Pestizide in Lebensmittel:
Knapp die Hälfte der Proben ist belastet
Ein neuer Bericht der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zeigt, dass 41 Prozent der untersuchten Lebensmittel Pestizidrückstände enthalten. In mehr als der Hälfte dieser Fälle wurden Rückstände von zwei oder mehr Pestizidwirkstoffen festgestellt. Die Politik verschließt bisher die Augen vor diesem Missstand und akzeptiert ein unkalkulierbares Risiko für die Gesundheit der Verbaucher:innen und für die Umwelt.
Verena Schmitt · Lesezeit: 2 Minuten
In ihrem neuesten Jahresbericht über Pestizidrückstände in Lebensmitteln veröffentlicht die EFSA die Ergebnisse aus dem Jahr 2022. Untersucht wurden insgesamt 110.829 Proben von verschiedenen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Getreide, Fleisch, Milch und Honig, die in den 27 Mitgliedstaaten der EU verkauft wurden. Laut EFSA liegen in 96,3 Prozent der Proben die Pestizidrückstände innerhalb der gesetzlich zulässigen Grenzwerte. Doch diese Grenzwerte erscheinen oft willkürlich festgelegt und orientieren sich an der landwirtschaftlichen Praxis. Je nach Kultur können die Rückstandshöchstwerte für einen einzelnen Pestizidwirkstoff stark variieren. Das lässt vermuten, dass hier weniger auf die Gesundheit der Verbraucher:innen Rücksicht genommen wird, sondern der wirtschaftliche Nutzen im Vordergrund steht.
Der Cocktaileffekt – ein verkanntes Risiko
In 41 Prozent der Proben konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden. Besonders alarmierend ist, dass in über der Hälfte dieser Fälle Mehrfachbelastungen von zwei oder mehr Wirkstoffen vorliegen. In einer Stichprobe von Paprikapulver sind 43 verschiedene Pestizide enthalten, in einer Probe von Erdbeeren 15, von Tomaten und Wein jeweils 14. Die Tomaten- und Weinproben stammen aus der EU, während die Herkunft der Paprikapulver- und Erdbeerproben unbekannt ist. Wie sich die einzelnen Wirkstoffe zueinander und gemeinsam auf den menschlichen Körper und die Umwelt verhalten ist kaum erforscht und unerwünschte Kombinationswirkungen bleiben unentdeckt. Dieser sogenannte Cocktaileffekt wird bei der Zulassung von Pestiziden bisher kaum berücksichtigt. Die Pestizidgrenzwerte für unsere Lebensmittel beziehen sich immer nur auf einen Wirkstoff, obwohl europäische Verbraucher:innen täglich einer Vielzahl von verschiedenen Pestizidrückständen in ihrer Nahrung ausgesetzt sind. Die Politik ignoriert diesen Umstand beharrlich und hat es bis heute versäumt, ein Zulassungsverfahren für Pestizide zu entwickeln, das die Risiken des Cocktaileffekts auf Menschen und Umwelt hinreichend berücksichtigt.
Bio schneidet deutlich besser ab
Im Jahr 2022 wurden auch 6717 Proben von Biolebensmitteln untersucht. Bei 79 Prozent dieser Proben wurden keinerlei Pestizidrückstände nachgewiesen. Bei 18,6 Prozent der Proben liegen die Belastungen innerhalb der gesetzlich zulässigen Grenzwerte und bei 2,4 Prozent wurden diese überschritten. Die meisten nachgewiesenen Wirkstoffe in Bio-Proben sind entweder zugelassen und dürfen gemäß der EU-Biorichtlinie angewendet werden (z.B. Kupfer), treten natürlich auf (z.B. Bromidion und Kupfer) oder stammen aus der Wasseraufbereitung (z.B. Chlorat) und früheren Anwendungen von bereits verbotenen langlebigen Substanzen (z.B. Hexachlorbenzol). Das Vorkommen anderer in der biologischen Landwirtschaft nicht zugelassener Pestizide ist häufig auf sogenannte Abdrift zurückzuführen. Denn ausgebrachte Pestizide landen nicht immer nur dort, wo sie eingesetzt werden. Über Wind und Wasser verbreiten sich die Wirkstoffe in der Umwelt und können so auch in geringen Mengen auf Bio-Lebensmitteln landen.
Es geht auch ohne Pestizide!
In der ökologischen Landwirtschaft ist der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden verboten. Dementsprechend gering ist auch die Belastung von Bioware mit diesen Wirkstoffen. Wenn Sie die Aufnahme von Pestiziden über die Nahrung vermeiden möchten, greifen Sie wo immer möglich zu Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft. Damit tun Sie nicht nur ihrer Gesundheit etwas Gutes, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Artenschutz.