Glyphosat: Auflagen in Deutschland drohen zu fallen
Am 14. Juni entscheidet der Bundesrat über die künftigen Auflagen für den Einsatz von Glyphosat in Deutschland. Obwohl ein Verbot des umstrittenen Unkrautvernichters ab 2024 bereits gesetzlich verankert war, drohen nun sogar bestehende Anwendungsbeschränkungen zu fallen. Im Vorfeld der Entscheidung hat der Agrarausschuss der Länderkammer Anträge eingebracht, die das Anwendungsverbot von Glyphosat in Wasserschutzgebieten, Heilquellenschutzgebieten und in für den Naturschutz bedeutsamen Gebieten aufweichen sollen. Das Umweltinstitut München kritisiert diesen Vorstoß als unverantwortlich.
Eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag des Umweltinstituts hat ergeben, dass sich mit 70 Prozent eine deutliche Mehrheit der Befragten für ein Verbot von Glyphosat ausspricht. Die Politik in Deutschland bewegt sich derzeit in die entgegengesetzte Richtung: In mehreren Bundesländern gibt es Bestrebungen, die Anwendungsbeschränkungen noch weiter zu verwässern, bevor darüber am 14. Juni im Bundesrat abgestimmt wird. So wurden im Agrarausschuss bereits Anträge unterstützt, die den Einsatz von Glyphosat in Wasser- und Heilquellenschutzgebieten sowie in für den Naturschutz bedeutsamen Gebieten wieder erlauben. Eingebracht wurden entsprechende Anträge von den Ländern Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
„Weitere Aufweichungen bei der Genehmigung von Glyphosat wären fatal. Glyphosat bedroht nicht nur die Artenvielfalt, sondern birgt auch erhebliche Gesundheitsrisiken für den Menschen“, sagt Christine Vogt, Referentin für Landwirtschaft am Umweltinstitut. „Mit diesem Vorstoß ist das vielfach angekündigte Verbot von Glyphosat in Deutschland in weite Ferne gerückt. Statt die dringend nötige Kehrtwende in der Landwirtschaft mit einem Aus des Unkrautvernichters endlich anzugehen, verharrt die Bundesrepublik bestenfalls im Status quo. Im schlimmsten Fall werden bereits beschlossene Restriktionen sogar wieder aufgehoben – auf Kosten der Natur und unserer Gesundheit.“
Schon im März 2015 stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ ein. Seither sind zahlreiche Studien erschienen, die die krebserregende Wirkung des Unkrautvernichters bestätigen und den Wirkstoff mit anderen schwerwiegenden Erkrankungen in Verbindung bringen.
Hintergrund
Noch in der letzten Legislaturperiode wurde beschlossen, dass Glyphosat ab 2024 in Deutschland überhaupt nicht mehr eingesetzt werden darf. Bis dahin wurden die Anwendungsmöglichkeiten eingeschränkt. Das Verbot und die Beschränkungen waren jedoch nicht gut durchdacht und basierten einseitig darauf, dass Glyphosat in der EU verboten werden würde.
Nachdem die EU-Kommission jedoch Ende letzten Jahres entschieden hatte, Glyphosat für weitere zehn Jahre zuzulassen, musste das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) handeln. Per Eilverordnung hat das BMEL daher die bisher geltenden Anwendungsbeschränkungen des Unkrautvernichters verlängert. Diese Eilverordnung läuft am 30. Juni dieses Jahres aus. Durch den vom BMEL vorgelegten Entwurf über eine Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, der vom Bundeskabinett bereits abgesegnet wurde, sollten die Vorschriften nun per Bundesratsbeschluss rechtsgültig weitergeführt werden.
Die von der Vorgängerregierung der Ampel eingeführten Einschränkungen waren auch dazu gedacht, die Anwendungen des Totalherbizids auf ein Minimum zu reduzieren. Dieses Vorhaben ist bisher jedoch ohne Erfolg geblieben. Das belegen die aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Seit den Einschränkungen sind die Verkaufsmengen kaum gesunken. Im Jahr 2021, als die Einschränkungen noch nicht galten, lagen die Absatzzahlen bei 4.097 Tonnen. Im darauffolgenden Jahr lagen sie – trotz nun geltender Beschränkungen – immer noch bei rund 3.915 Tonnen. Diese nur geringfügige Abnahme zeigt deutlich, dass selbst die bisher geltenden Einschränkungen bei weitem nicht ausreichend sind, um tatsächlich eine Kehrtwende beim Einsatz von Glyphosat herbeizuführen. Sollten die Einschränkungen nun teilweise wieder aufgehoben werden, ist damit zu rechnen, dass auch die Absatzmengen weiter ansteigen.
Weitere Informationen zu Glyphosat finden Sie hier.