Großer Erfolg für Klima und Demokratie: Deutschland kündigt Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag an
Nach jahrelangen Protesten von Klimaschützer:innen gegen den Energiecharta-Vertrag (ECT) und zwei Jahren erfolgloser Verhandlungen über dessen Reform kündigt die Bundesregierung nun an: Deutschland wird aus dem Anti-Klima-Abkommen ECT aussteigen.
Konzerne haben den ECT in den vergangenen Jahren für teilweise milliardenschwere Klagen gegen Staaten genutzt, die aus fossilen Energien aussteigen oder höhere Umweltschutzstandards einführen wollten. Alleine in Deutschland schützt der Vertrag fossile Investitionen in Höhe von über 54 Milliarden Euro. Umwelt- und Klimaschutzorganisationen hatten in der Vergangenheit immer wieder darauf gedrängt, den Vertrag zu kündigen, damit die Energiewende nicht ausgebremst wird.
Das Umweltinstitut München konnte kürzlich mit einem Rechtsgutachten nachweisen, dass auch der reformierte ECT gegen geltendes europäisches Recht verstößt. Aufgrund der sogenannten sunset clause schützt der Vertrag ab Kündigung bestehende Investitionen für weitere zwanzig Jahre. Wie das Rechtsgutachten belegt, können europäische Staaten sich aber gegen eine Vollstreckung eventueller Schiedsgerichtsurteile zur Wehr setzen und die Klausel damit unwirksam machen.
Ludwig Essig, Referent für Handelspolitik am Umweltinstitut München kommentiert: “Unsere jahrelange Arbeit hat sich gelohnt: Dass Deutschland aus dem Energiecharta-Vertrag aussteigt, ist ein Fanal für den Klimaschutz und unsere Demokratie. Der Anfang vom Ende für den Investitionsschutz für fossile Energien ist gemacht. Nun müssen sich die ausgestiegenen Staaten in Europa gegen die Vertragsklausel wehren, die noch zwanzig weitere Jahre Investitionsschutz für Fossile garantieren soll. Wir haben mit einem Rechtsgutachten gezeigt, wie das gehen kann. Jetzt heißt es: nicht locker lassen und weiter für eine konsequent soziale und klimagerechte Politik kämpfen. Wir danken allen unseren Unterstützern:innen und Kolleg:innen der anderen NGOs – heute ist ein historischer Tag für den Klimaschutz.”
Die Klimaschützer:innen drängen nun auf den Ausstieg der gesamten EU, denn sie sehen die EU auf ein sowohl politisch als auch juristisch gefährliches Szenario zusteuern: Wenn immer mehr Mitgliedsländer auf der einen Seite aussteigen wollen, aber auf der anderen Seite im Rat für die Reform stimmen, bleibt die EU im ECT Mitglied. Eine vollständige Ratifizierung des reformierten Vertragstextes durch alle EU-Mitgliedsstaaten dauert im besten Fall Jahre und wird im Worst-Case nie passieren. Damit würde die EU selbst im alten ECT gefangen bleiben, obwohl viele Mitgliedstaaten bereits ausgestiegen sind. Allein in der EU, Großbritannien sowie der Schweiz schützt der ECT im Moment fossile Projekte in Höhe von über 344 Milliarden Euro.
„Deutschland hat mit dem Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag einen entscheidenden Schritt für den Klimaschutz gemacht“, sagt Fabian Flues, Handelsexperte bei PowerShift. „Doch wenn die EU nicht aussteigt, könnten wir noch jahrelang im Vertrag gefangen sein. Deshalb muss die Bundesregierung alles daran setzen, dass auch die EU diesen klimaschädlichen Vertrag verlässt und darf der Reform im Europäischen Rat nicht zustimmen.”