Bereits zum Start der Verhandlungen über eine Reform Anfang Juni 2020 forderte das Umweltinstitut die Kündigung statt einer Reform des Vertrags. Nachdem wir schon 2018 mit einem Rechtsgutachten bewiesen, dass Investitionsschutzklagen durch den Energiecharta-Vertrag gegen europäisches Recht verstoßen könnten, urteilte der Europäische Gerichtshof am 10. September 2021, dass die Schiedsgerichtsklausel des ECT in Intra-EU-Verfahren nicht anwendbar, sprich illegal ist.

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Der Energiecharta-Vertrag gibt unter anderem Investoren fossiler Energien seit 1994 das Recht, Regierungen vor privaten Schiedsgerichten auf Milliardenbeträge zu verklagen, wenn etwa staatliche Eingriffe gegen die Klimakrise künftige Gewinne beeinträchtigen (könnten). Im Zuge der eskalierenden Klimakatastrophe und den damit einhergehenden Bemühungen um eine Energiewende stellt der ECT eine echte Gefahr für die Demokratie, den Rechtsstaat und unsere gemeinsame Zukunft auf dieser Erde dar. Zu diesem Schluss kommen auch die führenden Wissenschaftler:innen in ihrem neuen IPCC-Bericht.

Alle drei Reformziele der EU gescheitert

Seit Jahren kritisieren die EU und ihre Mitgliedstaaten den ECT als veraltet. In einem internen Reformprozess ab 2018 hat sich die EU deshalb drei Reformziele gesetzt:

  1. Sicherstellen, dass der ECT kein Hindernis beim Erreichen des Pariser Abkommens oder der Energiewende darstellt
  2. Reform des Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren des ECT
  3. Anpassung des Investitionsschutzes an EU-Standards

Unser Briefing zeigt: Alle drei Reformziele wurden nicht erreicht.

Zu Punkt 1: Im besten Fall würden bestehende Investitionen in Kohle, Gas und Öl noch bis weit in die 2030er Jahre hinein durch den ECT geschützt. Einige neue Gasinvestitionen in Pipelines und Kraftwerke könnten sogar bis 2040 geschützt sein. Andere Mitgliedstaaten des ECT außerhalb der EU wären Berichten zufolge in der Lage, fossile Brennstoffe unbegrenzt zu schützen.

Zu Punkt 2: Das veraltete und äußerst kontroverse Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS) des Vertrags, das von der ehemaligen EU-Handelskommissarin Malmström 2018 für „tot“ erklärt wurde, wird im Rahmen des Modernisierungsprozesses nicht verändert. Es stand während des gesamten Prozesses nicht einmal auf der Agenda. ISDS bleibt nicht nur politisch inakzeptabel, es steht auch im Widerspruch zu EU-Recht, da es nicht die Anforderungen für Schiedsverfahren erfüllt, die der EuGH in seinem CETA-Urteil (Gutachten 1/17) festgestellt hat.

Zu Punkt 3: Schlüsselelemente der Reformagenda der EU werden von anderen ECT-Mitgliedern abgelehnt. Die Vorschläge der EU werden aller Voraussicht nach verwässert und infolgedessen werden die Schutzstandards für Investoren weiterhin weit gefasst bleiben und staatliche Regulierungsmöglichkeiten zu stark einschränken. Es ist unwahrscheinlich, dass die Reform eine Vereinbarkeit mit dem EU-Recht sicherstellen kann, da es dem ECT derzeit an ausreichenden Garantien zur Wahrung der Autonomie der EU-Gerichte fehlt.

Nach den Verhandlungen ist vor dem Ausstieg

Gerade einmal zwei Verhandlungsrunden stehen im April und im Mai 2022 noch an, dann werden uns die bereits gescheiterten Verhandlungen als Erfolg verkauft. Gemeinsam mit unseren deutschen und europäischen Partnern werden wir alles daran setzen, dass die EU aus dem Vertrag aussteigt. Mindestens aber müssen wir erreichen, dass sich Deutschland der Allianz aus Frankreich, Luxemburg, Spanien und Polen anschließt und einen Ausstieg nach Abschluss der gescheiterten Reformbemühungen vorbereitet.

Ludwig Essig kommentiert für den Fachbereich Handelspolitik des Umweltinstituts: “Bereits vor dem Start der Verhandlungen über eine Reform des ECT stand fest: Mehr als Kosmetik ist nicht drin. Dass die EU mit allen drei Reformzielen scheiterte ist dramatisch, zeigt aber: Die EU muss das Anti-Klimaabkommen jetzt kündigen!”

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