Hintergrund
Wie der Energiecharta-Vertrag die Energiewende gefährdet
Was ist der Energiecharta-Vertrag?
Der Vertrag über die Energiecharta (ECT) ist im Kern ein Investitionsschutzabkommen für die internationale Energiewirtschaft. Es ermöglicht Investoren, Staaten vor einem privaten Schiedsgericht auf Entschädigung bei „entgangenem“ und „voraussichtlich entgangenem“ Gewinn, bzw. „direkter“ oder „indirekter“ Enteignung zu verklagen. Und dies bereits, wenn ein Staat Bedingungen für ihre Investitionen durch neue Regeln verschlechtert.
Sonderrechte für Konzerne
Der Vertrag schafft so doppelt Sonderrechte für international agierende Konzerne: Er gibt ihnen das exklusive Recht vor internationalen, nicht-staatlichen Schiedsgerichten zu klagen. Zudem ermöglicht er durch Rechtsbegriffe wie „faire und gerechte Behandlung“ und „indirekte Enteignung“, dort Rechte einzufordern, die im jeweiligen nationalen Recht üblicherweise nicht existieren.
Die Zahl der Fälle vor Investor-Staat-Schiedsgerichten wird in den nächsten Jahren stark ansteigen. Der Grund dafür ist vor allem, dass große Anwaltskanzleien und Prozesskostenfinanzierer die Anregung und Betreuung von Investitionsschutzfällen als lukratives Geschäftsfeld entdeckt haben – kein Wunder bei Stundenlöhnen von 1000 US-Dollar und mehr. Sie helfen den Konzernen die schwammigen Rechtsbegriffe aus internationalen Abkommen gezielt auszunutzen.
Mögliche Investitionsschutzklagen der Zukunft: Fracking und Kohle
Das Pariser Klimaabkommen erfordert eine schnelle Dekarbonisierung der Wirtschaft. Der ECT steht mit diesem Ziel in Konflikt. Klagen wie die von RWE auf 1,4 Milliarden Euro Schadensersatz wegen des Kohleausstiegs in den Niederlanden, die Klage des britischen Ascent Resources gegen Slowenien wegen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu Fracking oder die Klage des britischen Ölkonzerns Rockhopper gegen das italienische Ölbohrverbot für die Adria sind nur die Spitze des Eisbergs. Wenn Staaten eine ernsthafte Klimapolitik betreiben, werden viele Milliarden Investitionen in fossile Energieträger rapide an Wert verlieren. Der ECT wird dann Milliarden an Steuergeldern kosten – wenn er nicht gar dazu führt, dass Regierungen notwendige Maßnahmen unterlassen, weil Konzerne mit Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe drohen.
Zum Scheitern verurteilt: Die Modernisierung der Energiecharta
Mit einer Reform wollen die Vertragsstaaten den Vertrag nun seit Monaten modernisieren. Doch Änderungen am ECT sind nur möglich, wenn alle 53 Vertragsstaaten dem zustimmen. So beantragte die EU, über die Arbeitsweise der mächtigen und intransparenten Schiedsgerichte zu verhandeln, scheiterte jedoch am Widerstand Japans. Auch der Diktator von Aserbaidschan, dessen Reichtum auf Erdölexporten basiert, hat ein Vetorecht bei den Reformverhandlungen. Gleichzeitig drängen fossile Mächte, wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Iran und Venezuela in den Vertrag. Es wird Zeit für die EU und Deutschland auszusteigen! Sollte sich die Europäische Union nicht auf einen schnellen Austritt einigen können, ist es die Aufgabe Robert Habecks als Wirtschafts- und Klimaminister, den einseitigen Ausstieg Deutschlands aus dem Anti-Klima-Abkommen einzuleiten, um den Weg für die Energiewende freizumachen.