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Die aktuelle BUND-Studie finden Sie hier.
Die Forderungen der Atommüllkonferenz zu hochradioaktiven Abfällen gibt es hier.
Alle Beiträge der Tagung können Sie beim Atommüllreport direkt herunterladen.
Das vor mehr als einem halben Jahrhundert begonnene Atomzeitalter hat in Deutschland eine wachsende Herausforderung mit sich gebracht: die Entsorgung von Atommüll. Immerhin wurden im April die Reaktoren des Landes endgültig stillgelegt. Doch ein sogenanntes „Endlager“ wird es noch für viele Jahrzehnte nicht geben und die derzeitige Lagerung weist eklatante Mängel auf. Mit einer Fachtagung regten wir Ende Juni die Debatte an und fordern erneut ein umfassendes Konzept zur Langzeit-Zwischenlagerung von Atommüll.
Dr. Hauke Doerk · 2 Minuten Lesezeit
Erst seit 2011 schreibt die EU nationale Entsorgungsprogramme für Atommüll vor – die Umsetzung ist allerdings äußerst lückenhaft. Immerhin: seit April ist hierzulande der Betrieb der Leistungsreaktoren endlich beendet. Damit wächst der Berg an hochradioaktivem Atommüll nur noch sehr viel langsamer an: zwei Forschungsreaktoren laufen noch in Mainz und in Garching. Auch die Urananreicherung in Gronau und die Brennelemente-Fertigung in Lingen ist nicht befristet. Das Nationale Entsorgungsprogramm sieht vor, dass 2050 ein „Endlager“ für Atommüll zur Verfügung steht. Derzeit wird hochradioaktiver Müll in rund 20 sogenannten „Zwischenlagern“ verwahrt. Hinzu kommen über 30 Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle. Das Projekt Atommüllreport, in dessen Trägerkreis das Umweltinstitut mitwirkt, hat am 23. Juni eine Fachtagung organisiert, in der die wesentlichen Fragen der Zwischenlagerung diskutiert wurden.
Anfang des Jahres wurde von Seiten der Behörden offiziell bekannt gegeben, wovor Anti-Atom-Initiativen schon seit Jahren warnen: Die Suche nach einem Atommülllager wird sich um viele weitere Jahrzehnte verzögern, wenn die nötige Sicherheit und Beteiligung der Bevölkerung ernst genommen werden soll. Der Standort für ein Endlager wird nicht wie bisher im Gesetz festgeschrieben 2031, sondern frühestens 2046, vielleicht erst 2068 gefunden sein – das fertige Atommüll-Bergwerk entsprechend noch später. Auch die Einlagerung wird sich danach noch über Jahrzehnte hinziehen.
Die Anti-Atom-Bewegung fordert seit Jahren ein neues Gesamtkonzept für die Langzeit-Zwischenlagerung. Bereits 2018 haben wir auf der Atommüllkonferenz ein entsprechendes Positionspapier mitverfasst. Nun scheint die Kritik anzukommen. Gerrit Niehaus, Abteilungsleiter für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz im Umweltministerium, kündigte auf unserer Konferenz an, es werde „zeitnah“ eine Überarbeitung des Nationalen Entsorgungsprogramms geben – mit Öffentlichkeitsbeteiligung.
Die Genehmigung der Zwischenlager ist auf 40 Jahre begrenzt. Doch die Zwischenlagerung kann noch ein weiteres Jahrhundert andauern. Bereits heute sind zwei Zwischenlager (Jülich und Brunsbüttel) seit zehn Jahren ohne Genehmigung. Laut Oda Becker, Autorin der Studie „Aktuelle Probleme und Gefahren bei deutschen Zwischenlagern für hoch-radioaktive Abfälle“ für den BUND Naturschutz ist der Gebäudeerhalt sowie vor allem die Reparierbarkeit von eventuell defekten Castoren ist in diesen Zeiträumen derzeit nicht sichergestellt. Um Alterungseffekte zu verstehen und auf derart lange Zeiten zu prognostizieren bestehe definitiv Forschungsbedarf, dies haben die Behörden auch erkannt. Studien seien jedoch auf wenige Stichproben aus Leistungsreaktoren begrenzt. Müll aus Forschungsreaktoren und Versuchsreaktoren oder die Alterung von Castorkomponenten werde nicht beforscht. Darüber hinaus sei der Schutz gegen Terroranschläge und Sicherung gegen Krieg nicht auf dem aktuellen Stand, so Becker.
Auch in anderen Ländern ist die Zwischenlagersituation im Wesentlichen erratisch, fasst Marcos Buser, Geologe und Sozialwissenschaftler, zusammen. Einzig Schweden und Finnland seien im Zeitplan, ob das Endlagerkonzept den Sicherheitsanforderungen standhält, sei aber eine andere Frage. Weitere Beiträge kamen von Prof. Dr. Wolfgang Irrek (Hochschule Ruhr-West) mit einer Analyse des kerntechnischen Entsorgungsfonds und Ursula Schönberger (Atommüllreport) zur Konzeptionslosigkeit der Zwischenlagerung von schwach-und mittelaktiven Abfällen.
Unser Referent für Radioaktivität am Umweltinstitut, Dr. Hauke Doerk, wies in seinem Beitrag zur Fachtagung auf die besonderen Gefahren des hoch angereicherten Atommülls hin, welcher aus dem Forschungsreaktor FRM II in Garching und den Hochtemperaturreaktoren AVR (Jülich) und THTR (Hamm-Uentrop) stammt. Dieser hat zwei besondere Probleme: erstens könnte das Material in den falschen Händen für den Bau von Atomwaffen missbraucht werden, zum anderen sind spezielle Maßnahmen gegen eine erneute nukleare Kettenreaktion in einem zukünftigen Atommüllbergwerk nötig. Die Abreicherung des Urans bereits zu Anfang der langfristigen Zwischenlagerung würde in beiden Punkten Abhilfe schaffen. Wir fordern die Erarbeitung von Konzepten, dies in nationaler Verantwortung durchzuführen. Die Verursacher wollen nichts tun, bis die Endlagerbedingungen bekannt sind, sich also über Jahrzehnte vor ihrer Verantwortung für den brisanten hoch angereicherten Atommüll drücken. Das werden wir nicht mittragen und die Diskussion weiterhin in die Öffentlichkeit bringen.
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