Absurdes Theater im Südtiroler Pestizidprozess:
Der letzte Kläger muss zwangsvorgeführt werden
Nach der Rücknahme fast aller 1376 Anzeigen wird am 28. Januar der Südtiroler Pestizidprozess gegen Karl Bär fortgesetzt - mit nur noch einem Kläger. Weil dieser letzte verbliebene Kläger im Oktober trotz Vorladung als Zeuge der Staatsanwaltschaft nicht zum Gerichtstermin erschienen war, wird er nun zum Verhandlungstermin am Freitag auf richterliche Anordnung von der Südtiroler Polizei zwangsvorgeführt und befragt. Das Umweltinstitut München sieht in diesem Gerichtsverfahren gegen Karl Bär Justizmissbrauch und fordert einen Freispruch.
Schon zum fünften Mal wird Karl Bär am Freitag vor dem Landesgericht Bozen erscheinen, weil er den hohen Pestizideinsatz in den Südtiroler Apfelplantagen kritisiert hat. Immer wieder wurde die Verhandlung verschoben und vertagt. „In mehr als einem Jahr und vier Gerichtsverhandlungen ging es nicht ein einziges Mal um den Einsatz von Pestiziden in Südtirol“, berichtet Karl Bär. „Deshalb bin ich gespannt auf den Auftritt des Zeugen am bevorstehenden Verhandlungstag: Erstmals in diesem Prozess werden wir über den Pestizideinsatz in Südtirols Apfelplantagen sprechen – den eigentlichen Streitpunkt. Und wir werden belegen, dass unsere Kritik schlicht Tatsachen beschreibt.“
„Dieser Prozess wird immer absurder: Der einzige Mensch, der dieses Verfahren noch aufrechterhält, muss von der Polizei zum Gericht gebracht werden, damit er endlich erklärt, worin denn überhaupt die üble Nachrede bestehen soll“, sagt Fabian Holzheid, politischer Geschäftsführer am Umweltinstitut. „Die Verzögerungstaktik der Gegenseite bestätigt, dass es hier nicht um die Klärung eines juristischen Streits geht, sondern dass es sich um eine Einschüchterungsklage handelt – ein klassischer SLAPP. Es wird höchste Zeit, dass das Gericht dieses absurde Theater beendet und Karl Bär freispricht.“
Nach einer Aktion des Umweltinstituts zur Aufklärung der Öffentlichkeit über den hohen Pestizideinsatz in den Südtiroler Apfelplantagen hatten der Südtiroler Landesrat Arnold Schuler sowie mehr als 1370 Südtiroler Bäuerinnen und Bauern Karl Bär wegen übler Nachrede angezeigt. Im Lauf des letzten Jahres wurden alle Anzeigen zurückgenommen – bis auf eine. Deshalb geht der Prozess weiter – und bleibt für den Angeklagten existenzbedrohend: Falls Bär verurteilt wird, könnten tausende Südtiroler Landwirt:innen in einem anschließenden Zivilverfahren Schadensersatzforderungen geltend machen, die Millionenhöhe erreichen könnten. Auch eine Anklage wegen Markenfälschung gegen Bär ist weiter anhängig.
Als Prozessbeobachter:innen vor Ort haben sich Hanspeter Staffler (Mitglied des Südtiroler Landtags), Claudia Köhler (Mitglied des Bayerischen Landtags) und Rosi Steinberger (Mitglied des Bayerischen Landtags und Vorsitzende im Ausschuss für Umwelt- und Verbraucherschutz) angekündigt.