Protest am Garchinger Forschungsreaktor

Das Umweltinstitut ruft gemeinsam mit .ausgestrahlt, Greenpeace, BUND Naturschutz, IPPNW Ärzt*innen in sozialer Verantwortung und Bayern Allianz für sofortigen Atomausstieg am 9. Oktober 2025 zum Protest gegen Atomtransporte mit waffenfähigem Uran auf.

Waffenfähiger Atommüll aus Garching bei München:
Transporte verhindern!

Noch in diesem Jahr könnten Atomtransporte mit waffenfähigem Atommüll aus Garching bei München nach Ahaus in Nordrhein-Westfalen (NRW) stattfinden. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung BASE hat am 25. August die Genehmigung für die Einlagerung von 10 Brennelementen und den Transport von zwei Castoren MTR-3 erteilt. Zivilgesellschaftliche Organisationen aus Umwelt- und Friedensbewegung machen schon seit der Planungszeit des Reaktors in den 1990er Jahren – und bis heute – auf die Risiken aufmerksam. Nun stehen die riskanten Transporte über 700 Kilometer quer durch Deutschland kurz bevor.

Unsere Forderungen:

  • Keine Transporte mit waffenfähigem Uran nach Ahaus
  • Sofortiger Stopp des Einsatzes von waffenfähigem Uran im Reaktor – kein Weiterbetrieb ohne Abrüstung
  • Entwicklung und Bau einer Anlage zur Verdünnung des Urans in Garching, damit es abgereichert und unschädlich gemacht wird
  • Vertragliche Festlegung, dass die Technische Universität (TU) München die organisatorische und finanzielle Verantwortung für die Abreicherung trägt – vorzugsweise nach dem Prinzip „Einschmelzen und Verdünnen“ (Melt & Dilute)
  • Bau eines möglichst sicheren Zwischenlagers direkt am Standort Garching

Fragen und Antworten

Warum ist der Brennstoff atomwaffenfähig?

Der Forschungsreaktor FRM II nutzt hoch angereichertes Uran (HEU). Uran gilt als hoch angereichert, wenn der Anteil des spaltbaren Istotops Uran-235 künstlich auf mehr als 20 Prozent erhöht wird. Die Anreicherung liegt bei frischen Brennelementen für den FRM II bei 93 Prozent und selbst nach dem Einsatz noch bei über 87 Prozent. Solches Uran wird im Englischen als „weapon-grade uranium“ bezeichnet und kann zum Bau von Atomwaffen missbraucht werden. Ein Castor mit fünf Brennelementen enthält insgesamt über 30 Kilogramm HEU. Je nach verfügbarer Technik genügt das für mindestens eine, möglicherweise mehrere Atombomben, je nach verfügbarer Technik. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA definierte bereits 1977 eine Menge von 25 Kilogramm HEU als „signifikant“. Mit fortgeschrittener Technik reichen sogar sieben Kilogramm aus.

Warum sind die Transporte riskant?

Die Lagerkapazitäten des Reaktors für verbrauchte Brennelemente sind nahezu ausgeschöpft: 47 von 50 Lagerplätzen sind belegt. Für den Weiterbetrieb sollen spezielle MTR-3 Castoren mit jeweils fünf verbrauchten Brennelementen bestückt werden. Diese Castoren sollen anschließend ins Zwischenlager Ahaus (NRW) transportiert werden. Seit rund zehn Jahren wird enormer Aufwand betrieben, um die Transporte gegen „sonstige Einwirkungen Dritter“, also gegen Sabotage, abzusichern. Dafür mussten eigens Spezialfahrzeuge entwickelt werden. Auch die geplanten Transporte von Atommüll aus dem Versuchsreaktor in Jülich (NRW) nach Ahaus sind riskant, da dort ebenfalls hoch angereichertes Uran enthalten ist. Viele Details der Sicherungsmaßnahmen sind nicht öffentlich. Der Aufwand zeigt jedoch deutlich, wie groß das Risiko tatsächlich ist. Trotzdem bestehen erhebliche Zweifel, ob solche Transporte, insbesondere auch in Bezug auf Terroranschläge mit moderner Waffentechnik, überhaupt gesichert werden können.

Warum ist die Aufbewahrung in Ahaus unverantwortlich?

Nicht nur der Transport, auch die geplante Aufbewahrung im Zwischenlager Ahaus ist riskant. Angesichts neuer Bedrohungslagen durch Terroranschläge oder militärische Konflikte hätten die geplanten Sicherheitsmaßnahmen des Lagers erneut überprüft werden müssen. Das zuständige Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung gibt aus Geheimhaltungsgründen keine Auskunft zu diesen Maßnahmen. Es bleiben erhebliche Zweifel, ob die einfache Lagerhalle gegen moderne Waffen, wie etwa Drohnen, ausreichend gesichert ist. Bekannt ist, dass sie keinem Flugzeugabsturz standhalten würde. Ein ausreichend gesichertes Zwischenlager direkt in Garching, errichtet nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik, ist die beste Alternative um Bevölkerung und Umwelt vor der ionisierenden Strahlung zu schützen.

Wie einfach ist es, aus dem Garchinger Atommüll eine Bombe zu bauen?

Der FRM II wird von der TU München betrieben. Diese bestreitet, dass der Brennstoff waffenfähig sei, da es nicht in metallischer Form vorliege, sondern in der chemischen Verbindung Uran-Silizid. Verfahren zur Aufbereitung sind aber seit 1983 in der Literatur zu finden. Das Verfahren könnte von Chemiker:innen relativ einfach auch außerhalb der staatlich gesicherten großen Aufbereitungsanlagen durchgeführt werden. Das teilte bereits 1995 der Radiochemie-Professor Ali Sameh (damals am Radiochemical Centre, Mallinckrodt Medical B.V., Petten, NL) dem Umweltinstitut mit. Im Juli 2025 bestätigte der Abrüstungs-Experte Frank von Hippel (Prof. emeritus in Princeton, USA) diese Einschätzung noch einmal.

Wie kann das Uran entschärft werden?

Die Anreicherung von Uran ist der aufwändigste Schritt auf dem Weg zur Atombombe und löst daher international immer wieder Konflikte aus, wie zuletzt zwischen Israel und dem Iran. Deutschland verfügt durch den Forschungsreaktor Garching derzeit über rund 300 Kilogramm hoch angereichertes Uran, das aktuell in Garching in Form von Brennelementen gelagert ist. Als Vorsorge vor Missbrauch, egal von welcher Seite, muss das Uran so schnell wie möglich unschädlich gemacht werden. Dazu kann das Uran mit Natururan verdünnt werden.

Dies hätte einen weiteren Vorteil: Durch die Abreicherung wird ausgeschlossen, dass es zu einer nuklearen Kettenreaktion im späteren Endlager kommen kann.

Warum muss die TU München die Verantwortung dafür übernehmen, das Uran unschädlich zu machen?

In Deutschland gilt das Verursacherprinzip auch für die Entsorgung von Atommüll. Im Falle des Forschungsreaktors FRM II muss also die TU München die Behandlung (Konditionierung) des Atommülls vor dem Verbringen ins Endlager tragen. Dazu ist die Verdünnung des Urans gut geeignet [IRS 2017]. Um jeglichen Missbrauch für Atomwaffen auszuschließen sollte das Uran bereits vor der langfristigen Zwischenlagerung abgereichert werden. Denn es wird noch viele Jahrzehnte dauern, bis ein Endlager betriebsbereit sein wird. Die TU München finanziert den Forschungsreaktor FRM II hauptsächlich über Gelder des Bundes und des Freistaats Bayern, also aus Steuergeldern, zu kleinerem Anteil über Drittmittel. Es darf nicht sein, dass der Betreiber stur am HEU-Brennstoff festhält und dadurch andere auf den Problemen und Kosten die diese Fehlentscheidung verursacht, sitzen bleiben. Ein reines Abschieben der Lasten ohne Übernahme der Verantwortung ist inakzeptabel.

Die Notwendigkeit einer Abreicherungsanlage ist direkt mit dem Festhalten am HEU-Brennstoff verknüpft. Im Sinne des Verursacherprinzips ist unverzüglich vertraglich festzuhalten, dass die Abreicherung –  vorzugsweise durch Einschmelzen und Verdünnen (Melt&Dilute) – ins Budget des FRM II und der TU München eingepreist werden.

Hintergrund: Missbrauch von Abrüstungsbemühungen am FRM II

Der Garchinger Forschungsreaktor steht bereits seit der Planung in den 1990er Jahren wegen des Einsatzes von waffenfähigem Uran in der Kritik. Durch den HEU-Einsatz wurden internationale Abrüstungsbemühungen unterwandert und der zivile Markt für hoch angereichertes Uran angekurbelt. Aufgrund diplomatischer Spannungen mit den USA wurde das Uran schließlich in Russland eingekauft. Die Umstellung auf niedrig angereichertes Uran wurde seit der Inbetriebnahme 2004 immer wieder verschleppt und soll nach aktuellen Plänen in den 2030er Jahren erfolgen – sofern technische Hindernisse überwunden werden. Eine Klage des BUND Naturschutz in Bayern e.V. gegen den HEU-Betrieb wurde 2024 abgewiesen, obwohl der Betrieb gegen internationale Proliferationsstandards verstößt und eine Abrüstung bereits lange politisch vereinbart ist. Von Anfang an wäre eine Konzeption ohne waffenfähigen Brennstoff die bessere Lösung gewesen. Nun bleibt als Schadensbegrenzung nur noch eine schnelle Verdünnung des Atommülls und ein sofortiger Stopp des Betriebs mit hoch angereichertem Uran.

 

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