Die EU entscheidet über ein Glyphosat Verbot.

Im Rahmen des Wiederzulassungsverfahrens gab es im Dezember 2021 die Möglichkeit, den Bewertungsbericht der zuständigen Fachbehörden zum Thema Glyphosat zu kommentieren. Das Umweltinstitut sowie zahlreiche weitere Umweltverbände und Interessensgruppen haben diese Möglichkeit genutzt, um auf die Gefahren des Ackergifts hinzuweisen. Die Beteiligung am Konsultationsverfahren war offenbar so groß, dass sich die EU-Behörden nicht an ihren ursprünglichen Zeitplan halten können.

Die EU-Kommission hat deswegen den Mitgliedstaaten im zuständigen Ausschuss (Ständiger Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel, kurz PAFF-Ausschuss) eine formelle Verlängerung der Zulassung für ein Jahr zur Abstimmung vorgelegt. Für diese Verlängerung gab es aber keine qualifizierte Mehrheit. Die Entscheidung darüber sollte dann im Berufungsausschuss geklärt werden.

+++ Update vom 16.11.2022: Wieder keine Mehrheit +++

Am 15.11.2022 stimmten die EU-Mitgliedstaaten im sogenannten Berufungsausschuss darüber ab, ob die Zulassung von Glyphosat um ein Jahr verlängert werden soll. Bei der Abstimmung gab es erneut keine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten für die vorgeschlagene Verlängerung. Nun ist es an der EU-Kommission die endgültige Entscheidung darüber zu treffen.

Es gibt ausreichend wissenschaftliche Beweise, die ein sofortiges Verbot von Glyphosat rechtfertigen. Doch vermutlich wird sich die Kommission für die technische Verlängerung entscheiden, um keinen Verfahrensfehler zu riskieren gegen den die Herstellerfirmen klagen könnten. Sollte die Kommission im Alleingang Glyphosat für ein weiteres Jahr zulassen, dann muss die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) diese Zeit nutzen, um sich intensiv mit den wissenschaftlichen Studien auseinanderzusetzen, die die Gefährlichkeit von Glyphosat für die Umwelt und die Gesundheit belegen!

+++ Update vom 02.12.2022: Verlängerung um ein Jahr +++

Die Europäische Kommission hat die Zulassung für die Verwendung von Glyphosat um ein Jahr, bis zum 15. Dezember 2023 formell verlängert. Grund für die Entscheidung sei, der EFSA ausreichend Zeit für den Abschluss ihrer Bewertung zu geben. Diese soll im Juli 2023 abgeschlossen werden.

Wer hat wie abgestimmt?

Für die Verlängerung der Zulassung gestimmt haben: Belgien, Tschechien, Dänemark, Estland, Irland, Spanien, Niederlande, Portugal, Italien, Rumänien, Finnland, Schweden, Bulgarien, Griechenland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Österreich, Polen und Slowakei

Dagegen gestimmt haben: Kroatien, Luxemburg und Malta

Enthalten haben sich: Frankreich, Deutschland und Slowenien

Die Karten wurden neu gemischt

Voraussichtlich im Oktober 2023 werden die Mitgliedstaaten dann endgültig darüber abstimmen, ob Glyphosat in der EU weiterhin zugelassen bleibt oder nicht. Bisher sah es so aus, als ob eine Mehrheit für eine Wiederzulassung stimmen würde. Dass es für die formelle Verlängerung nun zwei Mal keine qualifizierte Mehrheit gab, stimmt uns hoffnungsvoll. Denn zwei Nationen mit großem Stimmengewicht, Deutschland und Frankreich, haben sich zumindest enthalten.

Es scheint damit möglich, dass auch die endgültige Abstimmung über die Wiederzulassung keine Mehrheit erhält und das Totalherbizid dann endlich auf europäischer Ebene verboten wird. Eine qualifizierte Mehrheit für oder gegen eine Wiederzulassung wäre erreicht, wenn mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der europäischen Bevölkerung repräsentieren, gemeinsam für oder gegen den künftigen Vorschlag stimmen. Alleine Deutschland und Frankreich repräsentieren zusammen fast 34 Prozent der europäischen Bevölkerung.

Einige gute Gründe für ein Verbot

Glyphosat ist weltweit das am häufigsten eingesetzte Ackergift. Dabei hat die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation schon 2015 Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Zahlreiche wissenschaftliche Studien liefern Nachweise für eine gesundheitsschädliche Wirkung von Glyphosat und glyphosathaltigen Pestiziden.

Gravierend sind auch die Auswirkungen des Ackergifts auf die Artenvielfalt. Durch den Einsatz und die damit verbundene Reduzierung blühender Wildkräuter wird das Nahrungsangebot für Insekten in ohnehin ausgeräumten Agrarlandschaften noch weiter eingeschränkt. Solche indirekten Auswirkungen sind jedoch schwer zu erfassen und werden bei der Zulassung kaum berücksichtigt – und das obwohl ihnen aufgrund des immensen Artensterbens besonders große Aufmerksamkeit gewidmet werden müsste.

Was passiert in Deutschland, wenn Glyphosat wieder zugelassen wird?

Wenn Glyphosat auf europäischer Ebene verboten wird, gilt dieses Verbot auch in Deutschland. Wenn der Wirkstoff jedoch eine erneute Zulassung erhält, ist die Sachlage nicht ganz so einfach. Eigentlich ist in Deutschland ein Glyphosat-Verbot ab dem 1. Januar 2024 geplant. Doch noch ist nicht klar, ob ein nationales Anwendungsverbot überhaupt in Einklang mit dem europäischen Recht stehen kann. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir bekräftigte, er werde alle Möglichkeiten prüfen, wie das im Koalitionsvertrag vereinbarte Glyphosat-Verbot realisiert werden könne.

Wir werden den Zulassungskrimi um Glyphosat weiterhin genau verfolgen und Druck auf Politik und Behörden ausüben, dass dieser gefährliche Wirkstoff endgültig vom Markt genommen wird.

 

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