Gefährliche Pestizide in der Endlosschleife
Eine Auswertung der Datenlage über Pestizidzulassungen in der EU offenbart einen Skandal: Die allermeisten Ackergifte sind nicht nach aktuellem Stand der Wissenschaft auf ihre Risiken für Mensch und Umwelt geprüft. Durch ein gesetzliches Schlupfloch werden sie immer weiter zugelassen - oft Jahre über ihr Ablaufdatum hinaus.
Pestizide: Endlosschleifen gefährden Mensch und Umwelt
Verbraucher:innen vertrauen dem europäischen Vorsorgeprinzip: Nur Wirkstoffe, die als sicher für Mensch und Umwelt gelten, dürfen eingesetzt werden. Deshalb können Pestizidhersteller ihre Produkte in der EU erst dann vermarkten, wenn ihre Risiken offiziell geprüft wurden. Doch diese vermeintliche Sicherheit ist ein Trugschluss: Immer häufiger landen auch Pestizide auf den Äckern, die keine aktuelle Risikoprüfung aufweisen. Eine wissenschaftliche Analyse im Auftrag des Umweltinstituts zeigt, dass es sich dabei keineswegs um Einzelfälle handelt. Im Gegenteil: Der Skandal hat System.
Abgelaufen – und trotzdem im Einsatz:

Seit 2011 wurden über 1300 technische Verlängerungen ausgesprochen. Dabei zeigt sich eine Tendenz zu immer längeren Verlängerungszeiträumen.

Allein im Jahr 2024 waren rund 70 Prozent der chemisch-synthetischen Pestizid-Wirkstoffe in der EU ohne aktuelle Risikoprüfung zugelassen.

Allein in Deutschland hatten 2023 etwa 88 Prozent der verkauften Pestizidmenge keine aktuelle Risikoprüfung.

Derzeit gibt es in der gesamten EU nur drei chemisch-synthetische Wirkstoffe auf dem Markt, für die es noch nie eine technische Verlängerung gab.
Bewertung verschleppt – Risiko verlängert
Besonders besorgniserregend: Viele der Wirkstoffe, die trotz abgelaufener Zulassung weiter eingesetzt werden, gelten nach aktuellem wissenschaftlichen Stand als hoch gefährlich für Mensch, Tier und Umwelt.
- Chlortoluron, ein Unkrautvernichter im Getreideanbau, wurde über neun Jahre verlängert, obwohl der Stoff als vermutlich krebserregend gilt und die gesunde Entwicklung eines Fötus in der Schwangerschaft schädigen kann. Das Ackergift ist extrem langlebig und wird immer wieder im Grundwasser nachgewiesen.
- Ein weiteres gravierendes Beispiel ist Flufenacet: Das Pestizid verursacht erhebliche Belastungen für Böden und Gewässer, da es als Abbauprodukt die Ewigkeitschemikalie Trifluoracetat (kurz TFA) bildet. Flufenacet kann außerdem die Organe schädigen und ist chronisch giftig für Wasserorganismen. Trotz abgelaufener Genehmigung ist der Einsatz seit elf Jahren weiterhin erlaubt – durch technische Verlängerungen.
- Ein weiteres beunruhigendes Beispiel ist Pendimethalin: Aufgrund seiner Gefährlichkeit und der langen Verweildauer in der Umwelt steht es seit mehr als neun Jahren auf einer offiziellen EU-Liste von Stoffen, die baldmöglichst vom Markt verschwinden sollten (sogenannte „Substitutionskandidaten“). Es ist sehr giftig für Wasserorganismen, kann die Fortpflanzungsfähigkeit von Vögeln beeinträchtigen und bei Insekten das Immunsystem und die Zellstruktur schädigen. In den USA ist Pendimethalin offiziell als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. Zudem gibt es Hinweise auf schädliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Fötus während der Schwangerschaft und das Hormonsystem von Menschen. Außerdem verbreitet sich das Pestizid kilometerweit über die Luft. Trotz der bekannten Risiken hat das Ackergift eine technische Verlängerung von über zwei Jahren erhalten.
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