Demo gegen CETA

Interpretationserklärung geleakt

Mitte Juni kündigte die Ampel-Regierung in ihrer gemeinsamen Handelsagenda die Ratifizierung von CETA an. Doch zuvor sollte vom CETA Joint Committee (ein Ausschuss von Beamten der EU-Kommission und der kanadischen Regierungsbehörden) eine Interpretationserklärung verabschiedet werden, die den Investitionsschutz auf direkte Enteignung und Diskriminierung beschränkt. Zwei Monate später veröffentlichten wir ein juristisches Kurzgutachten, welches belegte: Die Kompetenz, den Investitionsschutz in CETA auf diese Weise einzuschränken, hat das Joint Committee gar nicht!

Die Zivilgesellschaft wurde weder in den Verhandlungsprozess der Erklärung eingebunden noch wurde der Text bisher veröffentlicht. Diese Intransparenz kennen wir bereits von den Verhandlungen des Abkommens. Doch akzeptieren können wir sie nicht! Nach einem Leak haben wir uns daher entschieden, den Text  der geplanten Interpretationserklärung gemeinsam mit dem Netzwerk gerechter Welthandel für alle zugänglich zu machen.

Keine Überraschung und dennoch enttäuschend

Es bleibt wohl ein Geheimnis, ob die Bundesregierung wirklich dachte, mit einer Interpretationserklärung könne man den politischen Missbrauch des Investitionsschutzes begrenzen und damit verhindern, dass Konzerne gegen Klimaschutzmaßnahmen klagen können. Spätestens nach unserem Gutachten war jedoch klar: Mehr als Kosmetik ist nicht drin. Was wirklich in der Interpretationserklärung steht, erfuhren wir erst ein paar Wochen später. Am 08. September gelang es den Investment Arbitration Reportern, einem Zirkel aus acht Expert:innen, an den Text zu gelangen.

Gut gemeint, aber völlig unzureichend

In der Interpretationserklärung fanden wir zwar viele schöne Worte, aber wenig Substanz. Zwei Beispiele:

  • Die Interpretationserklärung definiert beim Kapitel zur fairen und gerechten Behandlung (Fair and Equitable Treatment) offenkundige Willkür (“manifest arbitrariness” im Originaltext) als ein nicht auf Fakten oder Vernunft beruhendes Verhalten (“patently not founded on reason or fact”). In Bezug auf die indirekte Enteignung wird aus offenkundig übertrieben (“manifestly excessive” im Originaltext) “manifestly disproportionate”, also offenkundig unverhältnismäßig.
  • In Bezug auf die Anfechtung von Klimaschutzmaßnahmen soll dies nur noch bei einem “wholly disproportionate”, also völlig unverhältnismäßigen Verhalten einer Regierung geschehen.

Das Problem: In der Interpretationserklärung wird der Versuch unternommen, undefinierte Rechtsbegriffe wie “offenkundige Willkür” oder “offenkundig übertrieben” mit anderen undefinierten Rechtsbegriffen zu konkretisieren. Doch das ändert nichts daran, dass weiterhin das investorenfreundliche Schiedsgericht entscheidet, welche Klimaschutzmaßnamen “unverhältnismäßig” sind.

Im dritten Kapitel zum Klimaschutz heißt es zwar weiter, dass die Klimaziele der Mitgliedsstaaten des Pariser Abkommens “berücksichtigt” werden sollen, doch auch dies lässt weiteren Spielraum für die Schiedsgerichte.

Zur Erinnerung: Die Ampel-Regierung hatte angekündigt, „den Investitionsschutz für Unternehmen im Ausland auf direkte Enteignungen und Diskriminierungen [zu] konzentrieren” (Handelsagenda der Ampel 2022: 3).

Der Leak des Erklärungstextes bestätigt nun, was sich mit unserem Gutachten schon abzeichnete: Dies kann die Interpretationserklärung nicht leisten. CETA würde auch mit der Interpretationserklärung Schadensersatzklagen von Konzernen gegen Umwelt- und Klimaauflagen Vorschub leisten.

Wir machen weiter

Für die kommende Woche rufen wir gemeinsam mit einem starken Bündnis zu Aktionstagen gegen CETA auf. Über 60 Aktionen in ganz Deutschland wird es geben. Unübersehbar wollen wir vor allem den Abgeordneten von Grünen und SPD deutlich machen: Keine Paralleljustiz für Konzerne! CETA Ratifizierung stoppen! Wenn auch Sie kurzfristig aktiv werden wollen, können Sie …

Paralleljustiz verhindern: CETA nicht ratifizieren!

INFO-KAMPAGNE

Mit der geplanten Ratifizierung des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens CETA droht eine Paralleljustiz, die von Konzernen ausgenutzt werden kann und demokratisch gewählte Regierungen lähmt.

Insbesondere die Grünen haben sich in der Opposition vehement gegen CETA und TTIP ausgesprochen. Fordern Sie deshalb jetzt die für Handelspolitik zuständigen Spitzenpolitiker:innen der Grünen auf, auch als Regierungpartei Flagge zu zeigen und im Bundestag gegen die Ratifizierung von CETA zu stimmen.

Mitmachen
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