Symbolbild Wasserstoff

Die geplanten LNG-Lieferungen sind groß, über das "grüne" Gas ist bisher aber wenig bekannt

Aktuell importiert Deutschland 55 Prozent seines fossilen Gases aus Russland. Das soll sich möglichst schnell ändern. Einerseits will man Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mitfinanzieren, andererseits ist unklar, wie zuverlässig Russland weiterhin Gas liefert. Dabei will Wirtschaftsminister Robert Habeck verstärkt auf verflüssigtes Erdgas (LNG) setzen, das per Schiff geliefert wird. Denn das vergrößert die Auswahl potentieller Lieferanten.

  • Was ist LNG? LNG steht für „Liquefied Natural Gas“, also fossiles Erdgas, das verflüssigt wurde und somit platzsparend auf Tankern transportiert werden kann. Durch diese Technik ist es möglich, Gas aus Ländern zu importieren, die nicht per Pipeline mit Deutschland verbunden sind. Für die Verflüssigung muss das Gas zuerst auf -161°C abgekühlt werden und am Zielort dann wieder in den gasförmigen Zustand überführt werden. Dabei geht viel Energie verloren, auch der Transport über weite Strecken kostet Energie und verschlechtert die Klimabilanz des Energieträgers.

Neue Lieferanten sollen verflüssigtes Gas liefern

30 Prozent des in Deutschland verbrauchten fossilen Gases kommt bereits jetzt aus Norwegen. Über neue LNG-Lieferungen soll dies zwar ausgebaut werden, doch viel mehr kann Norwegen nicht liefern. Katar hingegen ist weltweit führend am LNG-Markt und könnte seine Produktion noch steigern. Eine frisch unterzeichnete Energie-Partnerschaft soll darum für zukünftige Lieferungen nach Deutschland sorgen. Dennoch ist kurzfristig wenig Entlastung aus Katar zu erwarten: Über 90 Prozent des katarischen LNG wird im Rahmen langfristiger Verträge nach Asien geliefert. Der Energieminister des Landes dämpfte deshalb die Erwartungen und erklärte, erst ab 2025 könne deutlich mehr LNG nach Europa transportiert werden.

Aus den USA könnte Flüssiggas schon früher kommen: Präsident Biden versprach die Lieferungen in die EU schon dieses Jahr zu erhöhen. Im Gegenzug garantiert die EU eine stabile Nachfrage bis 2030. Trotz Umweltbedenken will die US-Regierung auch neue Bohrlizenzen vergeben; ein großer Teil des LNG aus den USA wird mittels Fracking gewonnen (Mehr zu Fracking lesen sie hier).

Die Jahreszahlen dieser Vereinbarungen zeigen: Bei den aktuellen Bemühungen geht es nicht nur um eine sichere Versorgung für die nächsten Monate, sondern auch um langjährige Handelsbeziehungen. Fossiles Gas soll auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Wasserstoff: Pilotprojekte mit fossilem Gas

Im gleichen Atemzug mit fossilen Lieferverträgen, wird aber stets auf eine zukünftige Zusammenarbeit bezüglich alternativer Gase wie Wasserstoff verwiesen. Meist blieben diese Ankündigungen sehr vage. Lediglich beim Besuch in den Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wurden auch Verträge über sehr konkrete Projekte geschlossen. Deutsche Firmen wollen mit Partnern vor Ort erproben, wie Wasserstoff-basierte Energieträger nach Deutschland geliefert werden können

  • Uniper (ehemals Teil von E.ON) wird gemeinsam mit der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) den Transport von Wasserstoff nach Wilhelmshaven mittels LOHC per Schiff proben. Bei dieser Technik wird Wasserstoff chemisch an ein Öl gebunden, was den Transport des Gases erleichtert.
  • Der Hamburger Kupfer-Hersteller Aurubis sowie die Energie-Unternehmen RWE, Getec und STEAG haben mit ADNOC außerdem die Lieferung von Ammoniak (NH3) vereinbart, der ebenfalls aus Wasserstoff hergestellt wird.
  • Siemens Energy und Lufthansa wollen mit Partnern Kerosin aus Wasserstoff herstellen.

Es geht dabei aber um vergleichsweise kleine Pilotprojekte, um erste Erfahrungen zu sammeln. Mit LNG-Lieferungen sind sie mengenmäßig nicht vergleichbar. Und auch bei der Klimabilanz gibt es große Einschränkungen: Die ersten beiden Projekte sollen mit so genanntem blauem Wasserstoff durchgeführt werden, ein Wechsel auf nachhaltigen Wasserstoff aus Ökostrom soll erst später erfolgen. Blauer Wasserstoff wird aus fossilem Gas hergestellt. Das dabei anfallende CO2 wird abgespalten und eingelagert. Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Produktion mit hohen Methanemissionen einhergeht und das Klima daher ähnlich stark belastet wie die direkte Nutzung von Erdgas.

Wasserstoff darf nicht über Weichenstellungen hinwegtäuschen

Unterdessen laufen in Deutschland die Vorbereitungen für mehr LNG-Lieferungen auf Hochtouren. Bisher wurde LNG nach Deutschland nur über Häfen in Nachbarstaaten geliefert, nun sollen eigene Terminals gebaut werden. Darum unterstützt die Bundesregierung das geplante LNG-Terminal im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel über die KfW-Bank. Niedersachsen forderte darüber hinaus, vier weitere Terminals im eigenen Bundesland zu bauen, auch in Mecklenburg-Vorpommern wird über ein eigenes Terminal diskutiert. Da der Bau solcher Terminals mehrere Jahre dauern wird, kündigte Habeck außerdem die Beschaffung dreier Spezialschiffe an, die als temporäre Terminals dienen sollen. Möglicherweise könnten diese schon im nächsten Winter einsatzbereit sein.

Der verständliche Wunsch nach Versorgungssicherheit für den nächsten Winter darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Projekte die Weichen für die nächsten Jahrzehnte stellen. LNG-Terminals sind teuer und müssen Jahrzehnte laufen, um lukrativ zu sein. Der Wirtschaftsminister Schleswig-Holsteins forderte kürzlich eine politische Garantie, dass das Terminal in Brunsbüttel mindestens 20 Jahre laufen werde. Bei einer Bauzeit von drei Jahren wäre das eine Garantie über 2045 hinaus, zu diesem Zeitpunkt soll Deutschland laut Bundesregierung schon klimaneutral sein.

Für das Klima wären sechs deutsche LNG-Terminals ein Fiasko. Darüber können auch Experimente zum Transport von Wasserstoff nicht hinwegtäuschen.

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