Energiewende – Schluss mit fossilen Energien, Ausbau der Erneuerbaren
Um unser Energiesystem in wenigen Jahren klimaneutral umzugestalten, muss zügig in erneuerbare Energien wie Photovoltaik und Windkraft investiert werden.
Die Energiewende ist zentrales Ziel der Umweltbewegung
Die Energiewende gehört zu den zentralen Zielen der Klima-, Umwelt- und Anti-Atomkraftbewegung seit den 1970er-Jahren. Das Ziel: Eine gesicherte Energieversorgung ohne fossile Energieträger und Uran.
Die ökologischen und gesundheitlichen Probleme und Gefahren durch die Energieerzeugung sollen minimiert werden. Auch die extrem hohen Kosten der nicht-nachhaltigen Energiewirtschaft – etwa durch den Klimawandel, Gesundheitsschäden, die Zerstörung von Ökosystemen – sollen nicht länger der Allgemeinheit und zukünftigen Generationen aufgebürdet werden.
Mit der Abkehr von Kohle, Öl, Erdgas und Uran ist auch eine dezentrale Energieversorgung möglich. Das heißt, dass nicht einige wenige Großkonzerne Strom erzeugen und fossile Energieträger bereitstellen, sondern dass auch Gemeinden, Energiegenossenschaften, Landwirt:innen oder auch einzelne Bürger:innen Strom und Wärme produzieren können. Produktion und Verbrauch rücken räumlich näher zusammen, Arbeitsplätze und Wertschöpfung entstehen vor Ort und die Kommunen können besser gestalten.
Stand der Energiewende in Deutschland
Politik, Industrie und Energieriesen haben den Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit die Energiewende jahrzehntelang gebremst: Von einer drohenden „Deindustrialisierung“ Deutschlands und dem Verlust von Hunderttausenden Arbeitsplätzen war und ist teilweise noch heute die Rede, von horrenden Kosten des Netzausbaus, von Energiearmut und vor allem von der Belastung aller Bürger:innen durch die angeblich „untragbaren Kosten“ der Energiewende.
Aufbauend auf der Pionierarbeit von Aktiven aus der Umweltbewegung sind in den vergangenen Jahrzehnten hocheffiziente Techniken entwickelt worden, die aus Wind, Sonne, fließendem Wasser, Biomasse und Erdwärme Strom und Wärme beziehungsweise Kälte erzeugen. Auch bei der Energieeffizienz und beim Energiesparen sind enorme technische Fortschritte zu verzeichnen.
Tatsächlich hat die Energiewende ihren Weg in die deutsche Politik gefunden. Vor über zwei Jahrzehnten beschloss die rot-grüne Bundesregierung das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), mit dem die Nutzung alternativer, regenerativer Energiequellen gefördert wird. Das Gesetz läutete eine energiepolitische Zeitenwende ein. Die Vorarbeit zahlreicher Bürgerenergie-Bewegter seit den 1980er-Jahren fand ihren vorläufigen Höhepunkt in diesem gesetzlichen Ausbaubeschleuniger.
Zu kleine Fortschritte
2020 stammte in Deutschland erstmals mehr als die Hälfte des erzeugten Stroms aus Erneuerbaren Energien. Nach Berechnungen des Fraunhofer ISE trugen Sonne, Wind, Wasser und Biomasse 50,5 Prozent zum deutschen Strommix bei. Aktuelle Daten sind im Projekt Energy Charts aufgearbeitet.
Der wachsende Einsatz Erneuerbarer Energien hat maßgeblich dazu beigetragen, dass zwischen 1990 und 2020 die deutschen Treibhausgasemissionen um rund 41 Prozent gesunken sind. Damit hat Deutschland sein Klimaschutzziel für 2020 zwar erreicht, allerdings nur „mithilfe“ zweier Lockdowns. Ohne die Corona-Einschränkungen bei Produktion und Mobilität wäre die Bundesregierung an den eigenen Zielen gescheitert. Außerdem problematisch: Der deutsche Bruttoendenergiebedarf ist (laut Umweltbundesamt) nicht gesunken – eine wesentliche Voraussetzung für den Umbau des gesamten Energiesystems.
Arbeitsplätze und Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien
Klar ist, eine Transformation, wie die Energiewende sie darstellt – also vollständige Abkehr von fossilen Energieträgern – bringt Veränderungen bei der Wertschöpfung mit sich. Bei der Energiewende fallen sie durchaus positiv aus: So sorgt der dezentrale Ausbau der Erneuerbaren Energien für Einkommen und Steuereinnahmen – zu einem großen Teil auf kommunaler Ebene. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ermittelte 2013 in einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie eine bundesweite direkte Wertschöpfung durch Erneuerbare von rund 16,9 Milliarden Euro für das Jahr 2012. Davon entfielen mit 11,1 Milliarden rund 66 Prozent auf die Kommunen.
Außerdem erweist sich die Branche der Erneuerbaren als regelrechter Jobmotor: Nach Angaben des Umweltbundesamtes sicherten die Erneuerbaren Energien im Jahr 2021 über 340.000 Arbeitsplätze in Deutschland, davon 130.200 bei der Windkraft, 114.000 im Bereich Biomasse, 58.500 bei der Solarenergie, 35.900 in der Geothermie und 5.700 bei der Wasserkraft.
Diese Bilanz könnte mit einer stärkeren Förderung und den entsprechenden politischen Rahmenbedingungen noch deutlich besser aussehen. Und, wenn die Politik Fehler in der Vergangenheit vermieden hätte. So gingen beispielsweise in den Jahren 2010 bis 2012 rund hunderttausend Arbeitsplätze in der Branche verloren, weil die Regierung die Fördersätze für die Solarenergie gekürzt hatte. Auch die unsinnigen Abstandsregelungen für Windräder haben zum Verlust von zehntausenden Jobs geführt.
Energie einsparen und effizienter nutzen
Eine mehr oder weniger vollständige Umstellung auf Erneuerbare Energien kann nur gelingen, wenn wir insgesamt weniger Energie verbrauchen – in den Haushalten, in der Wohnungswirtschaft, in der Industrie und im Handel, im Verkehr, in der Verwaltung – überall. Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass der Energieverbrauch in Deutschland bis 2050 halbiert werden muss, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Das wird nur funktionieren, wenn wir unseren Energieverbrauch einschränken und gleichzeitig Energie effizienter nutzen. In den letzten Jahrzehnten hat es die Politik versäumt, hier entschieden Weichen zu stellen. So braucht es etwa deutlich mehr finanzielle Anreize Häuser zu dämmen, neue Heizungen einzubauen, energiefressende Geräte auszutauschen, in energieeffizientere Maschinen zu investieren, weniger Strom in Verwaltungen und Büros zu verbrauchen, Transportwege zu vermeiden, öffentliche Verkehrsmittel statt des eigenen Autos zu nutzen und vieles, vieles mehr.
Natürlich ist auch das Verhalten jedes und jeder Einzelnen entscheidend: Klimaschutz gelingt nur, wenn wir alle in allen Bereichen weniger Energie verbrauchen (Suffizienz). Das bedeutet: kleinere Wohnungen, weniger weite Urlaubsreisen, weniger Produkte aus fernen Ländern, weniger energieintensive Unterhaltungselektronik – weniger Konsum ganz allgemein. Jeder Haushalt kann hier an vielerlei Stellschrauben drehen. Schauen Sie sich unsere Tipps zum Stromsparen und zum Sparen von Wärmeenergie.
Ausbau der Solarenergie
Photovoltaikanlagen sind mittlerweile sehr effizient und hochrentabel: Schon zehn Quadratmeter Dachfläche reichen, um etwa ein Viertel des Stromverbrauchs eines Durchschnittshaushaltes zu decken. So kann der Großteil des Strombedarfs von Haushalten gedeckt werden, wenn konsequent jedes Dach mit Solarpanelen bestückt ist. Darüber hinaus wäre es möglich, Solarmodule in Gebäudefassaden zu integrieren, sodass sie zusätzlich als Wärmedämmung oder Witterungsschutz fungieren.
Doch das ungenutzte Potenzial bei der Solarenergie ist nach wie vor riesig: So hat das Bonner Beratungsunternehmen EUPD Research Anfang 2021 errechnet, dass auf 11,7 Millionen Ein- und Zweifamilienhäusern eine Photovoltaik-Anlage angebracht werden könnte. Tatsächlich installiert waren bis Ende 2020 aber nur rund 1,3 Millionen Anlagen: 89 Prozent des Solarpotentzials auf Deutschlands Ein- und Zweifamilienhäusern sind noch ungenutzt.
Die durch Bundesminister Robert Habeck in den Oster- und Sommerpaketen 2022 vorangetriebenen Neuerungen des EEG gehen endlich wieder in die richtige Richtung. Die Ausbaugeschwindigkeit bleibt aber zu gering und es sind weiterhin Maximal- statt Minimalziele vorgegeben. Dabei könnte gerade Sonnenstrom ein wesentlicher Bestandteil einer echten Bürgerenergiewende sein: Große Teile des Solarstroms werden schon heute haushaltsnah genutzt, vor allem für Wärmepumpen oder Elektroheizungen sowie zunehmend für Elektrofahrzeuge.
Leitungen und Speicher für Erneuerbare
Die Frage der Infrastruktur ist bei der Diskussion um die Energiewende allgegenwärtig. Hier liegt der Fokus häufig auf neuen Hochspannungsleitungen. Sie sollen den Windstrom von den Produzenten im Norden Deutschlands (hier gibt es erhebliches Potenzial für Windenergie) zu den Verbraucher:innen im Westen und Süden zu bringen. Doch der Netzausbau muss mit Bedacht geplant werden und vor allem einen deutlich stärkeren Fokus auf die dezentrale Versorgung mit Erneuerbaren Energien legen. Die Speicherung von Strom ist bei den Erneuerbaren ein zentrales Thema, weil die Schwankungen zwischen windreichen und windarmen Zeiten sowie zwischen Tag und Nacht (Solarstrom) ausgeglichen werden müssen.
Zum kurzfristigen Ausgleich solcher Schwankungen kommen eigenständige Photovoltaik-Batteriesysteme in Betracht, aber auch “vehicle to grid”-Lösungen, bei denen die Batterien von Elektroautos ans (Heim- oder öffentliche) Netz angeschlossen werden, sowie großskalige Batterielösungen an geeigneten Stellen im Stromnetz.
“Grüner“ Wasserstoff ist dagegen ein möglicher längerfristiger (z.B. saisonaler) Energiespeicher. Er wird aus erneuerbarem Strom hergestellt, etwa in wind- und sonnenreichen Zeiten, und kann in einem zweiten Schritt beispielsweise zu synthetischem Kraftstoff weiterverarbeitet werden. Allerdings sind die Umwandlungsverluste bei der Produktion von erneuerbarem Wasserstoff und den Folgeprodukten sehr groß. Sein Einsatz muss deshalb auf Anwendungen begrenzt werden, die nicht direkt mit Strom aus Erneuerbaren Energien betrieben werden können.
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