Lieferkettengesetz: Unternehmen müssen mehr Verantwortung übernehmen
Ende Februar hat die europäische Kommission ihren Entwurf für ein Lieferkettengesetz vorgelegt. Mit dem Gesetz sollen Unternehmen in Europa dazu verpflichtet werden, ihre Lieferketten auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zu überprüfen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ein wichtiger und längst überfälliger Schritt, gerade für Wirtschaftsbereiche wie die Textilindustrie, in denen die Ausbeutung von Menschen und Umwelt überwiegend zum Geschäftskonzept gehören.
Hohe Gewinne, wenig Verantwortung
Mit dem Motto „möglichst viel für wenig Geld“ erzielen europäische Textilunternehmen wie C&A oder Zara jedes Jahr Milliardengewinne. Möglich ist das nur durch eine komplett ausgelagerte Produktion der Kleidung in Niedriglohnländer wie China, Indien oder Bangladesch. Was für uns in Europa unvorstellbar erscheint, ist in diesen Ländern tägliche Realität. Hochgiftige Chemikalien werden ungefiltert in Flüsse, Seen und Meere geleitet, Frauen und Kinder arbeiten bis zur Erschöpfung in völlig ungeregelten Arbeitsverhältnissen für einen Hungerlohn und Proteste für bessere Arbeitsbedingungen sowie die Bildung von Gewerkschaften werden gewaltsam unterbunden.
Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung
Durch das europäische Lieferkettengesetz müssen sich die Unternehmen in Zukunft genauer damit auseinandersetzen, von wem und unter welchen Umständen sie ihre Waren produzieren lassen. Dabei geht der europäische Gesetzentwurf in einigen Punkten über das im letzten Jahr verabschiedete deutsche Lieferkettengesetz hinaus: Er deckt die gesamte Lieferkette ab und nicht nur die direkten Zuliefer:innen. Er sieht eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen vor. Das heißt, Betroffene können Unternehmen auf Schadensersatz verklagen. Und er nimmt bereits Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter:innen in die Pflicht. In den Risikosektoren Textil, Landwirtschaft und Bergbau greift das Gesetz bereits ab 250 Mitarbeiter:innen.
Unternehmen noch stärker in die Pflicht nehmen
Doch auch bei dem europäischen Entwurf gibt es große Lücken, die es den Unternehmen ermöglichen, weiterhin Gewinne auf Kosten von Menschen und Umwelt zu machen. Gerade einmal ein Prozent aller Unternehmen in der EU sind so groß, dass sie überhaupt von dem Gesetz betroffen sind. Außerdem sieht der Entwurf vor, die Sorgfaltspflicht der Unternehmen nur bei langfristigen Geschäftsbeziehungen einzufordern. Das ist geradezu eine Einladung an die Firmen, ihre Zuliefer:innen häufig zu wechseln und so das Gesetz zu umgehen. Weiterhin bleibt abzuwarten, ob es Geschädigten in der Praxis tatsächlich gelingen wird, erfolgreich Schadensersatzansprüche einzuklagen. Und auch beim Umweltschutz geht der europäische Entwurf nicht weit genug. Wie beim deutschen Lieferkettengesetz sieht er keine klimabezogenen Sorgfaltspflichten vor.
Auch Konsument:innen können Einfluss nehmen
Es ist also noch ein sehr langer Weg hin zu einem gerechten Welthandel, in dem weder Menschen noch Tiere und Umwelt ausgebeutet werden. Klare rechtliche Leitplanken sind auf diesem Weg unerlässlich. Doch auch unser Konsumverhalten hat einen Einfluss darauf, unter welchen Bedingungen Waren produziert werden. Bereits jetzt gibt es Unternehmen, die freiwillig ihre Sorgfaltspflicht sehr ernst nehmen und hohe soziale und ökologische Ansprüche an ihre Produkte stellen. In unserem Slow Fashion Ratgeber haben wir die besten Tipps für einen nachhaltigen Kleiderkonsum zusammengestellt. Hier finden Sie auch eine Übersicht der gängigsten Textilsiegel mit einer Beschreibung und Bewertung ihrer Kriterien.
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