Kostenfalle Gasheizung: Warnung vor irreführender Werbung im Briefkasten

Wer jetzt noch eine neue Gasheizung einbaut, geht ein doppeltes Kostenrisiko ein. Doch die Energienetze Bayern, der größte regionale Gasnetzbetreiber in Südbayern, werben sogar aktiv per Brief für den Einbau neuer Gasheizungen. Das ist gefährlich – für den Geldbeutel und das Klima. Wir haben die Briefe unter die Lupe genommen und die Verantwortlichen konfrontiert.

Post vom Gasnetzbetreiber? Achtung, Kostenfalle!

Wenn im Briefkasten Post von den Energienetzen Bayern liegt, sollte man ganz genau hinschauen: In Briefen, die dem Umweltinstitut vorliegen, empfiehlt das Unternehmen tatsächlich noch den Einbau von neuen Gasheizungen. Dabei ist längst beschlossen, dass in ganz Deutschland spätestens ab 2045 ohne fossile Brennstoffe wie Erdgas geheizt werden soll. Obwohl klimaschädliche Erdgasheizungen heute noch nicht verboten sind, ist klar, dass sie Schritt für Schritt ersetzt werden müssen. Spätestens am Ende ihrer Lebensdauer sollte ein Heizungstausch stattfinden.

Damit das klappt, erarbeiten deutsche Kommunen aktuell sogenannte Wärmepläne und informieren ihre Bürger:innen darüber, ob sie damit rechnen können, in naher Zukunft an ein Fernwärmenetz angeschlossen zu werden. Wo das nicht möglich ist, sind effiziente Wärmepumpen in den allermeisten Fällen die beste Lösung. Auch Pelletheizungen oder Solarthermieanlagen können in seltenen Fällen zum Einsatz kommen. Wer jetzt noch in eine neue Gasheizung investiert, wird diese Entscheidung vermutlich bald bereuen. Klar ist: Niemand bleibt ohne Gasheizung im Kalten sitzen, denn für jedes Gebäude – ob Altbau oder Mehrfamilienhaus – gibt es eine Lösung.

Irreführende Briefe: Zeit für einen Faktencheck

Die Energienetze Bayern scheint das jedoch nicht weiter zu interessieren. Das Tochterunternehmen der Energie Südbayern GmbH versorgt laut seiner Website aktuell mehr als 16.000 Privat- und Industriekunden mit Gas. Ihr Netz erstreckt sich über 10.000 Kilometer und erreicht neben vielen ländlichen Orten auch Städte wie Kaufbeuren, Freising, Straubing, Rosenheim und Passau. Schenkt man den Briefen Glauben, die das Unternehmen in unbekannter Zahl an seine Kund:innen verschickt hat, soll das auch so bleiben. Die alarmierende Behauptung: Gasheizungen könnten bald einfach mit Wasserstoff oder Biomethan betrieben werden und seien Sieger im Gesamtkostenvergleich.

Wir haben diese Behauptungen einem Faktencheck unterzogen – mehr Informationen finden Sie in den ausklappbaren Kästen:

Behauptung: „Wasserstoff und Biomethan sind die Energieträger der Zukunft“

Faktencheck:

  • Bei der Produktion und dem Transport von Wasserstoff aus grünem Strom geht viel Energie verloren. Ihn dann wortwörtlich zu verheizen verbraucht bis zu fünf Mal so viel Energie, wie Strom direkt zum Betrieb einer Wärmepumpe zu nutzen.
  • Eine Heizung mit Biomethan zu betreiben verbraucht ungefähr drei Mal so viel Energie, wie Strom zum Betrieb einer Wärmepumpe zu nutzen. Aktuell werden nurca. 1 Prozent des deutschen Gasbedarfs durch Einspeisung aus Biomethan-Anlagen gedeckt, das Potenzial ist damit schon weitestgehend ausgereizt. Oft stammt das Biomethan aus dem Anbau von Energiepflanzen wie Mais, deren Anbau alles andere als nachhaltig ist.
  • Es herrscht Konsens unter Wissenschaftler:innen, dass die beiden erneuerbaren Gase daher maximal eine Nischenrolle im Gebäudewärmesektor einnehmen. Studien (1, 2) prognostizieren Marktanteile von ca. 65 Prozent für die Wärmepumpe und ca. 30 Prozent für Wärmenetze. Pelletheizungen, Solarthermie, Biomethan und Wasserstoff nehmen also insgesamt eine Nischenrolle von nur etwa fünf Prozent ein.
  • In bestehenden Wärmeplänen spielen Wasserstoffnetze daher fast nie eine Rolle. Eine Umfrage des Fraunhofer-Instituts von 267 Kommunen ergab, dass nur ein Prozent von ihnen aktuell Maßnahmen zur Umstellung von Gas- auf Wasserstoffnetze unternehmen.
  • Ein vom Umweltinstitut beauftragtes Rechtsgutachten hat 2024 gezeigt, dass die Planung mit Wasserstoff für Haushalte aktuell nicht zu verantworten ist.

Fazit: In der Beheizung von Gebäuden haben sowohl Wasserstoff als auch Biomethan nur in seltenen Ausnahmefällen etwas zu suchen.

Heizen mit Gas wird teuer

Wer heute noch mit Gas heizt, sollte sich langsam nach einer Alternative umsehen. Denn Heizen mit Gas wird teuer, so viel ist bereits heute klar. Aktuell heizt noch ungefähr die Hälfte der Haushalte mit dem fossilen Brennstoff, doch das wird sich schnell ändern. Schon jetzt entscheiden sich immer mehr Menschen für eine klimafreundliche Heizung und kehren der alten Gasheizung den Rücken. So wird der Betrieb der Gasnetze unrentabel, weil es sich nicht lohnt, die Leitungen für immer weniger Kund:innen aufrechtzuerhalten. Dann ist es günstiger, die Gasversorgung schon frühzeitig Schritt für Schritt einzustellen. Tut ein Netzbetreiber dies nicht, müssen am Ende die verbliebenen Kund:innen die hohen Preise zahlen.

Fossiles Erdgas lässt sich auch nicht einfach mit erneuerbaren Gasen wie Wasserstoff oder Biomethan ersetzen. Erstens stehen sie überhaupt nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung. Zweitens sind sie in der Produktion sehr teuer und vergleichsweise ineffizient. Und drittens lohnt sich der Betrieb eines Netzes nicht, um die wenigen potenziellen Abnehmer:innen zu versorgen. Für die Verteilung von Wasserstoff müssten außerdem aufwändige Umrüstungen am Netz vorgenommen werden. Nur in seltensten Ausnahmefällen kann die Aufrechterhaltung von Gasnetzen zur Versorgung von Wohngebäuden eine letzte Option sein.

Behauptung: „Gasheizungen sind Sieger im Gesamtkostenvergleich“

Faktencheck:

  • Heute kostet eine Gasheizung bei der Anschaffung meist weniger als eine Wärmepumpe (Investitionskosten). Die Bundesregierung fördert aber den Einbau von Wärmepumpen oder den Anschluss an ein Wärmenetz mit bis zu 70 Prozent der Investitionskosten.
  • Außerdem machen steigende Betriebskosten das Heizen mit Gas langfristig immer unrentabler. Denn Erdgas – insbesondere verflüssigtes Erdgas aus Fracking – ist ähnlich klimaschädlich wie Kohle und wird deswegen schon heute mit einem CO2-Preis belastet, der ab 2027 auch EU-weit gilt und stark steigen wird. Hinzu kommt, dass immer weniger Gaskund:innen die Kosten für den Betrieb der Gasnetze schultern müssen.
  • Aktuelle Kostenprognosen der Energieexperten von „co2online“ zeigen, dass sich die Energie- und Investitionskosten für eine neue Gasheizung über einen Zeitraum von 20 Jahren im Schnitt auf etwa 78.800 Euro summieren. Mit einer modernen Luft-Wärmepumpe hingegen landet man bei etwa 37.550 Euro. Das ist weniger als die Hälfte.
  • Die Energienetze Bayern stützen ihre Kostenberechnung nur auf aktuelle Energiepreise und erwähnen die zu erwartenden Kostensteigerungen nur am Rande. So erscheint die Gasheizung im Vergleich fälschlicherweise günstiger als die Wärmepumpe.
  • Insbesondere das Heizen mit Wasserstoff wird laut Studienlage sehr teuer: Wissenschaftler:innen erwarten langfristig fast doppelt so hohe Kosten wie bei einer herkömmlichen Wärmepumpe.
  • Beim Import von Erdgas sind wir auf Länder wie Russland und die USA angewiesen. Die gegenwärtigen geopolitischen Entwicklungen zeigen, dass wir uns auf zuverlässige Lieferung und damit billige Gaspreise nicht mehr verlassen können. Auch deshalb sollten wir unsere Abhängigkeit vom fossilen Gas so schnell wie möglich beenden.

Fazit: Bei Kostenprognosen von Gasnetzbetreibern ist Vorsicht geboten!

Keine Einsicht bei den Verantwortlichen

Wir haben die Energienetze Bayern deshalb kontaktiert und nachgefragt, wie sie mit ihren Gasnetzen umgehen wollen. Die Antwort war ernüchternd – von der Stilllegung ihrer Netze wollten die Verantwortlichen nichts wissen. Ganz im Gegenteil: Sie beharrten auf dem Märchen vom Wasserstoff und Biomethan und wiesen jegliche Verantwortung von sich. Schließlich seien sie nur Netzbetreiber und nicht Gasversorger – eine tatsächliche Versorgung mit Biogas oder Wasserstoff könnten sie „nicht sicherstellen“. Warum sie sich dann allerdings dazu berufen fühlen, weiter für den Einbau von Gasheizungen zu werben, bleibt ein Rätsel. Auch an wie viele Kund:innen das Unternehmen diese Briefe verschickt hat, wollte es nicht verraten. Die Vermutung liegt nahe, dass das Unternehmen sein Geschäft mit dem dreckigen Erdgas so lange wie möglich aufrechterhalten will. Klimaschutz? Fehlanzeige.

Behauptung: „Netzbetreiber haben keine Verantwortung, sondern nur die Gasversorger“

Faktencheck:

  • Wenn Gasnetzbetreiber tatsächlich die Versorgung von Haushalten mit Wasserstoff planen, müssen sie einen streng reglementierten Fahrplan erarbeiten, der von der Bundesnetzagentur geprüft wird (nach Artikel 71k im GEG). Unter anderem müssen sie nachweisen, dass die Versorgung mit Wasserstoff für die Kund:innen günstiger ist, als andere Wärmelösungen.
  • Gasnetzbetreiber müssen nach Artikel 28 im Wärmeplanungsgesetz (WPG) gegenüber der Kommune darlegen, wie sie in Biomethan-Prüfgebieten die ausreichende Versorgung mit grünem Methan sicherstellen können.
  • Gasnetzbetreiber müssen nach Artikel 8 und Artikel 28 im Wärmeplanungsgesetz die Kommune bei der Ausbau-, Umbau- und Stilllegungsplanung ihrer Gasnetze informieren und einbeziehen. Gleichzeitig müssen sie selbst die Darstellungen aus dem Wärmeplan der Kommune berücksichtigen.
  • Gasnetzbetreiber mit mehr als 45.000 Kund:innen sind von der EU dazu aufgefordert, einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Gasversorgung zu planen. Das Umweltinstitut setzt sich dafür ein, dass diese Pflicht in Deutschland für alle Gasnetzbetreiber eingeführt wird.

Fazit: Gasnetzbetreiber haben in Rahmen der Wärmewende verschiedene Pflichten und können sich der Verantwortung nicht entziehen.

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