Warum hört der Fahrradweg einfach hier auf?
Wer regelmäßig Fahrrad fährt kennt das von Entertainer Jan Böhmermann besungene Phänomen: Wo eben noch ein Radweg war, bleibt die Wahl zwischen der Fahrt auf einer vielbefahrenen Landstraße oder einem holprigen Feldweg. Der Radentscheid Bayern will das nun ändern und sammelt deswegen Unterschriften für ein Landes-Radgesetz – und folgt darin anderen Initiativen wie dem Volksentscheid Fahrrad (Berlin) und der Verkehrswende Hessen. Tatsächlich fehlen an über der Hälfte aller bayerischen Bundes- und Staatsstraßen die Radwege komplett, es gibt also dringenden Handlungsbedarf!
Henning Peters · 3 Minuten
Vor fünf Jahren hat die bayerische Staatsregierung versprochen, den bayernweiten Radverkehrsanteil bis 2025 von 10 Prozent auf 20 Prozent zu verdoppeln, doch der Radverkehrsanteil ist gerade mal um einen Prozentpunkt auf 11 Prozent gestiegen. Dieser magere Zuwachs ist ein klarer Ausdruck des Politikversagens: Viele Menschen könnten und würden sehr gerne mehr Wege mit dem Fahrrad zurücklegen, werden durch schlechte Bedingungen aber davon abgehalten.
Seit Mitte Juni und bis mindestens Ende Oktober sammelt der Radentscheid Bayern nun Unterschriften für ein Volksbegehren zum Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur. Die Kampagne will ein bayerisches Radgesetz erstreiten und hat bereits einiges an Aktivität entfalten können: Die Nachfrage nach Unterschriftenlisten ist nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land enorm und binnen weniger Wochen wurden in 92 von 96 Landkreisen und kreisfreien Städten Sammelstellen eingerichtet. Dies zeigt, dass die Unterstützung für die Verkehrswende nicht nur in den Städten, sondern auch in der Fläche groß ist.
Für ein bayerisches Radgesetz
Mit dem Radgesetz soll der Freistaat Bayern Verantwortung für die künftigen Generationen übernehmen. Der Ausbau des Radverkehrs leistet einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der Pariser Klimaziele, erhöht die Lebensqualität auf dem Land und in der Stadt, verringert den Flächenverbrauch, fördert die Gesundheit der Bevölkerung und reduziert die Anzahl der im Straßenverkehr verletzten Menschen.
Das Gesetz soll künftig Zuständigkeiten, Verfahren und Standards für Planung, Bau und Unterhalt von Radinfrastruktur klar regeln. Bisher ist der Ausbau von Radwegen fast allein den Kommunen überlassen. Deshalb gehen Planung und Bau, gerade von interkommunalen Projekten äußerst zäh voran. Die lange versprochenen Radschnellwege im Raum München und Nürnberg etwa existieren nach wie vor nur auf dem Papier. Darüber hinaus fordert die Initiative 25% Radverkehrsanteil bis 2030, bedarfsgerechte, sichere Radwege, Vorrang für den Umweltverbund, mehr Radschnellverbindungen, weniger Flächenversiegelung und Vision Zero, also das Ziel von Null Verkehrstoten im Straßenverkehr.
Vom Bürgerbegehren zum Volksbegehren
In 11 bayerischen Städten haben kommunale Bürgerbegehrenskampagnen bereits insgesamt 240.000 Unterschriften für eine bessere und sichere Radinfrastruktur gesammelt: Bayern hat so viele Radentscheide wie kein anderes Bundesland. Doch auch wenn die Initiativen kommunale Beschlüsse erwirken konnten, geht die Umsetzung häufig nur schleppend voran – weil Ressourcen fehlen und weil die längst nicht mehr zeitgemäßen Richtlinien und Straßenverkehrsgesetze eine bessere Radinfrastruktur verhindern. Das soll sich nun ändern – mit einem Radgesetz, das die Staatsregierung verpflichtet, nicht nur von umweltfreundlicher Mobilität zu reden, sondern diese auch rasch zu ermöglichen.
Die Initiative für den Radentscheid Bayern ging so auch nicht nur von den landesweiten Verkehrsverbänden aus, sondern auch von den kommunalen Radentscheiden in Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Erlangen, Freising, München, Nürnberg, Neu-Ulm, Regensburg, Rosenheim und Würzburg. Sie wird größtenteils ehrenamtlich getragen und kann Unterstützung gut gebrauchen.
Jetzt mitmachen!
Falls Sie in Bayern gemeldet sind können auch Sie den Radentscheid Bayern unterstützen, indem Sie auf der offiziellen Unterschriftenliste des Radentscheid Bayerns unterschreiben. Die Liste darf aus formalen Gründen weder am heimischen Computer ausgedruckt werden, noch ist eine digitale Unterschrift zulässig. Daher empfiehlt es sich, an einer der zahlreichen Sammelstellen zu unterschreiben oder selbst eine Sammelstelle einzurichten, falls in der eigenen Kommune noch keine Sammelstelle vorhanden ist. Einen Überblick über alle Sammelstellen finden Sie hier. Das Ziel der Initiative ist es, bis Herbst 35.000 Unterschriften zu sammeln.
Parallel muss der Radentscheid Bayern ein großes Netzwerk für die entscheidende zweite Phase aufbauen, denn dann müssen innerhalb von 14 Tagen mindestens 1 Million Menschen in Bayern in ihrem Hauptwohnsitz in das Rathaus gehen, um sich in eine Liste einzutragen. Soviel vorweg: Ein Unterschreiben des Zulassungsantrags entbindet nicht von der Eintragung im Rathaus, deshalb sollte dort unbedingt noch einmal unterschrieben werden. Wir werden selbstverständlich über unseren Newsletter dazu aufrufen.