Mogelpackung blauer Wasserstoff

Wasserstoff aus fossilem Gas soll durch CO2-Abscheidung klimafreundlicher werden. Doch die Technik bleibt ein Klimakiller. Wir fordern darum von der Regierung, konsequent auf erneuerbaren Wasserstoff zu setzen.

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Fossiler Wasserstoff: Klimazerstörer trotz CO2-Abscheidung

Wasserstoff kann unter anderem auch aus Erdgas hergestellt werden. Durch das Auffangen des dabei entstehenden CO2s soll die Klimabilanz dieses Prozesses verbessert werden. So sollen schnell große Mengen klimafreundlichen Wasserstoffs bereitstehen. Die verbleibenden CO2- und Methan-Emissionen werden dabei jedoch gerne unter den Teppich gekehrt. Unter dem Strich könnte die Technik dem Klima mehr schaden als nutzen.

Vermeintlich klimafreundlicher Wasserstoff aus fossilem Gas

Hier setzt eine Technik an, die sich häufig hinter der Bezeichnung „blauer Wasserstoff“ versteckt: Aus Erdgas werden mittels sogenannter Dampfreformierung Wasserstoff und CO2 hergestellt. Das CO2 soll dann aufgefangen und in unterirdische Speicherstätten gepresst werden. Dort soll es möglichst für immer bleiben und das Klima nicht weiter erhitzen. So kann, zumindest in der Theorie, „CO2-armer“ Wasserstoff produziert werden, solange der fossile Vorrat an Erdgas reicht.

Besonders interessant ist diese Technik natürlich für Länder und Firmen, die vom Handel mit Erdgas profitieren: Sie könnten so ihr altes Geschäftsmodell trotz Klimakrise weiterführen und ihre fossile Infrastruktur gewinnbringend weiterverwenden. Für das Klima ist diese Technik aber hochgefährlich, denn unter dem Strich werden auch hier große Mengen an klimaschädlichem CO2 und Methan freigesetzt.

Was sind „grüner“, „blauer“ und „grauer“ Wasserstoff?

Wasserstoff ist farblos, je nach Herstellungsweise wird ihm aber oft eine Farbe zugeordnet. So bezeichnet „grüner“ Wasserstoff Gas, das unter Einsatz von Ökostrom aus Wasser erzeugt wurde, hier wird also erneuerbare Energie in energiereiches Gas umgewandelt. „Grauer“ Wasserstoff hingegen wird aus fossilem Erdgas unter Ausstoß von CO2 hergestellt.

„Blauer“ und „türkiser“ Wasserstoff wird aus fossilem Gas hergestellt. Das dabei anfallende CO2 soll in der Theorie fixiert werden. Trotzdem haben diese Gase aufgrund von Methan- und CO2-Emissionen eine schlechte Klimabilanz. Darüber sollte man sich von den schön klingenden Farben nicht hinwegtäuschen lassen.

Als „rot“ wird Wasserstoff bezeichnet, der mithilfe von Energie aus Kernkraftwerken hergestellt wird. Zwei Verfahren kommen dabei in Frage: Elektrolyse mithilfe von Atomstrom oder die „thermochemische Wasserspaltung“, die die Abwärme von zukünftigen Höchsttemperatur-Reaktoren nutzen möchte. Mehr zum Thema Atomkraft.

Wie viel CO2 wird dauerhaft gebunden?

Wie viel CO2 bei der Herstellung von blauem Wasserstoff eingefangen werden kann, ist noch unklar. Ein ähnliches Verfahren wird aber in fossilen Kraftwerken bereits verwendet: CO2 wird aus den Abgasen mancher Kohle- und Gas-Kraftwerke abgetrennt, um die Klimabilanz zu verbessern. Dabei wird aber nie das gesamte CO2 aufgefangen: Denn die Abscheidung kostet Energie und hohe Abscheideraten gehen somit zulasten der Effizienz.

Verfechter:innen der Technik argumentieren, dass die Abscheidung bei der Wasserstoffproduktion einfacher sei als bei Kohle- oder Gas-Kraftwerken, da die CO2-Konzentration höher ist Eine erste derartige Anlage von Shell im kanadischen Alberta soll immerhin 80 Prozent des CO2s aus den Abgasen einfangen. Das Problem: Ein großer Teil der Emissionen fällt aber bereits in früheren Verarbeitungsschritten an.

Ebenfalls offen ist die dauerhafte Einlagerung des CO2s. Zwar wird bereits seit einigen Jahren an einer Einlagerung in alten Gas-Lagerstätten geforscht, doch lässt sich noch nicht sagen, wie lange Kohlenstoffdioxid im Boden bleibt. Außerdem sind die dafür geeigneten Gesteinsschichten begrenzt.

Gern verschwiegen: Klimakiller Methan

Neben CO2 wird bei der Produktion von fossilem Wasserstoff auch Methan freigesetzt. Methan heizt das Klima kurzfristig sogar deutlich stärker an als CO2: Auf 20 Jahre betrachtet geht der Weltklimarat davon aus, dass Methan das Klima 84-mal stärker schädigt als Kohlenstoffdioxid.

Bei der Produktion von Wasserstoff aus fossilem Gas gelangt sowohl bei Förderung und Transport des verwendeten Erdgases als auch bei der Produktion selbst Methan in die Atmosphäre. Die entweichende Menge hängt dabei von sehr vielen Faktoren ab: Auf welche Art wird das verwendete Erdgas gefördert? Wie weit muss es transportiert werden? Sind die Anlagen auf dem neuesten Stand der Technik? Wird aus den Abgasen der Wasserstoffproduktion Methan abgeschieden?

Da es bis jetzt nur erste Pilot-Anlagen zur Herstellung blauen Wasserstoffs gibt, wird über die exakte Höhe der Emissionen in der Wissenschaft noch gestritten. Doch obwohl die Methan-Emissionen vermutlich deutlich mehr zur klimaschädigenden Wirkung von blauem Wasserstoff beitragen als das CO2, werden sie in der Debatte gerne verschwiegen.

Schlechte Klimabilanz

Aufgrund der Methan-Emissionen fällt die Klimabilanz von „blauem“ Wasserstoff trotz der oft betonten CO2-Abscheidung insgesamt schlecht aus. Eine Studie von US-amerikanischen Forscher:innen kommt sogar zum Ergebnis, dass Wasserstoff aus Erdgas trotz CO2-Abscheidung klimaschädlicher sei als die direkte Nutzung von Erdgas. Der Grund: Im Prozess geht Energie verloren, weswegen insgesamt mehr Gas genutzt wird. Damit steigen auch die mit der Förderung des fossilen Gases verbundenen Methan-Emissionen.

Klimaschädliche Emissionen verschiedener Energieträger im Vergleich:

Balkendiagramm, das darstellt, wie viel CO2-Äquivalent pro genutzter Energie je nach Energieträger freigesetzt wird. Die schlechteste Bilanz hat grauer Wasserstoff, dicht gefolgt von blauem Wasserstoff. Erdgas, Diesel und Kohle verursachen etwas weniger Emissionen. Der Großteil der durch

Nur „grüner“ Wasserstoff ist nachhaltig!

Wasserstoff kann eine wichtige Rolle im Klimaschutz spielen, aber nur, wenn er sparsam eingesetzt und nachhaltig hergestellt wird. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, muss sich die Bundesregierung klar gegen die Herstellung und den Import von fossilem Wasserstoff aussprechen. Gleichzeitig müssen die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut werden und die Nutzung von Wasserstoff auf solche Bereiche beschränkt werden, in denen es keine effizienteren Techniken gibt. Denn sonst droht die Hoffnung auf sauberen Wasserstoff am Ende die Nutzung fossiler Rohstoffe zu verlängern.

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