Nukleares Risiko durch Schweizer Uralt-Atomkraftwerke
Die vier Atomkraftwerke in der Schweiz sind stark überaltert und damit ein ernstzunehmendes Risiko, insbesondere für Menschen im Süden Deutschlands. Das belegt eine am 26. Juni veröffentlichte Studie des trinationalen Atomschutzverbands aus dem Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz hervor. Unser Referent für Atompolitik Dr. Hauke Doerk hat ein Vorwort zur Studie geschrieben und fasst die Ergebnisse zusammen.
Dr. Hauke Doerk · Lesezeit: 3-4 Minuten
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Der älteste Atomreaktor der Schweiz, Beznau I, ist bereits seit 56 Jahren in Betrieb. Selbst das jüngste AKW Leibstadt hat seine ursprünglich vorgesehene Betriebsdauer von 40 Jahren bereits erreicht. Diese Anlagen sind nicht nur technisch veraltet, durch den Materialverschleiß steigt auch das Risiko für gravierende Störfälle. Dennoch werden derzeit Laufzeiten von mehr als 60 Jahre hinaus diskutiert. Die neue Studie mit dem Titel „Gefährdung (Süd-)Deutschlands durch schwere Unfälle in Schweizer Atomkraftwerken“ fasst aktuelle Analysen zusammen und macht damit das nukleare Risiko durch die Atomkraftwerke in der Schweiz deutlich.

Nukleares Risiko durch Schweizer Uralt-Atomkraftwerke
Hauptbetroffen: Süddeutschland
Ein zentrales Ergebnis: Menschen in Deutschland sind besonders bedroht. Aufgrund vorherrschender Wetterlagen, geografischer Gegebenheiten und der Bedeutung der AKW-Standorte für die Trinkwasserversorgung führen die meisten Szenarien für schwere Unfälle zu einer besonders starken radioaktiven Belastung im Süden Deutschlands. Aber auch die Schweiz selbst und viele Länder in Europa könnten schwer getroffen werden. Die möglichen Folgen würden die Kapazitäten des Katastrophenschutzes bei Weitem übersteigen.
Besonders pikant: Die Schweizer Aufsichtsbehörde unterschätzt die möglichen Folgen für Mensch und Umwelt dramatisch. Selbst im schlimmsten betrachteten Szenario nimmt sie eine geringere Radioaktivitätsfreisetzung an als unabhängige Analysen.
Spätestens die Tschernobyl-Katastrophe hat uns gelehrt, dass Radioaktivität keine Grenzen kennt. Selbst in tausend Kilometern Entfernung und nach rund 40 Jahren sind in damals kontaminierten Regionen Pilze und Waldprodukte zum Teil so stark verstrahlt, dass sie nicht für den Verzehr geeignet sind. In den Jahren nach der Reaktorkatastrophe waren auch Lebensmittel wie Gemüse und Molkereiprodukte radioaktiv belastet. Am Umweltinstitut informieren wir seit 1986 mit unserem kostenlosen Messprogramm – unabhängig von Staat und Atomindustrie – über die Strahlenbelastung durch Tschernobyl.
Auch wenn glücklicherweise bisher keine weitere Reaktorkatastrophe in Europa passiert ist, erhalten wir unsere Messkompetenz aufrecht. Die Menschen in Japan hatten weniger Glück. Auch die Reaktorkatastrophe in Fukushima 2011 hat schmerzhaft vor Augen geführt, wie gravierend und langanhaltend die Folgen sein können: Zehntausende Menschen verloren ihr Zuhause, viele leiden bis heute unter den Konsequenzen.
Der weltweite Ausstieg ist die einzige Lösung
Nur ein weltweiter Atomausstieg kann uns dauerhaft vom Risiko nuklearer Verseuchung schützen – und dabei sogar dem Klimaschutz helfen. Denn die Debatte um Atomenergie zieht viel Aufmerksamkeit und Gelder von echten nachhaltigen Lösungen ab. Nicht nur sind erneuerbare Energien heute günstiger als Atom- und fossile Energie. Auch beim verantwortungsbewussten Umgang mit Energie gibt es viel zu verbessern. Ein Beispiel: Rund 40 Prozent des Energiebedarfs in der Industrie in Deutschland ließe sich allein mit wirtschaftlichen Effizienzmaßnahmen einsparen.
Die vorliegende Studie ist ein Augenöffner für nukleare Risiken und macht deutlich, dass die Atomkraftwerke in der Schweiz dringend abgeschaltet werden müssen. Die Arbeit hilft, den Atomausstieg in der Schweiz, in Europa und in der Welt voranzubringen.
Die Studie mit einem Vorwort unseres Referenten für Atompolitik Dr. Hauke Doerk finden Sie hier zum Download.
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