Ein Bach, der durch eine Agrarlandschaft fließt

In Bächen, die wie hier durch Agrarlandschaften fließen, werden die Grenzwerte für Pestizidrückstände oft stark überschritten.

Alarmierende Ergebnisse für Kleingewässer

Bereits 2021 wurden Ergebnisse des deutschlandweit ersten Monitorings von Kleingewässern auf Pestizidbelastung veröffentlicht. Die Ergebnisse waren schockierend: In 80 Prozent der untersuchten Bäche überschritten die gemessenen Pestizidrückstände die gesetzlichen Grenzwerte! Und das, obwohl die Ergebnisse sogar zeigten, dass diese Grenzwerte in der Regel zu hoch angesetzt sind.

Das Kleingewässermonitoring offenbart, dass Bäche in deutschen Agrarlandschaften nicht ausreichend geschützt werden. Die Auswirkungen sind besonders gravierend, da es sich bei diesen Gewässern um sogenannte ökologische Hotspots handelt, die viele Tier- und Pflanzenarten beheimaten und wichtige ökologische Funktionen erfüllen. Durch die hohe Pestizidbelastung sind mehr als 80 Prozent der untersuchten Gewässerabschnitte in einem mäßigen bis schlechten ökologischen Zustand.

Pestizideinsatz auf umliegenden Äckern belastet Gewässer

Nun wurde ein neuer Bericht vom Umweltbundesamt veröffentlicht, in dem die Auswertung um einen entscheidenden Faktor ergänzt werden konnte: Die Pestizid-Anwendungsdaten der flussaufwärts liegenden landwirtschaftlichen Flächen. Da die Spritzdaten von Landwirt:innen in Deutschland nicht erfasst werden, mussten sie bei den zuständigen Behörden erst angefordert und teils sogar eingeklagt werden. Das mit der Untersuchung beauftragte Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) hat die Messergebnisse in den Bächen mit den Pestizid-Einsatzdaten verknüpft – ein unglaublicher Zusatzgewinn an Information und aufgrund der Intransparenz bei Pestizidanwendungen ein absolutes Novum!

Die Ergebnisse der neuen Auswertung zeigen einen deutlichen Zusammenhang: Je mehr Pestizide auf den umliegenden Äckern ausgebracht werden, umso höher sind die Pestizidkonzentrationen in den Gewässern. Denn die ausgebrachten Pestizide werden bei Regen abgewaschen und in Gräben und Bäche gespült. Von hier gelangen die giftigen Substanzen in immer größere Gewässer und gefährden auch dort die Trinkwasserqualität und den Lebensraum vieler Pflanzen und Tiere.

Pestizidanwendungen müssen endlich veröffentlicht werden!

Die Untersuchung ist die erste dieser Art, auch wenn der Zusammenhang zwischen Pestizidausbringung und Rückständen in der Umwelt wenig überrascht. Doch bisher sind Pestizid-Anwendungsdaten in Deutschland kaum zugänglich. Zwar sind alle Landwirt:innen in der EU gesetzlich verpflichtet, genau zu dokumentieren, was sie auf ihren Feldern spritzen – die Informationen werden aber in Deutschland von keiner Behörde erfasst. Das bedeutet natürlich auch, dass sie weder veröffentlicht noch ausgewertet werden. Aktuell weiß dementsprechend niemand außer den jeweiligen Landwirt:innen selbst, wie hoch die tatsächliche Ausbringung von Pestiziden in die Umwelt ist. Das muss sich dringend ändern!

Die Informationen, welche Pestizide wann, wo und in welcher Menge und Kombination in die Umwelt gelangen, müssen endlich digital erfasst und umfassend veröffentlicht werden.

Denn die enorme Datenlücke stellt Wissenschaftler:innen vor große Probleme: Um die tatsächlichen Auswirkungen des Pestizideinsatzes auf Umwelt und Gesundheit angemessen untersuchen zu können, müssten sie Zugriff auf die Spritzdaten haben. Ohne sie können bislang weder die Wirksamkeit von vorgeschriebenen oder freiwilligen Schutzmaßnahmen, noch die realen Risiken der Pestizidwirkstoffe realistisch bewertet werden.

Und auch Privatpersonen haben ein Anrecht darauf, zu erfahren, welche Pestizide eingesetzt werden. Es handelt sich bei den Anwendungsdaten der Landwirt:innen schließlich um Umweltinformationen, die für Jede:n zugänglich gemacht werden müssen.

Warum ist die Digitalisierung der Spritzdaten wichtig?

Um an die Daten über Pestizideinsätze zu gelangen, muss man bislang komplizierte Anträge bei den zuständigen Behörden stellen und wird dennoch oftmals abgewiesen – schlicht und einfach, weil die Behörden die Daten selbst nicht vorliegen haben. Seit der Verwaltungsgerichtshof Mannheim 2021 in zweiter Instanz bestätigt hat, dass die Daten auf Anfrage zugänglich gemacht werden müssen, ist es in den meisten Bundesländern etwas leichter geworden, an die Spritzdaten zu gelangen. Aber in der Regel bekommt man dann einen riesigen Stapel teils unleserlicher, handschriftlicher Kopien überreicht, dessen Digitalisierung und Auswertung extrem aufwändig ist, wie auch wir breits erfahren mussten.

Aus diesem Grund konnten die Wissenschaftler:innen den Zusammenhang zwischen landwirtschaftlichen Pestizidanwendungen und Rückständen in den Gewässern auch in dem oben erwähnten Bericht nur an zwölf ausgewerteten Messstellen zeigen. Eine Digitalisierung der Pestizidanwendungen rund um weiterer Messstellen wäre zu aufwändig gewesen.

Wir kämpfen für ein umfassendes Pestizideinsatz-Register

In ihrem Koalitionsvertrag hat die deutsche Regierung zwar ein „digitales Herkunfts- und Identifikationssystem Pflanzenschutz“ versprochen. Ob, wann und in welcher Form dieses umgesetzt wird, ist jedoch ungewiss. Damit das versprochene System keine Enttäuschung wird, setzen wir uns mit Ihrer Hilfe intensiv dafür ein, dass baldmöglichst alle Pestizidanwendungen in Deutschland öffentlich eingesehen werden können – und zwar bereits kurz, nachdem sie stattgefunden haben.

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