Sulfurylfluorid: Das unbekannte Klimagift
Das giftige Gas Sulfurylfluorid ist kaum bekannt, gehört aber zu den klimaschädlichsten Substanzen. Holzexporteure setzen es ein, um Insekten auf Exportholz zu vernichten und verursachen dabei immer größere Emissionen.
Giftiges Gas heizt die Klimakrise an
Zwischen 2019 und 2022 summierten sich die Emissionen allein im Hamburger Hafen auf eine Menge, die den jährlichen Ausstoß des innerdeutschen Flugverkehrs übersteigt.
Was ist Sulfurylfluorid?
Klimagift aus dem Container
Sulfurylfluorid hat ein Treibhauspotenzial von rund 5000 über einen Zeitraum von 100 Jahren, es ist also 5000 Mal so klimaschädlich wie CO2. Auf eine Zeitspanne von 20 Jahren, die im Zuge der Einhaltung der Klimaziele relevanter ist, ist Sulfurylfluorid sogar 7500 Mal so klimaschädlich wie CO2. Einmal ausgestoßen, bleibt es 36 Jahre in der Atmosphäre und trägt dort zum klimaerhitzenden Treibhauseffekt bei.
In den letzten Jahren ist der Einsatz von Sulfurylfluorid stark gestiegen. Denn durch die klimawandelbedingten Dürren und Hitzeperioden und den dadurch höheren Schädlingsbefall wurden viel mehr Bäume gefällt und exportiert. Der Inlandsabsatz von Sulfuryfluorid ist von 50 Tonnen im Jahr 2015 bis 2020 auf rund 200 Tonnen angestiegen. Im Hamburger Hafen wurden 2015 noch 17 Tonnen angewendet. In den letzten Jahren waren es 100 bis 230 Tonnen. Der Einsatz hat sich also etwa verzehnfacht und ist weiter auf hohem Niveau . Allein im Hamburger Hafen summierten sich die dadurch entstandenen Emissionen in den drei Jahren von 2019 bis 2022 auf rund drei Millionen Tonnen CO2e. Das ist mehr als die jährlichen Treibhausgasemissionen des innerdeutschen Flugverkehrs! Hinzu kommen die Emissionen an anderen Begasungsstandorten in Deutschland sowie in anderen europäischen Häfen.
Teufelskreis aus Hitze, Schädlingsbefall und Begasung
Diese Entwicklung ist vor allem auf die Hitze- und Dürreperioden in den Jahren 2018 bis 2021 zurückzuführen. Sie begünstigten die Ausbreitung des Borkenkäfers in den Wäldern. Fast fünf Prozent der gesamten Waldfläche Deutschlands sind in dieser Zeit zerstört worden. Die riesigen anfallenden Holzmengen konnten von der heimischen Sägeindustrie zeitweise nicht verarbeitet werden. Gleichzeitig ist das Einsägen in Ausland, vor allem in China, aktuell günstiger. Das Holz wurde also zu großen Teilen exportiert – und dazu mit Sulfurylfluorid begast.
Mit der fortschreitenden Klimakrise werden solche Dürrejahre in Zukunft wahrscheinlicher, gleichzeitig bleibt der Borkenkäfer ein Problem. Es ist davon auszugehen, dass der Holzeinschlag auch in Zukunft hoch bleiben wird – und damit auch der Export von Holz und der Einsatz von Sulfurylfluorid.
Es gibt Alternativen zum Klimagift
Hochschulen in Hamburg und Bremen forschen an Abfilterungstechniken für Sulfurylfluorid, doch es ist unklar, wann diese zur Verfügung stehen werden.
Darüber hinaus gibt es sowohl chemische als auch nicht-chemische Behandlungsmethoden, die eine Alternative zur Begasung mit Sulfurylfluorid darstellen können. China als Hauptimporteur von europäischem Exportholz akzeptiert auch folgende nicht-chemische Methoden:
- Thermische Behandlung
Ein Heizgerät erhöht die Raumtemperatur über mehrere Stunden auf über 42 Grad Celsius. Schädlinge werden so aufgrund der Gerinnung des Eiweißes abgetötet. Sämtliches nach China exportiertes Schnittholz wird wärmebehandelt. Für Stammholz ist die Behandlung aufwändiger und energieintensiver. Zur Erfüllung der chinesischen Anforderungen müssen die Holzstämme für mindestens 75 Minuten in ihrem gesamten Querschnitt auf 71,1 Grad Celsius erhitzt werden. - Unterwasserlagerung:
Wie die thermische Behandlung ist die Unterwasserlagerung ein anerkanntes Verfahren. Da sie ohne Chemikalieneinsatz auskommt, ist Unterwasserlagerung besonders vorteilhaft. Das Holz muss 90 Tage unter Wasser liegen, um Insekten abzutöten. - Entrindung:
Durch Entrindung des Stammholzes können weitere Behandlungsauflagen entfallen. In den USA wird das Stammholz „lose“ in die Häfen gefahren und dort in Großanlagen entrindet, bevor die Verladung in Container erfolgt. Eine entsprechende Logistik könnte auch in Deutschlands aufgebaut werden. Entrindung entfernt jedoch die bereits im Stammholz befindlichen Instekten nicht, weswegen sie bei Kalamitätsholz für gewöhnlich nicht angewendet werden kann.
Außerdem gibt es chemische Alternativen, die in Holz exportierenden EU-Ländern keine Zulassung für diese Anwendung haben.
- Klimafolgekosten Mit der Wahl einer sehr klimaschädlichen Behandlungsmethode entstehen hohe Folgekosten für die Gesellschaft, die von den Anwendern nicht getragen werden. Das Umweltbundesamt empfiehlt für im Jahr 2022 emittierte Treibhausgase einen Kostensatz von 237 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Bei einer Gleichgewichtung klimawandelverursachter Wohlfahrtseinbußen heutiger und zukünftiger Generationen ergibt sich ein Kostensatz von 809 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Würden diese Kosten von den Verursachern getragen, dann würden sich sicherlich auch die klimafreundlicheren Behandlungsmethoden wirtschaftlich rechnen.
Holzexporte: Nach China und wieder zurück
Zunehmende Hitze und Dürre in Deutschland führen dazu, dass unsere Wälder sterben – auch, weil Borkenkäfer und andere Schädlinge in diesem Klima noch besser gedeihen und die Bäume angreifen. So mussten gerade in den letzten Jahren sehr viele Bäume gefällt werden. Ist das Holzangebot sehr groß, sinken die Preise, die regionale Holzkäufer dafür zahlen. In dieser Situation haben Unternehmen aus China höhere Preise für unbehandeltes Holz angeboten und die Exporte dorthin sind drastisch gestiegen. Zum Teil wird das Holz in China verarbeitet und als fertiges Produkt wieder zurück nach Europa verschifft – Globalisierung in ihrer umweltschädlichen Form.
Eigentlich brauchen wir in Deutschland mehr Holz als wir selbst erzeugen. Es wäre also sinnvoll, die gefällten Bäume vor Ort zu verarbeiten und zu nutzen. Sägeindustrie, Handwerksbetriebe und Baubranche setzen sich darum bereits für ein Exportverbot und für die Förderung der lokalen Verarbeitung ein. Gerade in der Baubranche wäre eine stärkere Nutzung von Holz statt Beton auch aus Klimaschutzsicht wünschenswert.
Es gibt Alternativen, die nur noch etabliert werden müssen. Wir setzen uns daher dafür ein, dass Sulfurylfluorid ab 2026 auf EU-Ebene verboten wird.
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