Geldschein im Wert von 250 Euro mit Fahrrad und erneuerbaren Energien symbolisiert Klimageld

250 Euro Klimageld wären bereits dieses Jahr in Deutschland möglich, wenn die Regierung alle Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Bevölkerung ausschütten würde.

Eine beeindruckend schnelle Einführung, gerade mit Blick auf die sich seit Jahren ziehende Debatte in Deutschland! Hat es dann auf Anhieb funktioniert?

Es gab schon kleinere Anlaufschwierigkeiten, manche haben den Bonus etwas früher erhalten als andere, aber dabei ging es nur um einige Wochen. In Summe wurde der Klimabonus sehr unbürokratisch und schnell eingeführt.

Erstaunlich, was alles möglich ist, wenn der politische Wille da ist… Dabei war die Einführung im Jahr 2022 eine politisch durchaus schwierige Zeit: Der russische Überfall auf die Ukraine brachte die Energiemärkte durcheinander. In Deutschland gab es zu dieser Zeit ja eine Aussetzung des CO2-Preisanstiegs und einen Tankrabatt. Wie kam es genau in dieser Zeit zu der politischen Mehrheit für CO2-Bepreisung und Klimabonus in Österreich?

Studien hatten gezeigt, dass wir die nationale CO2-Bepreisung in Ergänzung zum europäischen Emissionshandel brauchen, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen. Beschlossen wurden CO2-Preis und Klimageld aber bereits als Teil einer großen ökosozialen Steuerreform im Oktober 2021. Dort waren auch viele Wunschprojekte der ÖVP [konservative Partei in Österreich] enthalten wie die Senkung von Einkommensteuersätzen oder die Verbesserungen von Familienleistungen. Und auch die Industrie hat viele Forderungen durchgesetzt: So wurde etwa die Körperschaftssteuer von 25 auf 23 Prozent gesenkt. Die CO2-Bepreisung stand also nicht alleine da – eine Abschaffung wäre nur möglich gewesen, wenn das Paket insgesamt aufgeschnürt worden wäre.

Wenige Tage nach Vorstellung der ökosozialen Steuerreform ist Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aber über eine Chat-Affäre gestürzt, Karl Nehammer (ÖVP) kam als sein Nachfolger. Insgesamt war die ÖVP in dieser Zeit geschwächt und hatte Furcht vor Neuwahlen. Es war für die Konservativen daher schwierig, die CO2-Bepreisung nochmals ernsthaft in Frage zu stellen und Neuwahlen zu riskieren.

Nun gibt es den Klimabonus in Österreich also seit Oktober 2022. Wie genau funktioniert er?

Es war in Österreich von Anfang an klar, dass die Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis über den Klimabonus an die Menschen zurückverteilt werden soll. Auch die Industrie zahlt den CO2-Preis und erhielt im Gegenzug etliche Entlastungspakete. Die Regierung legt die erwarteten Einnahmen fest und beschließt die Höhe des Klimabonus gesetzlich. Einen separaten Fonds, wie in Deutschland den Klima- und Transformationsfonds, gibt es für die Abwicklung nicht.

Dieses Jahr beträgt der so genannte Sockelbetrag des Klimabonus in Österreich 145 Euro. Diesen erhalten alle in Österreich gemeldeten Erwachsenen, Kinder erhalten die Hälfte. Dazu kommt ein Betrag, der regional gestaffelt ist: Je nach Qualität der Versorgung mit öffentlichem Nahverkehr erhalten Bürger:innen bis zu 145 Euro zusätzlich. Das war ein Vorschlag der Konservativen, um Menschen auf dem Land entgegenzukommen, die stärker aufs Auto angewiesen sind. Das erhöht sicher die Akzeptanz bei Menschen, die am Land wohnen, ökologisch sinnvoll und gerecht ist diese regionale Staffelung allerdings nicht: so wohnen Menschen auf dem Land häufiger im Wohneigentum und haben im Gegenzug oft bessere Möglichkeiten, ihre Heizung klimafreundlich umzustellen und damit CO2-Kosten zu sparen. Mieter:innen im mehrgeschossigen Wohnbau im urbanen Raum haben diese Möglichkeit nicht. Den Vorteil kürzerer Wege erkauft man sich zudem auch durch sehr viel höhere Mieten bzw. Wohnungspreise. GLOBAL 2000 hat damals einen Pro-Kopf-Betrag gefordert.

Kann man denn schon sagen, wie der Klimabonus in Österreich angenommen wird? Bringt er die gewünschte Entlastungwirkung und mehr Akzeptanz für den CO2-Preis?

Es wurde von manchen nicht verstanden, warum beispielsweise auch Asylwerber:innen den Klimabonus bekommen sollen, die FPÖ [rechtspopulistische Partei in Österreich] hat dies kritisiert. Kritik gab es aber auch aus den eigenen Reihen, besonders an der regionalen Staffelung: Warum sollen Menschen auf dem Land mehr bekommen als in der Stadt? Warum werden diejenigen belohnt, die mehr mit dem Auto fahren?

Der Gedanke dahinter war aber: Soziale Akzeptanz! Auch auf dem Land können CO2-Preis und Klimageld dazu führen, weniger mit dem Auto unterwegs zu sein und so mehr vom Klimabonus zu behalten.

Kritik gab es außerdem, dass der Klimabonus auch Menschen mit sehr hohem Einkommen zusteht, die ihn nicht brauchen. Hier hat die Regierung mittlerweile korrigiert: Menschen mit einem Bruttoeinkommen über etwa 93.000 € müssen den Klimabonus ab diesem Jahr versteuern.

Mehr zum Thema Klimageld im Vortrag mit unserem Referenten Dr. Leonard Burtscher sowie Gast Mag. Johannes Wahlmüller (Global 2000) im Münchner Forum Nachhaltigkeit

Seid Ihr als GLOBAL 2000 nun zufrieden mit dem Klimabonus?

Ja, die Einführung des Klimabonus war eine gute Entscheidung, aber der CO2-Preis wurde viel zu niedrig angesetzt. Dieser müsste deutlich höher sein, um eine echte Klimawirkung zu zeigen. Dazu kommt, dass Industrie und Landwirtschaft den CO2-Preis zwar auch bezahlen müssen, aber viele Entlastungen erhalten. Landwirt:innen können Mineralölsteuerrückvergütung beantragen, außerdem gibt es einen „carbon leakage“-Topf [für Unternehmen, die sich durch den CO2-Preis im grenzübergreifenden Handel benachteiligt sehen] und es gibt einen Härtefall-Topf. Die Industrie ist also sehr gut bedient worden. Immerhin gibt es die Auflage, dass 50 Prozent der Entlastungsbeträge in Klimaschutzprojekte investiert werden müssen. Dennoch: Als GLOBAL 2000 vermuten wir, dass etwa ein Drittel des CO2-Preises, den die Industrie bezahlt, auf dem ein oder anderen Weg wieder an sie zurückfließt.

Wie hoch müsste der CO2-Preis eigentlich sein und wer hat gegen einen höheren Preis opponiert?

Im Wesentlichen die Wirtschaft. Sie konnte sich mit der Forderung durchsetzen, dass der CO2-Preis in Österreich nicht höher ist als in Deutschland. So haben wir derzeit einen CO2-Preis von 45 Euro pro Tonne, nächstes Jahr wird der Preis auf 55 Euro steigen, wie in Deutschland. Umweltschutzorganisationen haben argumentiert, dass dies viel zu niedrig ist. 55 Euro wären ein guter Einstiegswert im Jahr 2022 gewesen, mittelbar muss der CO2-Preis aber auf mindestens 150 Euro steigen, um Wirkung zu zeigen. Mit den derzeitigen CO2-Preisen sind die Klimaziele dagegen nicht zu erreichen. Wir erwarten allerdings, dass der CO2-Preis auf Verkehr und Gebäudewärme mit Einführung des europaweiten Handelssystems ETS 2 sicher deutlich steigen wird. Es ist daher wichtig, davor ein erprobtes Entlastungssystem in Kraft zu haben!

Alles in allem: Hat der Klimabonus die Akzeptanz für die CO2-Bepreisung erhöht?

Der CO2-Preis ist bei Bürger:innen unbeliebt, obwohl sie ihn im Alltag kaum spüren: Markt-Schwankungen beeinflussen die Preise an der Zapfsäule viel stärker als der CO2-Preis. Bei Umfragen vor der Einführung standen die meisten der CO2-Bepreisung zwar kritisch gegenüber, die Einschätzung verbesserte sich aber, wenn eine Rückvergütung mit abgefragt wurde. Meiner Einschätzung nach hätte die Regierung eine Einführung eines CO2 Preises im Krisenjahr 2022 ohne Rückvergütung nicht durchgestanden. Insofern ist der Klimabonus sicher ein wichtiges Mittel, um ausreichend Akzeptanz für eine CO2-Bepreisung zu bekommen.

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