Bundestagswahl 2025: Welche Parteien Pestizide reduzieren wollen
Pestizide in der konventionellen Landwirtschaft sind eine Gefahr für die Umwelt und unsere Gesundheit. Doch im Wahlkampf zur Bundestagswahl spielt das Thema kaum eine Rolle. Wie stehen die Parteien zum Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide? Wir haben die Wahlprogramme von CDU, SPD, Grüne und Co. unter die Lupe genommen – damit Sie informiert zur Bundestagswahl gehen können.
Vera Baumert · 7 Minuten Lesezeit
Beitrag teilen
Pestizide: Gift für Artenvielfalt und Gesundheit
Der Einsatz von chemisch-synthetische Pestiziden trägt maßgeblich zur Biodiversitätskrise bei. Sie gefährden Insekten und andere Wildtiere, verschmutzen unsere Böden und unser Trinkwasser und können auch für uns Menschen gesundheitliche Risiken bergen. Trotz dieser alarmierenden Erkenntnisse bleibt das Thema in der politischen Debatte oft unbeachtet, während der Einsatz der Pestizide unvermindert hoch bleibt.
Welche Parteien wollen den Pestizideinsatz reduzieren? Wie stehen sie zum Ökolandbau, in dem grundsätzlich keine chemisch-synthetischen Pestizide erlaubt sind? Wem sind die Interessen der Agrarlobby womöglich wichtiger als Artenschutz und die Gesundheit der Bürger:innen? Wir haben die Wahlprogramme der relevanten Parteien analysiert und zeigen, welche Partei welchen Kurs verfolgt. Unser Check hilft Ihnen, eine informierte Entscheidung zu treffen – denn Ihre Stimme entscheidet mit darüber, wie die deutsche Landwirtschaft in Zukunft aussehen wird.

Wie stehen die Parteien zu Pestiziden und Ökolandbau?
CDU/CSU
- Die Union bekennt sich explizit zum Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide.
- Das „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ soll abgeschafft werden.
- Das Zulassungsverfahren für Pestizide soll beschleunigt werden, damit „innovative Produkte schneller verfügbar sind“.
- Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS), darunter auch Pestizidwirkstoffe, sollen nicht grundsätzlich verboten werden.
- Die Union setzt insgesamt auf Anreize statt konkreter Vorgaben, um ökologische Ziele zu erreichen.
- Konventionelle und ökologische Landwirtschaft betrachtet sie als gleich wichtig.
👉 Fazit: Im Wahlprogramm der Union fehlt ein eindeutiges Bekenntnis zur Pestizidreduktion ebenso wie konkrete Reduktionsziele und -pläne. Zu den besonders gefährlichen chemisch-synthetischen Pestiziden bekennen sich CDU und CSU sogar explizit. Das „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ – eine ohnehin wenig konkrete Absichtserklärung zur Pestizidreduktion des Landwirtschaftsministeriums unter Cem Özdemir (wir berichteten) – will die Union wieder abschaffen, bevor es überhaupt zum Tragen kam. Das Zulassungsverfahren für Pestizide soll weiter beschleunigt statt (wie von uns gefordert) verschärft werden. Insgesamt setzen CDU und CSU weiter auf Anreize statt auf konkrete Vorgaben für Landwirt:innen – dabei hat die Vergangenheit gezeigt, dass wir mit Freiwilligkeit nicht weiter kommen in der Agrarwende. Außerdem stellt sich die Union nicht hinter den Ökolandbau, sondern betrachtet die konventionelle Landwirtschaft als gleich wichtig.
SPD
- Das Wahlprogramm der SPD enthält keinerlei Aussagen zu Pestiziden.
- Auch zum Ökolandbau äußert sie sich nicht direkt, schreibt aber „Wir sind sicher, dass man auch im konventionellen Bereich mit kluger Landwirtschaft gut und nachhaltig arbeiten kann: bodenschonend, tierwohlgerecht, klimaangepasst.“
👉 Fazit: Für die SPD scheinen die Risiken von Pestiziden kein Thema zu sein, das es der Partei wert ist, im Wahlprogramm behandelt zu werden. Außerdem stellen sie sich nicht hinter den Ökolandbau, sondern spekulieren, dass mit konventioneller Landwirtschaft Umweltschutz ebenso möglich wäre. Tatsächlich ist der zertifizierte Ökolandbau momentan jedoch eindeutig der Goldstandard in der Landwirtschaft, an dem wir uns ausrichten müssen, um die Agrarwende zu schaffen.
Grüne
- Die Grünen sprechen sich für einen möglichst sparsamen Einsatz von Pestiziden aus.
- Sie nennen ein konkretes Reduktionsziel: eine EU-weite Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030. Damit bekennen sich die Grünen zu den Zielen der EU-Farm-to-Fork-Strategie, deren Gesetzgebungsprozess für eine ambitionierte Pestizidreduktion vergangenes Jahr vorerst gescheitert ist.
- Um die Pestizidreduktion zu erreichen, setzen die Grünen auf Innovation, Digitalisierung, die Honorierung von Umweltleistungen und marktwirtschaftliche Ansätze wie eine Pestizidabgabe.
- In Deutschland verbotene Pestizide sollen nach dem Willen der Grünen nicht mehr in andere Länder exportiert werden dürfen.
- Ewigkeitschemikalien (wie beispielsweise PFAS) wollen die Grünen „besonders in den Blick nehmen“ und „überall dort, wo sie gut ersetzt werden können“, rasch aus ihrer Verwendung aussteigen.
- Für Wasserverschmutzung sollen die Verursacher aufkommen. Dafür wollen die Grünen die Hersteller wassergefährdender Stoffe stärker in die Verantwortung nehmen.
- Als einzige der analysierten Parteien bekennen sich die Grünen eindeutig zum Ökolandbau als naturschonende Erzeugungsform: An dem von der Bundesregierung gesteckten Ziel von 30 Prozent Ökolandbau bis 2030 halten sie fest.
👉 Fazit: Die Grünen sprechen sich klar für eine Reduktion des Pestizideinsatzes aus und nennen dabei ein auch konkretes Pestizidreduktionsziel sowie ein Ziel für den Ausbau des Ökolandbaus. Außerdem wollen die Grünen eine Pestizidabgabe, also eine Steuer auf Pestizidprodukte, einführen. Dies wird von Wissenschaftler:innen als wirksames Instrument zur Reduktion des Pestizideinsatzes erachtet. Bei so genannten Ewigkeitschemikalien wie PFAS bleibt die Forderung vage. Das Verursacherprinzip gehört eigentlich ohnehin zu den wichtigsten Grundsätzen der EU-Umweltpolitik, wird aber bislang kaum ernst genommen. Dass die Grünen dies nun bei der Wasserverschmutzung ändern wollen, ist positiv zu bewerten.
Die Linke
- Glyphosat und Neonikotinoide will die Linke verbieten.
- Die Linke setzt sich für mindestens eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 ein. Sie ist damit die zweite Partei, die ein konkretes Reduktionsziel nennt und ist dabei noch etwas ambitionierter als die Grünen.
- Für die Zulassung von Pestizidprodukten fordert die Linke Transparenz und ein strenges Regelwerk.
- Durch eine ambitionierte Pestizidreduktionsstrategie will die Linke Agrarbetriebe beim ökologischen Umbau unterstützen.
- In Deutschland und der EU verbotene Pestizide sollen nach dem Willen der Linken nicht mehr in andere Länder exportiert werden dürfen.
- Auf Ökolandbau geht das Wahlprogramm der Linken zwar nicht direkt ein, sie schreibt jedoch: „Wir brauchen eine soziale und ökologische Agrarwende, die ihren Namen auch verdient. Die Linke kämpft für eine sozial gerechte und auf das Gemeinwohl orientierte Landwirtschaft, die das Klima und die Natur schont und mit dem Tierschutz vereinbar ist.“
👉 Fazit: Auch die Linke spricht sich klar für eine Pestizidreduktion aus. Erreichen möchte sie das mit einer „ambitionierten“ Strategie, die allerdings im Wahlprogramm nicht näher ausgeführt wird. Als einzige der analysierten Parteien fordert die Linke in ihrem Wahlprogramm ein Verbot bestimmter Pestizidwirkstoffe sowie ein Exportverbot für hierzulande verbotene Pestizide in andere Länder. Das Zulassungsverfahren für Pestizide soll transparent und streng sein. Ein klares Bekenntnis zum zertifizierten Ökolandbau fehlt leider, dafür spricht die Linke sich explizit für eine soziale, ökologische und gemeinwohlorientierte Agrarwende aus.
BSW
- Das BSW fordert „bezahlbare Pflanzenschutzmittel“.
- Das Genehmigungsverfahren soll unabhängig, transparent und frei vom Einfluss der Hersteller sein.
- Auf den Ökolandbau geht das BSW in seinem Wahlprogramm nicht ein.
👉 Fazit: Es scheint der Partei wichtig zu sein, dass Pestizide billig bleiben oder sogar noch billiger werden. Das ist jedoch gefährlich, schließlich kommen wissenschaftliche Studien zu dem Schluss, dass Preiserhöhungen, etwa durch eine Pestizidabgabe, ein wirksames Instrument zur Pestizidreduktion sind. Das Zulassungsverfahren vom Einfluss der Herstellerfirmen befreien zu wollen ist hingegen ein löbliches Ziel. Insgesamt bleibt das Wahlprogramm des BSW vage und lässt ein Bekenntnis zur Pestizidreduktion vermissen. Zum Ökolandbau äußert sich das BSW gar nicht.
FDP
- Die FDP will Zulassungsprozesse von Pestiziden vereinfachen und beschleunigen.
- Ansonsten äußert sich die Partei in ihrem Wahlprogramm nicht zu Pestiziden oder dem Ökolandbau.
👉 Fazit: Die Inhalte der FDP zeugen von wenig Interesse am Thema Pestizide. Es wird das Narrativ bedient, dass Pestizideinsatz notwendig sei zur Ertrags- und Qualitätssicherung. Auf vorhandene ökologische Alternativen und die Bedrohung unserer Ernährungssicherheit durch die Biodiversitätskrise selbst geht die FDP nicht ein. Zum Ökolandbau äußert sich die FDP gar nicht.
-
Hinweis: Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt und stellt demokratische Grundwerte in Frage. Aufgrund dieser grundsätzlichen Positionierung betrachten wir die AfD getrennt von den demokratischen Parteien.
AfD
- Die AfD spricht sich für „wirksamen Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis“ aus.
- Pauschale Verbote ganzer Stoffgruppen, wie PFAS, lehnt sie ab und fordert eine evidenzbasierte Bewertung der Risiken einzelner Stoffe.
- Der AfD kommt es nicht darauf an, ob Lebensmittel aus Ökolandbau oder konventioneller Landwirtschaft stammen.
👉 Fazit: Die AfD will anscheinend den Status quo aufrechterhalten: „Pflanzenschutz“ nach der so genannten guten fachlichen Praxis, deren Einhaltung allerdings in Deutschland bisher kaum kontrolliert wird und die uns in den letzten Jahrzehnten in die Biodiversitätskrise geführt hat. Pauschalverbote lehnt sie ab und spricht sich stattdessen für eine evidenzbasierte Risikobewertung aus – eine erstaunliche Position für eine Partei, die die menschgemachte Klimakrise leugnet. Konventionelle und ökologische Landwirtschaft stellt die AfD auf eine Stufe, hat also offensichtlich keine Ambitionen den Ökolandbau zu fördern.
Wählen Sie für Pestizidreduktion und Ökolandbau!
Die Wahlprogramme zeigen deutliche Unterschiede: Während einige Parteien Pestizidreduktion und Ökolandbau ernst nehmen und vorantreiben wollen, setzen andere weiterhin bewusst auf chemisch-synthetische Pestizide und eine umwelt- und gesundheitsschädliche Landwirtschaft. Wer Umwelt- und Klimaschutz ernst nimmt, sollte vor der Wahl daher genau hinsehen.Lesen Sie auch unsere Wahlprogramm-Checks zur Anpassung an die Klimakrise und Atomenergie.