Wolle bewusst auswählen: Nachhaltig stricken und häkeln
Sobald die Tage kürzer werden, beginnt die Strick- und Häkelsaison. Doch haben Sie sich schon einmal gefragt, worauf Sie bei der Auswahl Ihrer Wolle achten sollten? Nicht jede Faser ist gleich nachhaltig und viele Materialien haben versteckte ökologische und soziale Folgen. Wir zeigen Ihnen, welche vier Faserarten es gibt und worauf Sie achten sollten.
Pflanzliche Fasern am Beispiel Baumwolle
Baumwolle ist atmungsaktiv, reißfest, saugfähig und angenehm auf der Haut. Diese und andere Eigenschaften machen sie zur beliebtesten Faser in der Textilindustrie. Ihr großer ökologischer Vorteil ist, dass sie ein nachwachsender Rohstoff und biologisch abbaubar ist.
Doch die riesigen Mengen, die für die Textilindustrie produziert werden, und die Art und Weise der Produktion verursachen vielerorts große ökologische und soziale Probleme:
- Konkurrenz mit Lebensmitteln: Mehr als zwei Prozent der weltweiten Ackerflächen werden für Baumwolle genutzt: Flächen, auf denen Nahrung für rund 200 Millionen Menschen wachsen könnte.
- Hoher Pestizideinsatz: Der Baumwollanbau ist der viertgrößte Verbraucher von Pestiziden weltweit. Von den zwölf im Anbau am häufigsten eingesetzten Wirkstoffen, gelten zehn als besonders gefährlich für Gesundheit, Tiere und Umwelt.
- Wasserverbrauch: In trockenen Regionen führt die Bewässerung der Baumwollfelder zu Wasserknappheit, Versalzung und Bodenerosion.
- Gentechnik: Mehr als 70 Prozent der Baumwolle stammen aus gentechnisch veränderten Pflanzen, was Pestizidabhängigkeiten und Resistenzen fördert.
Tierische Fasern am Beispiel Schafwolle und Angora
Tierische Fasern zählen ebenfalls zu den nachwachsenden Rohstoffen und sind biologisch abbaubar. Doch ihre Produktion geht häufig mit großem Tierleid einher:
- Schafwolle: In der Regel werden den Lämmern ohne Betäubung die Schwänze gekürzt und die kleinen Böcke betäubungslos kastriert. Das Scheren ist für viele Tiere mit großem Stress und einer hohen Verletzungsgefahr verbunden. Besonders problematisch ist das sogenannte Mulesing bei Merinoschafen, bei dem Hautfalten ohne Betäubung entfernt werden. Etwa 80 Prozent der weltweit produzierten Merinowolle kommt aus Australien, wo das Mulesing übliche Praxis ist.
- Angorawolle: Rund 90 Prozent der weltweit gehandelten Angorawolle stammt aus China. Dort werden für die Gewinnung dieser besonders feinen Faser Angorakaninchen in engen Käfigen gehalten und den Tieren wird mehrmals pro Jahr das Fell brutal ausgekämmt oder ausgerupft.
Synthetische Fasern
Synthetische Fasern wie Polyester, Polyamid oder Acryl sind günstig und pflegeleicht. Sie bestehen jedoch aus nicht erneuerbaren Rohstoffen wie zum Beispiel Erdöl, die erhebliche Umweltprobleme verursachen.
- Giftige Chemikalien: Bei der Herstellung der Fasern werden große Mengen an Energie, giftigen Chemikalien und Wasser verbraucht und es kommt zu massiver Umweltverschmutzung.
- Mikroplastik: Beim Waschen synthetischer Kleidung gelangen winzige Plastikpartikel ins Abwasser. Rund 35 Prozent des Mikroplastiks in den Meeren stammt von Textilien aus synthetischen Fasern.
- Gesundheitsrisiken: Mikroplastik wurde bereits in Lebensmitteln und im menschlichen Körper nachgewiesen. Die Folgen sind noch nicht vollständig erforscht, doch Hinweise auf negative Auswirkungen mehren sich.
Halbsynthetische Fasern am Beispiel Viskose
Viskose wird aus nachwachsenden Rohstoffen wie zum Beispiel Holz oder Bambus hergestellt und ist biologisch abbaubar. Doch der Herstellungsprozess von Viskosefasern belastet ebenfalls die Umwelt stark:
- Entwaldung & Monokulturen: Für die Produktion werden Wälder abgeholzt und durch artenarme Baum- oder Bambusplantagen ersetzt.
- Giftige Chemikalien: In der Viskoseproduktion kommen gefährliche Substanzen wie Schwefelkohlenstoff und Natronlauge zum Einsatz – häufig ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen. Sie verschmutzen die Umwelt und stellen ein hohes Gesundheitsrisiko für die Menschen in den Fabriken und für die Anwohner:innen dar.
Was Sie tun können
- Baumwolle bewusst wählen: Achten Sie darauf, dass Ihre Baumwolle aus ökologischem und sozialem Anbau stammt. Entsprechende Siegel helfen Ihnen dabei (vgl. Infokasten).
- Achtung bei Tierfasern: Wenn Sie nicht auf tierische Fasern verzichten möchten, sollten Sie auf Siegel achten, die mehr Tierwohl garantieren (vgl. Infokasten).
- Keine Wolle aus Synthetik: Da synthetische Fasern aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden und nicht biologisch abbaubar sind, sollten Sie Wolle aus pflanzlichen oder halbsynthetischen Fasern bevorzugen.
- Pflanzliche Alternativen: Neben Baumwolle gibt es auch andere Pflanzen, aus denen Textilfasern gewonnen werden können, wie zum Beispiel Hanf, Lein, Ramie oder Brennnessel. Der Vorteil dieser Pflanzen: Sie sind deutlich robuster als Baumwolle und brauchen weniger Wasser, Pestizide und Dünger.
- Innovative halbsynthetische Fasern: Greifen Sie statt zu Wolle aus Viskose zu nachhaltigeren Alternativen wie zum Beispiel Lyocell. Diese Fasern werden wie Viskose aus Holz gewonnen, doch ihr Herstellungsprozess kommt ganz ohne giftige Chemikalien aus.
- Recycling-Garne: Viele Hersteller bieten Garne aus recycelten Fasern oder Produktionsüberschüssen an. Hier sollten Sie jedoch auch darauf achten, dass es sich um natürliche oder halbsynthetische Fasern handelt und auf synthetische Fasern verzichten.
Fazit: Nachhaltigkeit beginnt beim Faden
Ob Strickwolle, Kleidung oder Heimtextilien, wer auf die Herkunft und Herstellung seiner
Fasern achtet, kann aktiv zu Umwelt- und Tierschutz beitragen. Mit bewusstem Konsum und der Wahl nachhaltiger Materialien machen Sie den Unterschied – Masche für Masche.
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