schließlich auch für das Anbauverbot des MON810 im Frühjahr 2009. Spanien und Portugal sind die einzigen Länder in der EU, die den Mais bis heute anbauen. 2020 waren es 98.152 ha in Spanien und 4216 ha in Portugal, der Trend ist aber auch hier rückläufig.

Im März 2010 wurde die zweite genmanipulierte Feldfrucht in Deutschland zum Anbau zugelassen: die BASF Kartoffel Amflora. Diese Kartoffeln bilden ein für die Papier- und Textilstoffindustrie optimiertes Verhältnis von Stärke aus und tragen zusätzlich ein Antibiotikaresistenzgen. Angebaut wurden sie in Europa nur für kurze Zeit in 3 Ländern. 2013 wurde die Zulassung in der EU dann wegen einem Verfahrensfehler während des Zulassungsprozesses zurückgenommen. BASF stellte die Vermarktung ein, da weder Verbraucher:innen noch Landwirt:innen damals ein Interesse an genmanipulierten Lebensmitteln hatten.

Anbaufläche MON810 in Deutschland (2005 bis 2010)

BT-MAIS IN DEUTSCHLAND *
JAHR ANBAUFLÄCHE  (HA) URSPRÜNGLICH GEMELDET (HA)
2005 342 1087
2006 945 2004
2007 2684 3623
2008 3177 4577
2009 Anbauverbot 3600
2010 Anbauverbot 1050

 
*Genmanipulierter Mais wurde fast ausschließlich in Ostdeutschland angebaut.

Was sind Freisetzungsversuche?

Vor dem kommerziellen Anbau müssen sogenannte Freisetzungsversuche durchgeführt werden. Bei solchen Versuchen testen Konzerne gentechnisch veränderte Laborpflanzen im Freiland. Allein in Deutschland erhielten zwischen 1990 und 2013 rund 200 Freisetzungsversuche mit transgenen Pflanzen eine Genehmigung. Seit 2013 wurden keine Freilandversuche mehr in Deutschland zugelassen, weil die bestehende Regulierung für Freisetzungsversuche ein Genehmigungsverfahren mit der Möglichkeit demokratischer Beteiligung erfordert. Sowohl die gesetzlichen Auflagen als auch die anhaltenden Proteste – unter Beteiligung des Umweltinstituts – und die breite gesellschaftliche Ablehnung führten zum Stopp des Versuchsanbaus.

Massenhafte Importe – Soja und Mais als Futterpflanzen

In Deutschland werden genmanipulierte Pflanzen derzeit zwar weder angebaut noch freigesetzt, doch importieren wir sie massenhaft. Vor allem Soja, Mais und Raps, aber auch Baumwollsaat und Zuckerrübenschnitzel. Allen voran genmanipuliertes Soja landet in den Mägen unserer Schweine, Rinder und Hühner. Die EU importiert jährlich etwa 14 Millionen Tonnen Sojabohnen meist aus Argentinien, Brasilien, Paraguay und den USA. 100 Prozent der argentinischen, 99 Prozent der paraguayischen, 96 Prozent der brasilianischen und 94 Prozent der US-amerikanischen Sojabohnen sind dabei genmanipuliert.  Von den europäischen Soja-Importen werden jährlich zwischen vier und sechs Millionen Tonnen Sojaprodukte an Tiere in Deutschland verfüttert. Allein für deutsche Nutztiere wird Soja folglich weltweit auf einer Fläche von etwa 37 Mal der Fläche des Bodensees angebaut. Und das, obwohl es regionale Alternativen  gibt, wie zum Beispiel in Europa angebautes Soja, Sonnenblumen, Raps, Ackerbohnen, Erbsen, Klee, Rübsen oder Lupinen.

Ähnlich sieht es beim Import von Genmais aus, der ebenfalls als Lebens- und Futtermittel in der EU zugelassen ist. 36 verschiedene Sorten werden derzeit importiert, von welchen einige gleich mehrere Varianten von Bt-Giften, die gegen unterschiedliche Schädlinge gerichtet sind, produzieren. Viele dieser Maisvarianten sind zusätzlich resistent gegen mehrere Herbizide wie zum Beispiel Glyphosat und Glufosinat. Hergestellt und vertrieben werden sie von den Großkonzernen Bayer/Monsanto, Syngenta/Chem China, Dow AgroSciences /DuPont/Pioneer (Corteva Gruppe) und BASF. Die verschiedenen Gen-Maissorten werden weltweit in circa 20 Ländern angebaut, hauptsächlich in den USA, Brasilien, Kanada, Argentinien und Südafrika. Die Anbaufläche entspricht circa 30 Prozent des weltweit angebauten Maises.

Optimierte Bäume für die Industrie


Doch nicht nur Ackerpflanzen stehen im Fokus der Gentechnik-Industrie. Seit 1988 finden weltweite Freisetzungsversuche mit genmanipulierten Bäumen statt. Auch in Deutschland gab es bis 2005 vier Freilandversuche mit genmanipulierten Pappeln. Weltweit gesehen sind für den kommerziellen Anbau inzwischen gentechnisch veränderte Pappeln (China), Pflaumen (USA), Papaya (USA, China, Japan), schnell wachsender Eukalyptus (Brasilien) und nicht braun werdende Äpfel (USA, Kanada) zugelassen. Forscher:innen wollen Bäume durch Genmanipulationen für die Bewirtschaftung in großen Monokulturen „optimieren“. Zum Beispiel durch das ständige Ausscheiden von Insektengiften durch Bt-Bäume. Schon mit mindestens 24 verschiedenen Baumarten wurde experimentiert. Die Papier-, Energie- und Agrospritindustrie forciert besonders Versuche, schnell wachsende Nutzhölzer, wie Pappeln und Eukalyptus, gentechnisch so zu verändern, dass die Verarbeitung kostengünstiger wird. Kiefer und Fichte, aber auch Obstgehölze wie Apfel, Birne, Kirsche und Pflaume zählen zu den Versuchsobjekten.

Eine breite Debatte über den Anbau manipulierter Bäume ist angesichts der hohen Risiken dringend notwendig. Bereits 2006 kamen die Mitgliedsstaaten der UN-Konvention zu biologischer Vielfalt überein, dass von einem Anbau von Gen-Bäumen erhebliche soziale und ökologische Risiken ausgehen, insbesondere auf die globale Waldbiologie sowie auf die Lebensgrundlagen indigener und lokaler Lebensgemeinschaften.

Versprochen und nicht gehalten


Die Versprechungen der großen Gentechnik-Konzerne waren und sind bis heute groß, wie die Bekämpfung des Welthungers, Einsatz von weniger Spritzmitteln oder der Anpassung von Pflanzen an die Folgen des Klimawandels. Doch diese Versprechen konnten bisher nicht erfüllt werden und blockieren die dringend notwendige, umfassende Agrarwende. Denn anstatt ganzheitliche Lösungen für die Bekämpfung des Klimawandels und des Artensterbens zu suchen, wird auf vermeintlich einfache, technische Lösungen gesetzt.

Unsere Kritikpunkte:

1. Massenhafter Pestizideinsatz.

In den Anbauländern leiden Menschen, Tiere und Umwelt direkt unter den Auswirkungen der Gifte und unter dem großflächigen Anbau von Gen-Pflanzen. Denn Pflanzen, die resistent gegen Herbizide gemacht wurden, werden massenhaft mit Ackergiften besprüht - häufig mit Flugzeugen aus der Luft. Jährlich regnen mehr als 300 Millionen Liter des glyphosathaltigen Pestizids Roundup allein auf Argentinien nieder. Da der Einsatz von Ackergiften mit dem Flugzeug sehr unpräzise ist, werden auch Siedlungen und Äcker von Kleinbäuerinnen und -bauern getroffen und deren Ernte vernichtet. Die sozialen und gesundheitlichen Folgen sind dramatisch.

2. Riesige Monokulturen.

Die genmanipulierten Pflanzen werden in riesigen Monokulturen angebaut, was einen hohen Pestizid- und Düngemitteleinsatz erfordert. So werden Grundwasser und Böden zusätzlich belastet.

3. Zerstörung der Artenvielfalt.

Insekten nehmen aus der Luft, dem Wasser und den Pflanzen unzählige Gifte auf. Nutzinsekten werden dadurch in hohem Maße geschädigt. Und damit auch Tiere entlang der Nahrungskette, wie beispielsweise Vögel. Zudem werden für viele Tiere die Nahrungsgrundlagen zerstört, wenn Totalherbizide wie Glyphosat großflächig ausgebracht werden, die jegliche Pflanze abtöten. Für die Anbauflächen werden außerdem Urwälder abgeholzt und brandgerodet, was sowohl für das Weltklima als auch die Artenvielfalt eine Katastrophe darstellt.

4. Resistenzen.

Durch den dauernden Kontakt mit dem Insektengift der Bt-Pflanzen können Schadinsekten Resistenzen ausbilden. Auch bei Ackerbeikräutern hat beispielsweise der massenhafte Einsatz von Glyphosat auf den Sojafeldern Südamerikas Resistenzen zur Folge. Die hochgiftigen Pestizide, auf die demzufolge zurückgegriffen wird, haben durch importierte Pflanzen auch auf Nutztiere und Verbraucher:innen in der EU Auswirkungen.

5. Nicht rückholbar.

Eine Verunreinigung der Umwelt mit genmanipulierten Organismen kann nicht verhindert werden. Einmal in die Natur entlassen, sind genveränderte Organismen nicht mehr rückholbar. Besonders problematisch sind genmanipulierte Bäume, da sie eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten haben: In dieser Zeit können sie ihr manipuliertes Erbgut über sehr weite Distanzen verbreiten. Pollen und Samen verschiedener Baumarten wurden z.B. noch in bis zu 3000 km Entfernung gefunden. Bäume produzieren darüber hinaus meist gewaltige Mengen an Samen – Pappeln bis zu 50 Millionen pro Jahr.

6. Fehlende Koexistenz.

Kulturpflanzen vermehren sich durch Pollen, die von Wind oder Insekten (und seltener auch Wirbeltieren) verbreitet werden. Bienen und Hummeln fliegen kilometerweit, der Wind bringt sogar Staub aus der Sahara über die Alpen. Der Einsatz von genmanipulierten Pflanzen in der Landwirtschaft führt daher mit der Zeit unaufhaltsam zu einer Verbreitung der neuen Gene auch im Erbgut von Pflanzen, die nicht gentechnisch bearbeitet wurden. Eine Koexistenz von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft ist daher unmöglich. Zudem gefährdet die Verunreinigung wilder Sorten durch Auskreuzung und Pollenflug die wichtigsten Grundnahrungsmittel der Menschheit.

7. Verschärfung sozialer Konflikte

in Ländern Lateinamerikas durch Landraub und Bedrohung indigener Bevölkerung.

8. Blockade der dringend notwendigen Agrarwende.

Der Fokus auf die so genannten „technologischen Innovationen“, wie die Gentechnik-Methoden gerne genannt werden, verbaut den Weg zur dringend benötigten Ökologisierung der Landwirtschaft.

9. Weitere Machtkonzentration und Abhängigkeit von Großkonzernen.

Durch Patente auf Pflanzen und Tiere wird die züchterischen Arbeit, welche Landwirt:innen auf der ganzen Welt seit Jahrtausenden leisten, zu Privateigentum. Die Vielfalt bei Nutzpflanzen und -tieren wird eingeschränkt, Auswahl und Preise werden diktiert - die gesamte Lebensmittelproduktion wird durch die Industrie kontrolliert. Bäuerinnen und Bauern geraten in die Abhängigkeit von Saatgut- und Chemiekonzernen und die Monopolisierung des Saatgutmarktes verdrängt zudem regionale Sorten. Den wirtschaftlichen Nutzen haben die wenigen Firmen, die die Agrar-, Chemie und Pharmamärkte weltweit beherrschen.

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