Beispiele für solche Sicherheitsprobleme gibt es viele: Von undichten Atommüllfässern, der fehlenden Möglichkeit, die Fässer und Container auf Schäden zu überprüfen bishin zum baldigen Auslaufen der Genehmigungen für Lagerstätten, ohne dass die weitere Lagerung geklärt ist. Auf 468 Seiten zeigt „Atommüll – eine Bestandsaufnahme für die Bundesrepublik Deutschland“ eindringlich, dass drängende Probleme noch immer nicht ausreichend angegangen werden.

Landkarte (schematisch) mit roten Pins mit Radioaktivitäts-Warnzeichen

Landkarte (schematisch) mit roten Atom-Pins: Die Probleme mit dem Atommüll in Deutschland sind vielschichtig.

Ungewollte Verantwortung für Atommüll

Als Teil der Anti-Atom-Bewegung wollten wir diesen Müll eigentlich nie haben. Dennoch müssen wir uns der Verantwortung stellen, damit die Probleme des Atommülls in möglichst geringem Umfang auf künftige Generationen abgewälzt werden. Die neue Recherche ist ein Beitrag, diese Verantwortung zu übernehmen. Denn um Probleme anzugehen, müssen wir sie benennen. Damit erledigen wir eine Aufgabe, die eigentlich von den Verantwortlichen aus Staat und Industrie getragen werden müsste.

Schieflagen in der Atommüllpolitik Deutschlands

Wer es genau wissen will, dem sei die Lektüre des Buchs „Atommüll – Eine Bestandsaufnahme für die Bundesrepublik Deutschland“ empfohlen. Samt Beilage (Standorte-Plakat A 1, beidseitig bedruckt) kann es für 30.- Euro zzgl. 5,50 Euro Versandkosten unter info@atommuellreport.de bestellt werden. Für weitere Informationen besuchen Sie die Website des Projekts Atommüllreport.
Im Folgenden stellen wir anhand einiger besonders prägnanter Beispiele heraus, an welchen Stellen die Atommüllpolitik in Deutschland verbesserungswürdig ist.

Landessammelstelle Leese, Niedersachsen

In Leese, 45 Kilometer nordwestlich von Hannover, betreibt die Braunschweiger Firma Eckert und Ziegler im Unterauftrag für das Land Niedersachsen die Landessammelstelle. Seit Jahren lagert der Müll dort zusammengepfercht in alten Bunkeranlagen. Vor wenigen Jahren wurden Blähfässer entdeckt. Manche Fässer in der untersten Lage waren vom Gewicht der darüber gestapelten Fässer schon eingedrückt. Wenn die Fässer dabei undicht werden droht die Kontaminierung der Umgebung mit dem radioaktiven Inhalt. Die Sanierung zieht sich seit Jahren hin.

Der Pachtvertrag für das Atommülllager ist für 2030 gekündigt. 2028 sollen die Fässer abtransportiert werden, um genügend Zeit zu haben, das Gebäude freizumessen. Wohin der Atommüll dann kommt, bleibt unklar. Das zuständige Niedersächsische Umweltministerium sieht darin kein Problem. Der Müll könne im Schacht KONRAD eingelagert werden – doch KONRAD wird 2028 nicht in Betrieb sein. Zudem braucht es Zeit, die Abfallgebinde für eine Einlagerung in ein Bergwerk zu „konditionieren“, also zum Beispiel in Container zu verpacken. Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie kurzsichtig die Atomaufsicht in Deutschland agiert.

Atom-Sondermüll aus Garching und Jülich

Der Müll aus Atomforschungszentren und Testreaktoren bringt besondere Anforderungen mit sich. Besonders problematisch ist der hochangereicherte Uranmüll aus dem Versuchsreaktor AVR in Jülich und dem Garchinger Forschungsreaktor FRM II, der für Atomwaffen missbraucht werden könnte. Der Umgang mit diesem Müll erfordert besondere Schutzmaßnahmen.

Im Atommüll aus Garching ist das Uran in den abgebrannten Brennelementen immer noch zu mehr als 87 Prozent mit spaltbarem Uran-235 angereichert. Der Missbrauch für Atomwaffen kann nur dann ausgeschlossen werden, wenn das Uran verdünnt wird. Diese Abreicherung hat einen zweiten Vorteil: Denn sie kann später in einem Atommüllbergwerk eine nukleare Kettenreaktion verhindern. Dies könnte geschehen, wenn sich die Brennelemente im Lauf der Zeit auflösen und das Uran zu einer kritischen Masse zusammenkommt.

In der Praxis wird das Problem mit dem brisanten Müll einfach verschoben: Castoren aus Jülich und Garching sollen ins Zwischenlager Ahaus. Es ist aber jetzt schon klar, dass in Zukunft weitere Transporte anstehen, denn dieser Atommüll kann in Ahaus gar nicht angemessen behandelt werden. Einen Plan zur Abreicherung gibt es nicht.

Forschungszentrum Karlsruhe

Die radioaktiven Abfälle des Forschungszentrums in Karlsruhe sollten ursprünglich in den 2030er Jahren in den Schacht KONRAD abtransportiert werden. Da die Abfälle jedoch viel kontaminierter sind als ursprünglich gedacht und sich die Inbetriebnahme des Lagers in den Schacht KONRAD weiter verzögert, wird der letzte Müll nach derzeitigen Schätzungen erst im Jahr 2072 abtransportiert. Aktuell lagert der Abfall in einem riesigen Zwischenlager auf dem Gelände der Universität am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Campus Nord.

Nationales Entsorgungsprogramm: bisher ungenügend

Das Bundesumweltministerium überarbeitet derzeit das Nationale Entsorgungsprogramm (Napro), doch viele bekannte Probleme werden darin auch weiterhin ignoriert. So wird etwa nicht auf die Schwierigkeiten beim Umbau des Schacht KONRAD oder die Stilllegung des Atommülllagers Morsleben eingegangen. Besonders skandalös: Das Bundesumweltministerium erkennt zwar an, dass neben KONRAD und einem Lager für hochradioaktive Abfälle ein weiteres, drittes, Lager nötig ist, will sich aber erst in Jahrzehnten darum kümmern.

Die Einlagerung von großen Mengen schwach- und mittelaktiven Atommülls, die auf keinen Fall in Schacht KONRAD gelagert werden können, ist also noch völlig ungeklärt. Das Ministerium hofft, dass der Standort für dieses Lager im Rahmen des jetzigen Standortauswahlverfahrens zusätzlich gefunden wird. Wenn das nicht passiert, will es erst Mitte der 2050er Jahre einen geeigneten Standort suchen.

Die bereits laufende Suche nach einem Atommülllager verzögert sich um Jahrzehnte. Es ist dringend erforderlich, ein Konzept zu entwickeln, das sicherstellt, dass die strahlenden Abfälle über diese lange Zeit hinweg sicher gelagert werden können!

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