G7: Von wegen Klima-Außenpolitik
Beim G7-Gipfel in Elmau unter deutschem Vorsitz drehte sich diese Woche alles um den russischen Angriffskrieg und die daraus resultierenden Energie- und Klimafragen. Bundeskanzler Olaf Scholz trat dabei prominent als Bremser der klimapolitischen Ambitionen der G7-Staaten auf. Aus der versprochenen „Zukunftskoalition“ droht im Schatten des Ukrainekriegs eine „Rückschrittskoalition“ zu werden.
Henning Peters · 3 Minuten
Zentraler klimapolitischer Agenda-Punkt des G7-Gipfels war der sofortige Stopp von direkten Auslandsinvestitionen der G7-Staaten in fossile Energien. Olaf Scholz (SPD), im Wahlkampf noch „Kanzler für Klimaschutz“, entpuppte sich dabei zunehmend als Kanzler für Fossile.
Bereits im Vorfeld des Gipfels lobbyierte er dafür, das 2021 bei der Klimakonferenz in Glasgow beschlossene Investitionsverbot wieder aufzuweichen und Investitionen im gesamten Gassektor ausdrücklich nicht auszuschließen. Leider gelang es Olaf Scholz tatsächlich, massive Schlupflöcher in das Investitionsverbot hineinzuverhandeln.
Unter von den jeweiligen Staaten selbst zu definierenden Umständen sollen Ausnahmen erlaubt bleiben, auch wenn diese mit den Pariser Klimazielen vereinbar sein müssen. Das Investitionsverbot wird so zu einem zahnlosen Tiger, das leicht umgangen werden kann.
LNG: Importe über 2045 hinaus?
Um sich aus der Abhängigkeit von Russland zu lösen, plant die Bundesregierung neue Gasinfrastruktur in Form von LNG-Terminals, mit denen Deutschland mit fossilem Flüssiggas (LNG) aus beispielsweise Nordamerika und Katar beliefert werden soll. Dabei sind bis zu zwölf LNG-Terminals im Gespräch. Um diese zu bauen hat der Bundestag kürzlich ein LNG-Beschleunigungsgesetz verabschiedet, das die Standards zur Genehmigung der Terminal unterhalb der Mindeststandards der EU setzt und Möglichkeiten schafft, die Umweltverträglichkeitsprüfung weitestgehend auszusetzen.
Mit ihren Plänen geht die Bundesregierung weit über das Nötige hinaus. 2021 bezog Deutschland 46 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland. Allein die zwei LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel sollen zusammen eine Kapazität von 18 bis 36 Milliarden Kubikmeter umsetzen können. Falls es wie geplant zu 12 Terminals kommen sollte und diese ähnlich groß wären, läge die Menge an LNG-Importen bei einem Vielfachen der zu ersetzenden Menge russischer Gasimporte.
Die Regierung plant nicht nur kurzfristig zu viel LNG einzukaufen, sondern auch über einen viel zu langen Zeitraum. Erste Verträge sehen LNG-Lieferungen über 2045 hinaus vor. Damit geht die Bundesregierung gegen ihre eigenen – gesetzlich festgelegten – Klimaziele und sprengt das deutsche CO2-Restbudget.
Das Vorhaben der Bundesregierung, sich aus der Abhängigkeit von Russland zu lösen, ist grundsätzlich unterstützenswert, doch die derzeitige Außenpolitik der Bundesregierung lässt erahnen, dass es Teilen der „Rückschrittskoalition“ eben nicht um auf wenige Jahre begrenzte Ersatzmaßnahmen geht, sondern jahrzehntelange fossile Abhängigkeiten im Schatten des Ukrainekriegs zumindest billigend in Kauf genommen werden.
Klare Kante für’s Klima
Anstatt Milliarden in fossile Energien zu investieren und ihre Nutzung in die Länge zu ziehen braucht es jetzt massive Investitionen in Erneuerbare – flankiert von auf wenige Jahre ausgelegte Überbrückungsmaßnahmen. Der Gasbedarf in Deutschland muss durch einen Einbaustopp fossiler Heizsysteme und die Förderung von erneuerbaren Heizsystemen wie Wärmepumpen oder Geothermie gesenkt werden. Russisches Erdgas, das sich nicht kurzfristig durch erneuerbare Energien ersetzen lässt, sollte anstatt über festverbaute LNG-Terminals mit jahrzehntelangen Verträgen möglichst über Häfen der europäischen Nachbar:innen und nur wenn unvermeidbar über schwimmende Terminals besorgt werden.