Umweltinstitut München fordert Verbot von Klimakiller-Gas Sulfurylfluorid
Das weitgehend unbekannte Pestizid Sulfurylfluorid (SF) ist etwa 5000 Mal so klimaschädlich wie CO2. Nun fordert das Umweltinstitut München ein Verbot. In den letzten Jahren hat der Einsatz des Gases zugenommen, sein Ausstoß wird von der EU bisher nicht reguliert. SF wird beim Export von Holzstämmen in Schiffscontainern eingesetzt, damit Insekten nicht in fremde Ökosysteme gelangen. Am 11. und 12. Juli entscheidet die EU, ob die Genehmigung des Pestizids verlängert wird.
Sulfurylfluorid ist ein giftiges und stark klimawirksames Gas, das als Pestizid gegen ein weites Spektrum an Insekten eingesetzt wird. Es greift in den Glykose- und Fettsäurezyklus der Insekten ein und entzieht ihnen die zum Überleben erforderliche Zellenenergie. Zum Einsatz kommt es vor allem für die Behandlung von Holzstämmen vor dem Export.
SF ist 4630 Mal klimaschädlicher als CO2
Sulfurylfluorid hat laut dem 6. Sachstandsbericht des IPCC ein Treibhauspotenzial, das über den Zeitraum von 100 Jahren 4630 Mal höher ist als das von CO2, auf 20 Jahre betrachtet ist es sogar 7510 Mal so klimawirksam wie CO2. Durch Hitzewellen, Dürre und verstärkten Schädlingsbefall sind große Waldflächen in Deutschland abgeholzt worden, die Holzexporte sind gestiegen. Dadurch hat der Einsatz von SF stark zugenommen. Die Folge: Die Emissionen von Sulfurylfluorid allein im Hamburger Hafen summierten sich in den letzten drei Jahren auf rund drei Millionen Tonnen CO2. Das ist mehr als die jährlichen Treibhausgasemissionen des innerdeutschen Flugverkehrs. Bisher existiert keine marktreife Technik, die in der Lage wäre, das Gas nach der Verwendung abzufangen, bevor es in die Atmosphäre gelangt, obwohl eine solche Abfilterung in Deutschland inzwischen eigentlich verpflichtend ist. Das Gas fällt auch nicht unter die Bestimmungen des EU-Emissionshandels.
„Das klimaschädliche Pestizid Sulfurylfluorid weiter zu genehmigen, wäre fatal in der Dekade, in der wir alles daransetzen müssen, die menschengemachten Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren“, erklärt Franziska Buch, Referentin für Energie- und Klimapolitik am Umweltinstitut München. „Die bisherige Einschätzung, dass der Beitrag von Sulfurylfluorid zum Treibhauseffekt vernachlässigbar sei, hat sich als falsch erwiesen.“
Beitrag von SF zum Treibhauseffekt in den letzten Jahren angestiegen
Bei der ursprünglichen Zulassung ging das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel von einer so geringfügigen Anwendungsmenge aus, dass der Beitrag zum Treibhauseffekt zu vernachlässigen sei [1]. Nach der Hitze und Dürre der vergangenen Jahre waren mehr Bäume von Schädlingen befallen; in deutschen Wäldern wurden großflächig Bäume gefällt und anschließend exportiert. Dadurch ist die Verwendung von Sulfurylfluorid sprunghaft angestiegen.
Am 11. und 12. Juli tagt der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel der Europäischen Union (Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed, SCoPAFF). In dieser Sitzung steht die Verlängerung der Genehmigung für Sulfurylfluorid (SF) zur Diskussion und möglicherweise auch zur Abstimmung, da diese am 31. Oktober 2023 ausläuft.
Das Umweltinstitut fordert von der Bundesregierung, sich in diesem Rahmen für ein sofortiges EU-weites Verbot von SF einzusetzen und gegen die Verlängerung der Genehmigung zu stimmen. Es verweist auf Alternativen: Der Hauptimporteur von deutschem Stammholz, China, akzeptiert auch die alternativen Behandlungsmethoden der Entrindung, Wärme- und Unterwasserbehandlung.
Das Umweltinstitut hat eine Online-Petition gegen die Wiederzulassung gestartet.
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Weitere Informationen und Bildmaterial finden Sie hier: https://nextcloud.umweltinstitut.org/index.php/s/kFMpdJHtgpcZsjf
[1] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel (2007): PSM-Zulassungsbericht Sulfurylfluorid, https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/01_zulassungsberichte/025395-00-00.pdf?__blob=publicationFile&v=3