Was sind Freisetzungsversuche?
Vor dem kommerziellen Anbau müssen sogenannte Freisetzungsversuche durchgeführt werden. Bei solchen Versuchen testen Konzerne gentechnisch veränderte Laborpflanzen im Freiland. Allein in Deutschland erhielten zwischen 1990 und 2013 rund 200 Freisetzungsversuche mit transgenen Pflanzen eine Genehmigung. Seit 2013 wurden keine Freilandversuche mehr in Deutschland zugelassen, weil die bestehende Regulierung für Freisetzungsversuche ein Genehmigungsverfahren mit der Möglichkeit demokratischer Beteiligung erfordert. Sowohl die gesetzlichen Auflagen als auch die anhaltenden Proteste – unter Beteiligung des Umweltinstituts – und die breite gesellschaftliche Ablehnung führten zum Stopp des Versuchsanbaus.
Massenhafte Importe – Soja und Mais als Futterpflanzen
In Deutschland werden genmanipulierte Pflanzen derzeit zwar weder angebaut noch freigesetzt, doch importieren wir sie massenhaft. Vor allem Soja, Mais und Raps, aber auch Baumwollsaat und Zuckerrübenschnitzel. Allen voran genmanipuliertes Soja landet in den Mägen unserer Schweine, Rinder und Hühner. Die EU importiert jährlich etwa 14 Millionen Tonnen Sojabohnen meist aus Argentinien, Brasilien, Paraguay und den USA. 100 Prozent der argentinischen, 99 Prozent der paraguayischen, 96 Prozent der brasilianischen und 94 Prozent der US-amerikanischen Sojabohnen sind dabei genmanipuliert. Von den europäischen Soja-Importen werden jährlich zwischen vier und sechs Millionen Tonnen Sojaprodukte an Tiere in Deutschland verfüttert. Allein für deutsche Nutztiere wird Soja folglich weltweit auf einer Fläche von etwa 37 Mal der Fläche des Bodensees angebaut. Und das, obwohl es regionale Alternativen gibt, wie zum Beispiel in Europa angebautes Soja, Sonnenblumen, Raps, Ackerbohnen, Erbsen, Klee, Rübsen oder Lupinen.
Ähnlich sieht es beim Import von Genmais aus, der ebenfalls als Lebens- und Futtermittel in der EU zugelassen ist. 36 verschiedene Sorten werden derzeit importiert, von welchen einige gleich mehrere Varianten von Bt-Giften, die gegen unterschiedliche Schädlinge gerichtet sind, produzieren. Viele dieser Maisvarianten sind zusätzlich resistent gegen mehrere Herbizide wie zum Beispiel Glyphosat und Glufosinat. Hergestellt und vertrieben werden sie von den Großkonzernen Bayer/Monsanto, Syngenta/Chem China, Dow AgroSciences /DuPont/Pioneer (Corteva Gruppe) und BASF. Die verschiedenen Gen-Maissorten werden weltweit in circa 20 Ländern angebaut, hauptsächlich in den USA, Brasilien, Kanada, Argentinien und Südafrika. Die Anbaufläche entspricht circa 30 Prozent des weltweit angebauten Maises.
Optimierte Bäume für die Industrie
Doch nicht nur Ackerpflanzen stehen im Fokus der Gentechnik-Industrie. Seit 1988 finden weltweite Freisetzungsversuche mit genmanipulierten Bäumen statt. Auch in Deutschland gab es bis 2005 vier Freilandversuche mit genmanipulierten Pappeln. Weltweit gesehen sind für den kommerziellen Anbau inzwischen gentechnisch veränderte Pappeln (China), Pflaumen (USA), Papaya (USA, China, Japan), schnell wachsender Eukalyptus (Brasilien) und nicht braun werdende Äpfel (USA, Kanada) zugelassen. Forscher:innen wollen Bäume durch Genmanipulationen für die Bewirtschaftung in großen Monokulturen „optimieren“. Zum Beispiel durch das ständige Ausscheiden von Insektengiften durch Bt-Bäume. Schon mit mindestens 24 verschiedenen Baumarten wurde experimentiert. Die Papier-, Energie- und Agrospritindustrie forciert besonders Versuche, schnell wachsende Nutzhölzer, wie Pappeln und Eukalyptus, gentechnisch so zu verändern, dass die Verarbeitung kostengünstiger wird. Kiefer und Fichte, aber auch Obstgehölze wie Apfel, Birne, Kirsche und Pflaume zählen zu den Versuchsobjekten.
Eine breite Debatte über den Anbau manipulierter Bäume ist angesichts der hohen Risiken dringend notwendig. Bereits 2006 kamen die Mitgliedsstaaten der UN-Konvention zu biologischer Vielfalt überein, dass von einem Anbau von Gen-Bäumen erhebliche soziale und ökologische Risiken ausgehen, insbesondere auf die globale Waldbiologie sowie auf die Lebensgrundlagen indigener und lokaler Lebensgemeinschaften.
Versprochen und nicht gehalten
Die Versprechungen der großen Gentechnik-Konzerne waren und sind bis heute groß, wie die Bekämpfung des Welthungers, Einsatz von weniger Spritzmitteln oder der Anpassung von Pflanzen an die Folgen des Klimawandels. Doch diese Versprechen konnten bisher nicht erfüllt werden und blockieren die dringend notwendige, umfassende Agrarwende. Denn anstatt ganzheitliche Lösungen für die Bekämpfung des Klimawandels und des Artensterbens zu suchen, wird auf vermeintlich einfache, technische Lösungen gesetzt.