Erfolg: Gefährliches Pestizid vor dem Aus!
Flufenacet, ein weit verbreiteter Unkrautvernichter, könnte bald in der EU verboten werden. Eine Neubewertung durch die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat bestätigt, dass das Pestizid und seine Abbauprodukte nicht nur das Grundwasser belasten und die Fruchtbarkeit gefährden, sondern auch den Hormonhaushalt beeinträchtigen. Damit erfüllt Flufenacet die Kriterien für eine Zulassungsverlängerung nicht mehr, und die Behörden stehen unter Druck, das Mittel schnell vom Markt zu nehmen.
Fabian Holzheid · Christine Vogt · Lesezeit: 2,5 Minuten
Stoff mit gefährlichen Eigenschaften
Flufenacet ist ein Unkrautvernichter, der vor allem im Ackerbau eingesetzt wird. Der Stoff wird seit über 20 Jahren in der EU verwendet und von fast allen großen Agrochemie-Konzernen hergestellt, unter anderem von Bayer, Syngenta oder BASF.
Der Wirkstoff, der in der EU noch bis Mitte 2025 regulär zugelassen ist, weist eine ganze Liste an gefährlichen Eigenschaften auf: Unter anderem bildet sich beim Einsatz ein Abbauprodukt namens Trifluoressigsäure (TFA). Dabei handelt es sich um eine so genannte „Ewigkeits-Chemikalie“, die sich nicht natürlich abbaut. Laut Untersuchungen des Umweltbundesamts verseucht sie in Deutschland flächendeckend das Grundwasser. TFA gilt zudem als fruchtbarkeitsschädigend.
+++ UPDATE vom 13.11.2024 +++
Gemeinsam mit 48 Umwelt- und Gesundheitsorganisationen fordern wir in einem offenen Brief von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten ein sofortiges Verbot des umwelt- und gesundheitschädlichen Pestizids Flufenacet. Das Verbot ist längst überfällig und darf sich nicht weiter verzögern.
Neubewertung zeigt: Flufenacet noch schädlicher als gedacht
Nun zeigt eine längst überfällige Neubewertung der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA, dass das Ackergift sich zusätzlich schädlich auf den menschlichen Hormonhaushalt auswirkt. Eine Zulassungsverlängerung für den ohnehin auf der Abschussliste der EU-Kommission stehenden Stoff wird nun quasi unmöglich, da er aufgrund seiner hormonellen Wirkung die Kriterien der EU-Pestizidverordnung nicht mehr erfüllt. Würde das EU-Zulassungsverfahren für Pestizide funktionieren, hätte das Gift vor über 20 Jahren überhaupt nicht auf den Markt kommen dürfen.
Bayer hingegen beharrt stoisch und trotz aller gegenteiligen Bewertungen durch die Behörden darauf, dass der Wirkstoff „sicher für Mensch und Umwelt“ sei, wenn er entsprechend der Anwendungshinweise verwendet werde – angesichts der erdrückenden Beweislast eine skandalöse Verharmlosung.
Erfolg mit jahrelanger Verspätung
Aber steter Tropfen höhlt den Stein: Bereits 2022 hatten wir Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir öffentlich dazu aufgefordert, Flufenacet die weitere Zulassung zu verweigern. Und in diesem Jahr forderten wir die EU-Kommission gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe dazu auf, das Gift europaweit aus dem Verkehr zu ziehen. Aktuell darf Flufenacet in Deutschland noch ausgebracht werden, aber die Behörden sind nun unter Zugzwang – eine Entscheidung wird noch im November erwartet. Wir fordern, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aufgrund der neuen Einstufung sofort handelt und die Zulassung für alle 36 flufenacethaltigen Mittel unverzüglich widerruft!
Weitere Pestizide trotz nachgewiesener Gefahren im Einsatz
Neben Flufenacet besitzen etliche weitere Pestizide eine Zulassung in der EU, obwohl ihre Gefährlichkeit längst wissenschaftlich erwiesen ist. Dies liegt vor allem am Zulassungsprozess: Gesundheitsgefahren wie die hormonelle Wirksamkeit von Flufenacet werden oft viel zu spät oder gar nicht berücksichtigt.
So geschehen auch bei Pendimethalin, einem der am meistverkauften Unkrautvernichter in Deutschland. Der Stoff ist gesundheitsgefährlich und hochgradig flüchtig. Er wurde sogar über 1000 Kilometer weit vom eigentlichen Einsatzort entfernt nachgewiesen. Zudem konnten wir durch eigene Messungen belegen, dass er zu den Stoffen gehört, die in Naturschutzgebiete und Wohnsiedlungen verweht werden. Im Zulassungsprozess wurde die Flüchtigkeit trotzdem als „mittel“ eingestuft – eine grobe Fehleinschätzung! Der Stoff steht ebenfalls auf der Abschussliste der EU, hat aber eine provisorische Verlängerung bekommen, weil die Behörden mit der Bewertung im Verzug sind.
Wir bleiben auch hier am Ball und klagen gegen die Zulassung. Notfalls ziehen wir bis vor den europäischen Gerichtshof, um zu erreichen, dass das Gift vom Markt genommen wird!