Mit einer Aktion in Berlin hat ein breites Bündnis aus Umweltorganisationen und sozialen Bewegungen heute den Ausstieg Deutschlands und der EU aus dem Energiecharta-Vertrag (ECT) gefordert: Um 11 Uhr haben die Aktivist*innen einen neun Meter großen, aufblasbaren Dinosaurier vor dem Bundeskanzleramt aufgebaut, der den „prähistorischen“ Charakter des Handelsabkommens symbolisiert. Die Aktion fand im Rahmen einer europaweiten Tournee durch acht europäische Länder statt. Am 25. April war der „ECT-Dino“ in Lissabon gestartet. Weitere Stationen sind Madrid, Barcelona, Wien, Prag, Brüssel und Luxemburg.

Laut Aktivist*innen sollte der ECT — ebenso wie Dinosaurier — der Vergangenheit angehören. Er schützt Investitionen in fossile Brennstoffe und blockiert Maßnahmen gegen den Klimawandel. Seit April 2020 wird in Brüssel die Modernisierung des ECT verhandelt. Am 24. Juni ziehen die Vertragsstaaten Bilanz über die Reformbemühungen. Da die Verhandlungsziele von Bundesregierung und EU nicht erreicht werden, fordern die Organisationen, dass Deutschland und weitere EU-Mitgliedsstaaten jetzt den Ausstieg aus dem ECT beschließen.

„Der Energiecharta-Vertrag ist ein fossiler Dino aus einer Zeit, als Investitionen in Kohle, Öl und Gas geschützt werden sollten. Jetzt verzögert und verteuert er die Energiewende. Das können wir uns nicht weiter leisten. Wenn die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele umsetzen will, muss sie aus dem ECT austreten, sagt Fabian Flues von PowerShift.

„Völlig aus der Zeit gefallen ist das Vorgehen des ECT-Sekretariats, das Ländern des globalen Südens weiterhin einen ECT-Beitritt schmackhaft machen will. Der Vertrag ist kein Rahmen, um Fragen einer nachhaltigen, selbstbestimmten Energieversorgung zu behandeln. Vielmehr setzt der ECT die Beitrittskandidaten wissentlich der Gefahr von kostspieligen Investorenklagen aus“, sagt Hanni Gramann von Attac.

„Bereits vor dem Start der Verhandlungen über eine Reform des ECT stand fest: Mehr als Kosmetik ist nicht drin. Dass die EU mit allen drei Reformzielen scheiterte ist dramatisch, zeigt aber: Die EU muss das Anti-Klimaabkommen jetzt kündigen!“, sagt Ludwig Essig vom Umweltinstitut.

In einer Petition haben europaweit zudem mehr als eine Million Menschen den Austritt aus dem ECT gefordert. Das Bündnis wird die Unterschriften um 17.30 Uhr an Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, übergeben.

Hintergrund

Der ECT ist ein internationales Handels- und Investitionsabkommen, das 1998 in Kraft trat und inzwischen über 50 Mitgliedsstaaten in Europa und Asien hat. Ziel des ECT war es, die Öl- und Gasvorkommen des ehemaligen Ostblocks für die Investitionen westeuropäischer Unternehmen zu öffnen. Heute können fossile Unternehmen unter dem ECT Regierungen für praktisch jede Handlung verklagen, die ihre Gewinnmargen beeinträchtigen könnte – einschließlich Maßnahmen zum Klimaschutz. So verklagten RWE und Uniper im vergangenen Jahr die niederländische Regierung wegen deren Kohleausstieg bis 2030 auf Entschädigung in Milliardenhöhe.

Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl von Klagen im Rahmen des ECT in den nächsten Jahren steigen wird, wenn Staaten immer mehr Maßnahmen ergreifen, um ihre Klimaverpflichtungen zu erfüllen. Erst kürzlich hat der Weltklimarat (IPCC) in einem Report davor gewarnt, dass der ECT den Kampf gegen die Klimakrise erschweren wird.

Die derzeit laufenden Verhandlungen zur Modernisierung des ECT werden die von der EU und Bundesregierung gesetzten Ziele nicht erreichen, warnen die Aktivist*innen. So sollen fossile Investitionen mindestens zehn weitere Jahre unter dem Schutz des ECT stehen – eine schwerwiegende Hürde im Kampf gegen den Klimawandel. Auch sollen die kontroversen Schiedsgerichte unreformiert im Vertrag bleiben. Die Organisationen fordern — ebenso wie Abgeordnete zahlreicher Parteien im EU-Parlament — die EU-Kommission deshalb zu einem koordinierten Austritt auf.

Veranstalter:

Attac Deutschland, Extinction Rebellion, Forum Umwelt & Entwicklung, NaturFreunde Deutschlands, Netzwerk Gerechter Welthandel, PowerShift, Umweltinstitut München, Urgewald

Das ist eine gemeinsame Pressemitteilung von PowerShift, Attac und dem Umweltinstitut.

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