Bundesregierung kneift vor wirksamer Pestizidreduktion
Letzte Woche stellte Landwirtschaftsminister Özdemir das „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ vor. Ob das Papier tatsächlich zur dringend notwendigen Pestizidreduktion beitragen wird, ist mehr als fraglich. Denn der Inhalt bleibt leider stark hinter den Erwartungen zurück.
Christine Vogt · Lesezeit: 3 Minuten
Bundesregierung kneift vor wirksamer Pestizidreduktion
Der Einsatz von Pestiziden ist mit zahlreichen negativen Auswirkungen verbunden: Er schadet unserer Gesundheit, führt zu einem Rückgang der Artenvielfalt, belastet Gewässer, Böden und die Luft. Trotzdem gelangen Jahr für Jahr abertausende Tonnen der gefährlichen Ackergifte in unsere Umwelt. Allein in Deutschland wurden 2022 über 32.000 Tonnen Pestizidwirkstoffe verkauft.
Hoffnung auf Reduktionsprogramm enttäuscht
Dass der massive Einsatz von Pestiziden angesichts des dramatischen Artensterbens und anderer gravierender Auswirkungen so nicht weitergehen kann, ist inzwischen auch in der Politik angekommen. Ende 2022 kündigte das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) deshalb die Erarbeitung eines Pestizidreduktions-Programms an – was bei Umweltverbänden Hoffnungen auf ein baldiges Umsteuern weckte. Doch schon Anfang des Jahres wurden diese Hoffnungen zerschlagen, als das BMEL lediglich eine Diskussionsgrundlage vorstellte, die zudem stark verspätet kam. In diesem Beteiligungsprozess wurden neben Natur- und Umweltschutzverbänden auch die Agrarlobby zur Stellungnahme aufgefordert. Auch das Umweltinstitut reichte in diesem Rahmen eine Stellungnahme ein.
Schon die damals vorgelegte Diskussionsgrundlage blieb weit hinter unseren Erwartungen zurück, was schon die Namensänderung deutlich machte: Statt des angekündigten „Pestizidreduktions-Programms“ hieß es nun „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“! In unserer Stellungnahme haben wir zahlreiche Punkte angesprochen, die aus unserer Sicht in der Diskussionsgrundlage nicht ausreichend berücksichtigt wurden, die aber für eine wirksame Pestizidreduktion essentiell wären. Wir forderten unter anderem strengere Regelungen für den Pestizideinsatz in Schutzgebieten, die Minimierung des Gesamteinsatzes sowie ein Verbot von Glyphosat. Außerdem verlangten wir die Einführung einer bundesweiten elektronischen Datenbank, in der alle Pestizidanwendungen veröffentlicht werden.
Mogelpackung „Zukunftsprogramm“
Nun hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir vergangene Woche endlich das finale „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ vorgestellt. Doch inhaltlich bleibt es weit hinter den ohnehin schon geringen Erwartungen zurück.
Zwar hält das Landwirtschaftsministerium auf dem Papier an seinem Ziel fest, den Pestizideinsatz bis 2030 zu halbieren – ein erfreulich klares Bekenntnis zur europäischen Farm-to-Fork-Strategie. Doch konkrete Maßnahmen und Zeitpläne für die Umsetzung dieses Ziels fehlen. Stattdessen setzt das Programm weiterhin auf Freiwilligkeit. Ordnungsrechtliche Vorgaben wie ein Verbot besonders schädlicher Stoffe oder des Pestizideinsatzes in sensiblen Gebieten wie Schutzgebieten will das Landwirtschaftsministerium gar nicht einführen. Auch wichtige Punkte wie der Schutz des Trinkwassers vor Pestiziden sind komplett gestrichen worden.
Eine andere Landwirtschaft ist möglich
Die freiwilligen Maßnahmen und unverbindlichen Ziele des Programms reichen bei weitem nicht aus, um eine wirksame Pestizidreduktion voranzubringen. Dass ausgerechnet ein grün geführtes Landwirtschaftsministerium hier vor der Agrarlobby einknickt, ist enttäuschend und ein Schritt in die falsche Richtung.
Dabei zeigen über 35.000 Bio-Betriebe in Deutschland täglich, dass Landwirtschaft auch ohne chemisch-synthetische Pestizide möglich ist. Wir fordern daher eine konsequente Agrarwende hin zu 100 Prozent Ökolandbau mit kleinteiligen und vielfältigen Strukturen sowie regionalen bäuerlichen Wirtschaftsmodellen. Trotz dieses Rückschlags werden wir uns weiterhin dafür einsetzen – und dafür brauchen wir Ihre Unterstützung!
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