Wenn Landwirt:innen auf ihren Feldern Pestizide verwenden, müssen sie jeden Pestizideinsatz dokumentieren. Bisher werden diese Aufzeichnungen von keiner Behörde erfasst, sondern bleiben meist ungesehen auf den Höfen und dürfen nach drei Jahren vernichtet werden. Diesen Zustand kritisieren nicht nur Umweltverbände, sondern auch Wissenschaftler:innen verschiedenster Disziplinen. Sie sind auf diese Daten angewiesen, damit sie bewerten können, welche Umwelt- und Gesundheitsrisiken das Ausbringen von Pestiziden verursachen kann.

Das Bündnis, das ein begründetes Interesse an den Daten über Pestizideinsätze eint, fordert im Brief an Özdemir und Lemke die zentrale Erfassung, Veröffentlichung und Auswertung der Pestizideinsätze. Konkret schlagen die Unterzeichner:innen des Briefs vor, dass Landwirt:innen ihre bereits verpflichtenden Aufzeichnungen über Pestizidanwendungen künftig digital in einem einheitlichen Online-Formular übermitteln. Auf einer Online-Landkarte sollten die Daten öffentlich einsehbar sein.

“In Deutschland weiß bislang niemand, welche Pestizide wann, wo und in welchen Mengen tatsächlich ausgebracht werden – nicht einmal die Behörden selbst. Doch diese Daten sind Umweltinformationen und müssen der Wissenschaft und auch allen anderen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden”, erläutert Vera Baumert, Referentin für Landwirtschaft am Umweltinstitut.

Im vergangenen Jahr wurde in mehreren Gerichtsprozessen bestätigt, dass der Zugang zu Einsatzdaten von Pestiziden ein “Jedermannsrecht” ist, da es sich um Umweltinformationen im Sinne der EU-Umweltinformationsrichtlinie handelt. In Brandenburg hatte das Umweltinstitut diese Daten erfolgreich eingeklagt, in Baden-Württemberg der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) und der Zweckverband Landeswasserversorgung.

Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel-Regierung bereits ein “digitales Herkunfts- und Identifikationssystem Pflanzenschutz” angekündigt. Umweltschutzorganisationen vermuten dahinter die von ihnen seit Langem geforderte Erfassung der Pestizideinsätze. Erst kürzlich forderten auch die Agrarminister:innen der Länder den Bund zum wiederholten Male auf, die Ausgestaltung  eines entsprechenden Systems zu prüfen.

Neben dem Umweltinstitut haben auch Umweltverbände wie der Deutsche Naturschutzring (DNR), der BUND, der WWF und das Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) den offenen Brief unterzeichnet. Auch die Internationale Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke im Rheineinzugsgebiet (IAWR), das Portal für Informationsfreiheit FragDenStaat und  Wissenschaftler:innen aus Umwelt- und Gesundheitsforschung fordern die umfassende Offenlegung der Daten.

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