Sulfoxaflor ist ein noch relativ neues und hochwirksames Insektengift. Wie die inzwischen weitgehend verbotenen Neonicotinoide wirkt es systemisch und dringt in alle Teile einer Pflanze ein – belasteter Pollen und Nektar wird so zu einer giftigen Falle für Bestäuber. Obwohl ein Risiko für bestäubende Insekten nicht ausgeschlossen werden kann, sind Pestizide, die diesen Wirkstoff enthalten EU-weit im Einsatz.

In Deutschland sind nur wenige Mittel zugelassen, die Sulfoxaflor enthalten. Und der Einsatz dieser Mittel ist auf den Einsatz in Gewächshäusern beschränkt. Dadurch soll ein gewisser Schutz der Bestäuber gewährleistet werden. Auch wenn ein Totalverbot von Sulfoxaflor der beste Schutz für Insekten wäre: Im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten galten in Deutschland mit dieser Einsatz-Beschränkung bisher deutlich strengere Regeln.

Wildbiene an einem Basilikumzweig

Wildbiene auf einem Basilikum

Jahrelanges Ringen um Freilandverbot

Und genau darum wurde auf EU-Ebene seit Jahren gerungen. Immer wieder stand ein EU-weites Freilandverbot von Sulfoxaflor auf der Tagesordnung des zuständigen Ausschusses (PAFF-Committee = Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed), ohne dass dabei ein Entschluss gefasst wurde. Auch bei der letzten Abstimmung im sogenannten Berufungsausschuss konnte unter den EU-Staaten weder die erforderliche Mehrheit für noch gegen eine Einschränkung von Sulfoxaflor erreicht werden. Wenn dies der Fall ist, ist die EU-Kommission befähigt, selbst eine Entscheidung zu treffen. Dies ist nun geschehen.

Die deutsche Bundesregierung wird in dem Ausschuss durch das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium vertreten. Sowohl die alte als auch die neue Bundesregierung befürworteten in diesem Rahmen die Beschränkung des Insektengifts auf den Einsatz in Gewächshäusern.

Vorgeschichte: Zulassung trotz fehlender Daten

Das Insektizid Sulfoxaflor wurde vom Chemiekonzern Dow AgroSciences entwickelt und hat den selben Wirkmechanismus wie die der Gruppe der Neonicotinoide (kurz Neonics), von denen inzwischen mehrere europaweit verboten wurden. Sulfoxaflor sollte die alten, verbotenen Neonics ersetzen, jedoch wirkt das Mittel ähnlich toxisch. Bereits in sehr kleinen Mengen kann es Insekten töten oder ihr Nervensystem schädigen. Es wird damit automatisch auch zur Gefahr für Bienen und andere bestäubende Insekten.

Sulfoxaflor wurde 2015 in der EU zugelassen, obwohl wichtige Daten zu Auswirkungen auf Bestäuber fehlten. Die EU-Kommission verlangte aber von Dow AgroSciences, fehlende Studien innerhalb von zwei Jahren nachzuholen. Diese Studien wurden uns im Jahr 2018 zugespielt.

Mit der griechischen Bienenforscherin Dr. Fani Hatjina konnten wir eine kompetente Person für die kritische Prüfung der Studien finden. Ihr Fazit: Die Experimente in den Studien wurden zwar korrekt durchgeführt, doch bei der Interpretation der Daten und ihrer Zusammenfassung gab es schwerwiegende blinde Flecken. So lässt sich aus den Studien etwa nicht ableiten, wie gefährlich Sulfoxaflor für Wildbienen oder Schmetterlinge ist.

Komplett-Verbot bietet den besten Schutz

Zwar ist das EU-weite Freiland-Verbot von Sulfoxaflor durchaus als Teilerfolg zu werten. Für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge heißt das, dass sie auf den allermeisten Flächen von den verheerenden Auswirkungen des Gifts verschont bleiben. Trotzdem ist auch der Einsatz in Gewächshäusern nicht unproblematisch. Denn Gewächshäuser sind keine komplett geschlossenen Systeme. Insekten finden leicht ihren Weg hinein und sind darin als Bestäuber auch willkommen. Nur ein komplettes Verbot kann sie daher umfassend schützen.

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Insektengifte

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In Deutschland werden derzeit nach und nach Pestizidmischungen zugelassen, die die drei neuen Insektengifte Sulfoxaflor, Flupyradifuron und Cyantraniliprol enthalten. Die Wirkstoffe wurden bereits vor einigen Jahren auf EU-Ebene genehmigt – und das obwohl sie ganz ähnlich wie die Neonicotinoide wirken, die wegen ihrer gravierenden Auswirkungen auf Insekten im April 2018 für den Einsatz im Freiland verboten wurden und inzwischen EU-weit gar nicht mehr zugelassen sind. In mehreren EU-Staaten, darunter auch in Deutschland, sind bereits Pestizidmischungen mit den Wirkstoffen auf dem Markt.

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